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  3 (2004), Nr. 3: Inhalt
Eva Ortlieb
Die Datenbank 'Alte Prager Akten' (APA) im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien
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Die Datenbank APA enthält die Neuverzeichnung der so genannten 'Alten Prager Akten', einer kleineren Serie des Archivs des Reichshofrats im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien, die überwiegend Prozessakten aus der Regierungszeit Kaiser Rudolfs II. (1576-1612) versammelt. Die Alten Prager Akten sind, wie alle Prozessaktenserien des Reichshofratsarchivs, alphabetisch nach Klägern geordnet und werden für die Neuverzeichnung Akte für Akte durchgesehen. Dabei wird eine festgelegte Anzahl von Informationen ermittelt und in die einzelnen Felder der Datenbank eingetragen.
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Der Entwurf der Datenbank APA orientiert sich an den 'Frankfurter Grundsätzen' zur Neuverzeichnung der Akten des Reichskammergerichts, passt die dort festgeschriebene Vorgehensweise aber an die Verhältnisse am Reichshofrat an und erweitert die Anzahl der Informationskategorien (vgl. Link Verzeichnungskategorien). In den Feldern '5 Kläger / Antragsteller' und '6 Beklagter / Antragsgegner' werden die wichtigsten aus den Akten hervorgehenden Informationen über die betreffenden Personen bzw. Institutionen notiert. Die Angaben des bestehenden Archivbehelfs, der aus dem 19. Jahrhundert stammt, können dabei meist bedeutend erweitert werden. Das Feld '7 Verfahrensdauer' gibt den Zeitraum an, aus dem sich Akten zu dem jeweiligen Vorgang erhalten haben. Das Kernstück der Neuverzeichnung bildet die Kategorie '10 Verfahrensgegenstand / moderne Bezeichnung', in der nicht nur der Gegenstand festgehalten wird, sondern auch der Verlauf des Verfahrens und die wichtigsten Argumentationen der Beteiligten. '11 Verfahrensform' hilft, in Erweiterung der 'Frankfurter Grundsätze', bei der verfahrensrechtlichen Einordnung eines Vorgangs, '13 Entscheidungen' weist, ebenfalls über die 'Frankfurter Grundsätze' hinausgehend, die Aktivitäten des Reichshofrats - von einfachen Verfügungen wie Fristverlängerungen über Reskripte, Mandate und 'Schreiben um Bericht' bis hin zu Zwischen- und Endurteilen einschließlich der 'Vota ad imperatorem' (vgl. Beitrag von Stefan Ehrenpreis) - nach. In das Feld '14 Darin-Vermerke' werden Hinweise auf interessante Aktenbeilagen (Urkundenabschriften, Zeugenverhöre, Kommissarsberichte, erstinstanzliche Akten, Stammbäume, Karten etc.) eingetragen. '15 Bemerkungen' dient beispielsweise dem Herstellen von Querverbindungen zu anderen Verfahren, im Feld '16 Überlieferung' finden sich Hinweise insbesondere auf den Umfang der jeweils erhaltenen Akten.
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Darüber hinaus gibt die Datenbank APA die Bestellsignatur der verzeichneten Akten an, nennt die - einigermaßen regelmäßig allerdings erst ab dem zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts - beauftragten Reichshofratsagenten, die zeitgenössische Bezeichnung des Verfahrens und - im Fall der im 16. Jahrhundert ebenfalls noch recht seltenen Appellationsprozesse - die betreffenden Vorinstanz(en). Indem sie Serie und Behelf berücksichtigt, ermöglicht die Datenbank APA die für einen späteren Zeitpunkt geplante Zusammenführung von Teildatenbanken zu einzelnen Serien bzw. Verzeichnissen zu einer Gesamtdatenbank. Die Akten werden im Zug der Neuverzeichnung geordnet, foliiert und neu verpackt. Die Angabe der Fundstelle von Entscheidungen und Aktenbeilagen erfolgt über das Folium.
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Die Leistung der Datenbank APA besteht zum einen darin, alle Abfragemöglichkeiten einer Datenbank (MS Access) zur Verfügung zu stellen, so dass nicht nur nach Namen und Jahreszahlen, sondern auch nach Stich- und Schlagwörtern in den verschiedensten Kombinationen gesucht werden kann. Zum anderen bietet die Datenbank - über die Angaben des bestehenden Behelfs hinaus - eine solche Fülle an Informationen zu den bearbeiteten Verfahren, dass sich auch zu Fragestellungen, die sich bisher nicht auf die Angaben des Behelfs beziehen ließen und daher kaum systematisch bearbeitet werden konnten, Material auffinden lässt. Auch ohne spezielles Suchinteresse geben die Einträge einen interessanten und vor dem Hintergrund der bisherigen Forschung nicht selten überraschenden Einblick in die Tätigkeit des Reichshofrats. Dem steht die angesichts des enormen Arbeitsaufwands für eine Neuverzeichnung unvermeidliche Beschränktheit der Datenbank in zeitlicher (Regierungszeit Kaiser Rudolfs II.) und quantitativer Hinsicht (derzeit rund 3.000 Einträge, Klägernamenbuchstabe A-L) entgegen. Darüber hinaus muss stets geprüft werden, ob sich zu einem in der Datenbank aufgefundenen Vorgang weitere Akten in anderen Serien des Reichshofratsarchivs erhalten haben könnten.
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Die Datenbank APA soll in Buchform veröffentlicht werden und ist deshalb derzeit nicht vollständig frei zugänglich, wird aber bei der Beantwortung von Anfragen an das Haus-, Hof- und Staatsarchiv gegebenenfalls herangezogen. Darüber hinaus wird im Haus-, Hof- und Staatsarchiv an der elektronischen Erfassung weiterer Serien der Reichshofratsakten nach dem Muster der Datenbank RHR (vgl. Beitrag von Gert Polster) gearbeitet.
Literatur
Martin Ewald: Inventarisierung von norddeutschen Beständen des Reichskammergerichts, in: Der Archivar 33 (1980), 481-482 ('Frankfurter Grundsätze').
Eva Ortlieb: Die 'Alten Prager Akten' im Rahmen der Neuerschließung der Akten des Reichshofrats im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien, in: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51 (2003) (im Druck).
Wolfgang Sellert: Projekt einer Erschließung der Akten des Reichshofrats, in: ders. (Hg.): Reichshofrat und Reichskammergericht. Ein Konkurrenzverhältnis, Köln / Weimar / Wien 1999 (= Quellen und Forschungen zur Höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich 34),199-210.

Autorin:
Dr. Eva Ortlieb
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Kommission für Rechtsgeschichte Österreichs
Dr. Ignaz-Seipel-Platz 2
A-1010 Wien
eva.ortlieb@oeaw.ac.at

Empfohlene Zitierweise:

Eva Ortlieb: Die Datenbank 'Alte Prager Akten' (APA) im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, in: zeitenblicke 3 (2004), Nr. 3, [13.12.2004], URL: <Bitte fügen Sie hier aus der Adresszeile des Browsers die aktuelle URL ein.>

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