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Die Adelsforschung erfreut sich unter tschechischen Frühneuzeitlern und Frühneuzeitlerinnen seit 1989 einer kontinuierlich wachsenden Beliebtheit, wobei die unter der Ägide von Václav Bůžek stehende "Südböhmische Historikerschule" an der Universität Budweis (České Budějovice) ohne Zweifel eine Hauptrolle spielt. [1] Der chronologische Schwerpunkt dieser Forschungen lag und liegt auf der Zeit vor der als Epochenschwelle aufgefassten Schlacht am Weißen Berg im Jahre 1620. [2] Das gilt beispielsweise ebenso für das schöne Buch der jungen Historikerin Marie Koldinská über das Alltagsleben des böhmischen Adels in der Zeit vor der Schlacht am Weißen Berg [3] wie für die meisten einschlägigen Studien so prominenter Angehöriger der älteren Generation wie Jaroslav Pánek (Prag) [4] oder Josef Válka (Brünn). [5]

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Der Zeit des Dreißigjährigen Krieges sind die beiden wichtigen Monographien des Brünner Historikers Tomáš Knoz (eines Válka-Schülers) über die Herrschaften und Güter Karls des Älteren von Žerotín [6] und über die Güterkonfiskationen nach der Schlacht am Weißen Berg gewidmet. [7] Im Mittelpunkt der zuletzt genannten Studie stehen die Konfiskationen in Mähren, denen (im Unterschied zu jenen in Böhmen, Schlesien und Österreich unter der Enns) bisher keine monographische Untersuchung gewidmet wurde. Die Arbeit bietet aber nicht nur eine Rekonstruktion der Ereignisgeschichte, sondern vor allem eine Kontextualisierung des Konfiskationsprozesses, eine Analyse seiner unterschiedlichen Aspekte und die Beantwortung von Fragen nach der Rolle der Konfiskationen im Prozess der Staatsbildung. Im ersten, vorwiegend deskriptiven Teil geht es, im Anschluss an eine Darstellung der von den aufständischen Ständen 1619 und 1620 durchgeführten Konfiskationen, um eine detaillierte Faktographie und die Periodisierung der Konfiskationen nach der Schlacht am Weißen Berg in der Markgrafschaft Mähren. Das primäre Erkenntnisinteresse des zweiten Teils besteht in der Charakterisierung der Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Zusammenhänge zwischen den Konfiskationen in den einzelnen habsburgischen Ländern (Österreich ob und unter der Enns, Böhmen, Glatz, Schlesien, Troppau und Ungarn) sowie im Heiligen Römischen Reich (in den Jahren nach 1620, nach dem Erlass des Restitutionsedikts und nach der Liquidierung Wallensteins). Der dritte Teil schließlich bietet eine eingehende, auf ausgedehnten Quellenforschungen im In- und Ausland sowie breiter Kenntnis der tschechischen, deutschen, österreichischen, englischen, französischen und polnischen Literatur beruhende Analyse der politischen, rechtlichen, finanziellen, religiösen, militärischen und sozialen Aspekte des Prozesses der Konfiskationen auf dem gesamten Gebiet des zusammengesetzten Staates der Habsburger in Mitteleuropa.

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Die von Ferdinand II. und den kaiserlichen Behörden häufig verwendeten Begriffe "Restitution" (konfiszierter Güter, insbesondere Kirchengüter), "Rehabilitation" (von Hochverrätern) und "Reintroduktion" (des Landes verwiesener Ordensgemeinschaften) sollten die Kontinuitäten gegenüber den – offensichtlichen – Brüchen betonen. Ein wichtiges Argument für starke Kontinuitäten über die Zäsur des Ständeaufstands und der Schlacht am Weißen Berg hinweg ist die Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit der mährischen Aufständischen nicht ins Exil ging und schließlich in den Genuss des am 9. November 1622 erlassenen kaiserlichen Generalpardons kam. Allerdings hatte die kompromisslose Durchführung der Rekatholisierung zur Folge, dass alle nichtkatholischen Adeligen, sofern sie nicht konvertierten, das Land schließlich doch verlassen mussten. Wichtige langfristige Folgen der Konfiskationen in den habsburgischen Ländern sieht Knoz daher – neben der Verkleinerung der Macht der Stände – in der (abgesehen von den Ausnahmen Schlesien und Ungarn) Durchsetzung der Monokonfessionalität sowie in dem Umstand, dass "die Konfiskationen in den habsburgischen Ländern nach der Schlacht am Weißen Berg die adelige Gesellschaft in beträchtlichem Maße aus einer 'Landesgesellschaft' in eine 'mitteleuropäische' Gesellschaft verwandelten" (694).

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Eine vom 'Mainstream' deutlich abweichende Sonderstellung in der gegenwärtigen tschechischen Adelsforschung besitzt Jiří Juroks Studie über den böhmischen und mährischen Adel im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit. [8] Konzeption, Methodologie, Interpretationsrahmen und Teile der Terminologie des Buches stammen deutlich aus der Zeit vor 1989. Juroks Syntheseversuch "über den ursprünglichen historischen tschechischen [böhmischen?] Adel" ("o původní historické české šlechtě") (8) vom Hochmittelalter bis ins 17. Jahrhundert knüpft an die 1977 approbierte Diplomarbeit des Autors an. Bei den meisten Kapiteln handelt es sich um (überarbeitete) Aufsätze, die zwischen 1983 und 2000 in Zeitschriften und Sammelbänden erschienen sind. Das Hauptverdienst des Buches besteht wohl in der aufwendigen, auf eigenen Berechnungen beruhenden Rekonstruktion und kartographischen Visualisierung der (stark differierenden) regionalen Entwicklung der Sozial- und Besitzstruktur des böhmischen und mährischen ständischen Adels zwischen 1557 und 1620 (Böhmen) beziehungsweise zwischen 1516 und 1619 (Mähren) auf der Grundlage einer Auswertung der Steuerregister nach den einzelnen Kreisen. Inwieweit die präsentierten und kommentierten Zahlen und Berechnungen sowie die daraus gezogenen Schlüsse problematisch sind, ist für den Autor des vorliegenden Beitrags schwer zu beurteilen. Originell und anregend ist Juroks quantifizierende Untersuchung der Bautätigkeit des böhmischen und mährischen Adels im 16. und frühen 17. Jahrhundert. Die Heranziehung nur jener kunsthistorisch "bedeutendsten" Schloss- und Kirchenbauten, die in den vom Autor ausgewerteten kunstgeschichtlichen Handbüchern behandelt werden (unter Einschluss des bis 1918 niederösterreichischen Feldsberg [Valtice]), kann aber sicherlich nur eine erste Annäherung ermöglichen. Jurok betont unter anderem, dass, wie es scheint, in Böhmen in den ersten beiden Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts "die größten Magnaten" kaum Schlösser bauten, während es in Mähren damals – ähnlich wie im benachbarten Niederösterreich – gerade "die größten Magnaten" waren, die "alle künstlerisch sehr bemerkenswerten Bauten" errichteten (282).

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Juroks interpretatorische Rahmenkonzeption ist ziemlich grobschlächtig. Sätze wie die folgenden hören sich an wie eingefrorene Posthorntöne aus den 1970er und 1980er Jahren und lassen den Leser verwundert zurück, zumal Jurok die Prämissen seiner Arbeit und die verwendete Terminologie an keiner Stelle expliziert, diskutiert oder begründet, sondern sie sozusagen als selbstverständlich (und als selbstverständlich richtig und adäquat) voraussetzt: "Leider wurde der tschechische Adel wahrscheinlich gerade deswegen, weil er mit den protobourgeoisen Zielen des Aufstands [in den Jahren 1618 bis 1620; Th.W.] – Gewissensfreiheit und religiöse Toleranz, konstitutionelle Monarchie mit einer Verfassung, gleichberechtigtes Konföderationsprinzip des Staates und Lösung strittiger Angelegenheiten auf Generallandtagen (gleichsam Parlamenten) – über seinen eigenen Schatten sprang, beinahe ausgerottet [tvrdě postihnuta téměř extirpací], und das tschechische Volk verlor dadurch seinen bisherigen Kopf. Der vom Hussitismus und vom großen Aufstand der Jahre 1618 bis 1620 getragene tschechische Revolutionszyklus fand ein vorzeitiges Ende, und das tschechische Volk bezahlte dafür mit seinem derzeitigen [!] geringen nationalen Selbstbewusstsein [...]." (8)

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Der eigentliche Anlass des vorliegenden Beitrags ist das Erscheinen eines höchst bemerkenswerten Buches des jungen tschechischen Historikers Petr Mat'a. [9] Dass gerade er es unternommen hat, eine moderne Synthese der Geschichte des Hochadels des Königreichs Böhmen (im engeren Sinn – Mähren und Schlesien werden nur am Rande berücksichtigt) im 16. und 17. Jahrhundert zu schreiben, ist ein Glücksfall: Mat'a ist nicht nur ein exzellenter Kenner der tschechischen Adelsforschung, einer ganzen Reihe von böhmischen Adelsarchiven (er hat Dutzende Archive und eine Reihe von Handschriftensammlungen in der Tschechischen Republik, Österreich, Italien und Polen benützt) sowie der Tagebücher und anderen Selbstzeugnisse böhmischer Adeliger, [10] sondern er verfügt auch über eine eingehende Kenntnis der deutschen, polnischen, österreichischen und westeuropäischen Adelsstudien der letzten Jahrzehnte sowie über einen scharfen Blick für fruchtbare Fragestellungen und eine zupackende, vor Kritik an Autoritäten nicht zurückschreckende, den Leser von der ersten Seite an fesselnde Schreibweise. Es geht ihm einerseits um die Zerstörung einiger vertrauter Mythen und Klischees der tschechischen Forschung und andererseits um deren Ersetzung durch ein neues, differenziertes Gesamtbild, in dem die traditionelle Epochenschwelle der 1620er Jahre (Schlacht am Weißen Berg 1620, "Verneuerte Landesordnung" 1627) nicht eliminiert, aber relativiert wird und in dem Elemente der Kontinuität und der Diskontinuität angemessene Berücksichtigung finden. Sowohl der Typ des "rechtschaffenen" alttschechischen Herrn (vor 1620) als auch jener des "fremden" und "entnationalisierten" Ausbeuters (nach 1620) seien "nicht mehr als schematische Klischees, die sehr wenig zur Klärung des Wesens der komplexen Wandlung der böhmischen Aristokratie zwischen 1500 und 1700 beitragen können" (30).

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Die folgende ausführliche Inhaltsangabe verfolgt eine doppelte Absicht: Der Inhalt und die Ergebnisse von Petr Mat'as umfangreicher Monographie sollen damit den der tschechischen Sprache nicht mächtigen Adelsforscher/inne/n zumindest in den Grundzügen zugänglich gemacht werden, und gleichzeitig soll Appetit auf das ganze Werk gemacht und eine Übersetzung des Buches – sei es ins Deutsche oder ins Englische – propagiert werden.

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In der Einleitung umreißt der Autor sein Vorhaben folgendermaßen (11): "Diese Arbeit verfolgt das Ziel, die soziale Bewegung – ihre Äußerungen und Mechanismen – in den obersten Schichten der böhmischen adeligen Gesellschaft in der langfristigen Perspektive der zwei Jahrhunderte der Frühen Neuzeit zu untersuchen. Sie geht dabei von der Voraussetzung aus, dass sich die sozialen Veränderungen keinesfalls auf die Bewegung der Besitzparameter reduzieren lassen, sondern dass sie von einer breiten Palette des sozialen Handelns der Akteure abhängig sind, das zwar auch einen materiellen Aspekt hat, dessen Bedeutung keinesfalls unterzubewerten ist, aber auch grundlegende immaterielle Dimensionen. Nicht zuletzt umfasst es auch einen weiten Bereich des Handelns, das symbolischen Charakter hatte (wir erinnern nur an die ausgedehnte Sphäre der Repräsentation, von der wir in dieser Arbeit des öfteren sprechen werden)." Dem großen Umfang zum Trotz (nach Abzug der Abbildungen knapp 600 Textseiten und rund 230 Seiten Anmerkungen) ist es Mat'a gelungen, sein im Vorwort formuliertes Vorhaben zu verwirklichen, "das zentrale Thema nicht aus den Augen zu verlieren, nämlich die Analyse der sozialen Strategien des böhmischen Hochadels (der böhmischen Aristokratie) und der Faktoren, die an der Konstituierung und der Reproduktion der böhmischen aristokratischen Gesellschaft beteiligt waren" (7).

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Im Rahmen einer Auseinandersetzung mit der Terminologie (Aristokratie, Hochadel, Herrenstand etc.) betont der Autor die am "obersten Stockwerk" des Adels des Königreichs Böhmen in der Frühen Neuzeit zu beobachtende Ambivalenz von sozialer Durchlässigkeit, sozialem Aufstieg, Statusverlust etc. einerseits, sozialer Stabilität, Exklusivität und Determinierung andererseits (16 f.). Bei der Suche nach einem roten Faden geht er in pragmatischer und undogmatischer Weise von den bekannten Thesen Pierre Bourdieus über die Akkumulation von ökonomischem, sozialem, kulturellem und symbolischem Kapital sowie von der partiellen Austauschbarkeit verschiedener Kapitalformen aus. Bereits in der Einleitung wird auf die Bedeutung der "Ehre" – das heißt des Urteils der Standesgenossen und der "adeligen Öffentlichkeit" – für die "Selektion der aristokratischen Elite" und für Strategien und Handlungen ihrer Mitglieder aufmerksam gemacht. "Im Konkurrenzmilieu der adeligen Gesellschaft war der Adelige in gewisser Hinsicht das, wofür er gehalten wurde; sein sozialer Erfolg hing großteils von seiner Fähigkeit ab, sich auf dem symbolischen Feld durchzusetzen und seine Ehre / Reputation konsequent zu verteidigen." (29)

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Abgesehen von der Einleitung und dem Schlusskapitel nähert sich Mat'a seinem Thema in vier Hauptabschnitten, die jeweils einer der vier Kapitalformen gewidmet sind, die das Leben der böhmischen Aristokratie im 16. und 17. Jahrhundert prägten: dem "Titularkapital", dem ökonomischen Kapital, dem "Karrierekapital" und dem "Beziehungskapital".

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Im ersten Hauptabschnitt ("Vornehme Herkunft und adelige Hierarchie") geht Mat'a von der These aus, dass es bei den zahlreichen erbitterten Präzedenzkonflikten zwischen Adeligen in der Frühen Neuzeit um die Behauptung von Positionen in hierarchischen Systemen oder, anders formuliert, um die Bewahrung und Akkumulation von "Titularkapital" ("titulární kapitál") gegangen sei. Am wichtigsten für die Stellung der böhmischen Aristokraten im zeitgenössischen sozialen Koordinatensystem seien die am Hof des Landesfürsten geltende Hierarchie ("höfische Hierarchie") und die Hierarchie der böhmischen Ständegemeinde ("Landeshierarchie") gewesen.

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Zunächst wendet sich Mat'a dem um 1500 fixierten hierarchischen System der böhmischen Ständegemeinde in der Zeit vor der Schlacht am Weißen Berg sowie den Kriterien der "vornehmen Herkunft" ("urozenost") und der "Altertümlichkeit" ("starožitnost"), dem (hierarchischen) System der Landesämter, den persönlichen Privilegien und dem Lebensalter als Elementen der Zugehörigkeit, Distinktion und Hierarchisierung der Angehörigen des böhmischen Herrenstandes zu. Seit etwa 1500 existierte in diesem die folgende Hierarchie: 1. der Chef ("Regierer") des Hauses Rosenberg; 2. die sieben (später acht) Obersten Landesbeamten aus dem Herrenstand; 3. jene sieben Herren aus dem Kreis der Beisitzer des Böhmischen Landrechts, die kein Oberstes Landesamt innehatten; 4. die Beisitzer des Böhmischen Hoflehengerichts und des Kammergerichts; 5. die anderen Angehörigen der 47 (im Jahr 1500, gleichzeitig mit der Abschließung des Herrenstandes gegenüber dem niederen Adel, festgelegten) "alten Herrengeschlechter" (später erwarben auch andere Geschlechter diesen Vorrang); 6. die Angehörigen "junger Herrengeschlechter". "In dieser hierarchischen Ordnung versammelte sich der Herrenstand vom Beginn des 16. Jahrhunderts bis zur Schlacht am Weißen Berg bei öffentlichen und offenbar auch bei privaten Zusammenkünften, und diese hierarchische Ordnung bildete den Rahmen, in dem Präzedenzkonflikte ausbrachen und geschlichtet wurden – das wichtigste Feld, auf dem um das Titularkapital gekämpft wurde." (54) Während des gesamten 16. Jahrhunderts weigerte sich der böhmische Adel, fremde Titulaturen – insbesondere jene des Herzogtums Schlesien und des Heiligen Römischen Reichs (Herzog, Fürst, Graf, Herr, Freiherr, Ritter) – als für den böhmischen Adel relevantes Distinktionskriterium anzuerkennen. Mat'a demonstriert dies am Beispiel des bekannten Konflikts zwischen Wilhelm von Rosenberg (1535–1592) und dem 1548 von Karl V. in den Reichsfürstenstand erhobenen Burggrafen Heinrich IV. von Plauen (1510–1554) und dessen beiden Söhnen sowie an der Frage des Vorrangs der schlesischen Fürsten vor den böhmischen Herren. "Die schlesischen Fürsten waren zwar legitime Einwohner des böhmischen Staates, aber die Beziehung zwischen ihrer Hierarchie und der Hierarchie des böhmischen Herrenstandes wurde nicht gelöst und blieb langfristig ein Streitpunkt und ein komplizierender Faktor bei der Formierung einer evangelischen antihabsburgischen Einheitsfront." (62)

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Die Zeit nach 1620 war unter anderem durch das Ende der Selbstergänzung des böhmischen Herren- und Ritterstandes sowie durch eine vom Kaiserhof ausgehende, sich durch das ganze 17. Jahrhundert weiter vertiefende "Titelinflation" geprägt. "Ein Bewerber um die Mitgliedschaft im [böhmischen] Herrenstand konnte sich mit einem [landesfürstlichen] Privileg mit einem Schlag in einen Herrn verwandeln, ja sogar in einen 'alten' Herrn, denn die Trennungslinie zwischen alten und neuen Herrengeschlechtern wurde aufrechterhalten, wenngleich sie ihren ursprünglichen Sinn verlor." (67) Die Standeserhöhungswelle nach 1620 war in erster Linie eine Begleiterscheinung der Konfiskationen nach der Schlacht am Weißen Berg und ein Element eines Prozesses der völligen Restrukturierung der Eliten in sämtlichen Ländern Kaiser Ferdinands II., in dessen Verlauf es in allen böhmischen und österreichischen Ländern zur allgemeinen Durchsetzung eines einheitlichen oder zumindest kompatiblen Titulaturmodells auf der Grundlage des Modells der Reichstitulatur kam. Die Verleihung höherer Titel (Herzog, Fürst, Graf) führte jedoch nicht zur Formierung neuer Stände: Selbst die "Neuen (Reichs-)Fürsten" blieben in Böhmen Mitglieder des Herrenstandes. Sie bildeten jedoch seit dem zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts in allen habsburgischen Ländern eine sozial exklusive Führungsschicht. "Die 'Titelinflation' nach der Schlacht am Weißen Berg veränderte die Stratifikation der böhmischen Aristokratie bis zur Unkenntlichkeit." (76)

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Um die Mitte des 17. Jahrhunderts sah die Hierarchie des böhmischen Herrenstandes nach den komplizierten und teilweise zweideutigen Bestimmungen der "Verneuerten Landesordnung" folgendermaßen aus (81 f.): 1. die Herzöge (nach dem Lebensalter gereiht); 2. die Fürsten (ebenfalls in der Reihenfolge ihres Alters); 3. die 1625 mit besonderem Vorrang begabten vier Aristokraten (Trauttmansdorff, Waldstein / Wallenstein und Martinitz nur auf Lebenszeit, Slavata erblich in Primogeniturerbfolge); 4. die kaiserlichen Geheimen Räte und die Obersten Hofwürdenträger (offenbar in der bei Hof üblichen Reihenfolge); 5. die Obersten Landesbeamten des Königreichs Böhmen gemäß der vorweißenbergischen Hierarchie (sofern sie nicht einer der vier erstgenannten Gruppen angehörten); 6. die Vertreter der Trauttmansdorffischen, Waldsteinischen und Martinitzschen Primogenitur; 7. fünf weitere Aristokraten, die ähnliche Privilegien erst nach der "Verneuerten Landesordnung" erhalten hatten; 8. die Unterscheidung zwischen alten und neuen Herrengeschlechtern war nur noch beim Böhmischen Landrecht, beim Kammer- und beim Hoflehengericht relevant, nicht jedoch beim Prager Appellationsgericht. Die Beisitzer der Gerichte waren untereinander nach dem Datum ihrer Ernennung gereiht, und auch die gewöhnlichen Landtagsteilnehmer nahmen ihren Platz in der Hierarchie entsprechend dem Datum ihrer Einführung in den Landtag ein. "Neben dieser 'formalen' Hierarchie setzte sich darüber hinaus eine modifizierte und nicht weniger komplizierte 'praktische' Variante durch, die bei Verhandlungen und Abstimmungen im Landtag Anwendung fand: Die erste Stimme sollten nämlich die Obersten Landesbeamten haben, obwohl ihnen in der 'formalen' Hierarchie nur eine zweitrangige Stellung zukam." (82) In der Praxis beteiligten sich allerdings die Herzöge und Fürsten weder an den Landtagen noch an der Landesverwaltung, und seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts waren fast alle Mitglieder der böhmischen Landesregierung Träger des Geheimratstitels. In wachsendem Umfang kam es zu Konflikten zwischen der "Landeshierarchie" und dem (viel komplizierteren) "höfischen hierarchischen System", und der Herrscher wurde zur einzigen Instanz, die bei Präzedenzkonflikten zu entscheiden hatte.

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Das letzte Kapitel des ersten Hauptabschnitts befasst sich ausführlich mit der ständischen Repräsentation und der Memoria der Familie beziehungsweise des Geschlechts sowie mit unterschiedlichen Distinktionszeichen und -symbolen: Wappen und Wappensagen, Familienmythologien, Gründungssagen, Stammbäume und genealogische Konstruktionen, (angebliche) "Restituierung" oder "Erneuerung" von Titeln etc. Besonders originell ist die Berücksichtigung von Prodigien und Todesvorzeichen ("praesagia mortis") sowie von Erscheinungen von Familiengeistern ("Weiße Frauen" etc.). Mat'a konstatiert eine "Instrumentalisierung der Geschichte [des Adelsgeschlechts] in den Kämpfen um symbolisches Kapital" (94).

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Der zweite Hauptabschnitt ("Besitz") ist dem ökonomischen Kapital der böhmischen Aristokratie gewidmet. Den Ausgangspunkt bildet eine Skizze der beiden großen Phasen einer tiefgreifenden Umgruppierung des adeligen Grundbesitzes in Böhmen, deren erste von der hussitischen Revolution und deren zweite von den insgesamt vier Konfiskationswellen nach dem Prager Fenstersturz und nach der Schlacht am Weißen Berg (1618–1635) ausgelöst wurde; beide trugen wesentlich zu einer starken Konzentration des Grund- und Herrschaftsbesitzes bei. Die Stabilität des Grundbesitzes der böhmischen Herrenstandsgeschlechter wurde auch durch das sich besonders in der Regierungszeit Kaiser Leopolds I. rasch verbreitende Institut des Fideikommisses verstärkt.

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Unter der Überschrift "Von den böhmischen Pharaonen zur 'föderalen Aristokratie'" verfolgt Mat'a die allmähliche Erweiterung des Besitzhorizonts der böhmischen Aristokratie seit dem 15. Jahrhundert. "Diese Wandlung reflektierte vor allem die Integrationstendenzen in der Habsburgermonarchie, sie hatte aber auch eine Vorgeschichte." (137) Die erste Phase dieser Entwicklung endete mit der Entstehung der Habsburgermonarchie, die zweite Etappe dauerte von 1526 bis 1620 und die dritte Phase begann mit den Konfiskationen nach der Schlacht am Weißen Berg. "Im Jahr 1486 beschlossen die böhmischen Stände auf dem Landtag, dass kein Ausländer, der in Böhmen eine Herrschaft kaufen möchte, Güter außerhalb der böhmischen Länder besitzen dürfe; falls er welche besitze, müsse er sie verkaufen. Diese strenge Rechtsnorm wurde dann im Jahr 1500 in die Vladislavsche Landesordnung aufgenommen [...]." (140) Nach 1526 intensivierte sich der Austausch von Adelsgütern im Rahmen der böhmischen Länder, "andererseits begannen sich in Böhmen da und dort adelige Eigentümer zu zeigen, die besitzmäßig und verwandtschaftlich in Gegenden verankert waren, die bisher zum Königreich Böhmen keine engen Beziehungen unterhalten hatten. Es handelte sich besonders um Adelige aus den österreichischen Ländern, zum Teil aber auch aus anderen unter der Regierung der Habsburger stehenden Regionen. Die neue Situation wurde bald auch von der juristischen Norm beeinflusst, denn in der 1564 herausgegebenen Redaktion der Landesordnung wurden die Worte gestrichen, die gefordert hatten, dass jeder, der sich um die Erlangung des böhmischen Inkolats bewarb, seinen gesamten Besitz außerhalb der Böhmischen Krone aufgeben müsse." (142) Die Wege, auf denen diese aus Österreich ob und unter der Enns, der Steiermark, Kärnten, Tirol und Oberitalien stammenden Personen zu böhmischen Herrschaften kamen, unterschieden sich, "aber grundsätzlich überwogen zwei Beweggründe, die gerade durch die Entstehung der Habsburgermonarchie ins Leben traten: Verwandtschaft mit dem böhmischen Adel und Zugehörigkeit zu einem der habsburgischen Höfe" (143). Mat'a führt eine Reihe interessanter Beispiele an, aus denen er den Schluss zieht: "Es handelte sich im wesentlichen um einen einseitigen Zustrom von außen und nicht um einen beiderseitigen Austausch zwischen den böhmischen und den österreichischen Ländern." (147)

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Zwischen 1620 und 1635 wechselte mehr als die Hälfte des Adelsbesitzes in Böhmen und Mähren infolge von Konfiskationen den Besitzer. "Der Zustrom des Adels aus den österreichischen und aus anderen Ländern in das Königreich Böhmen endete weder nach dem Abklingen der letzten Konfiskationswelle noch nach der Beendigung des Dreißigjährigen Krieges. Kauf und Verkauf von Grundbesitz ohne Rücksicht auf Landesgrenzen wurden zu einer geläufigen Angelegenheit. Sie wurden auch durch den raschen Zerfall des einstmals geschlossenen Heiratsfeldes des böhmischen Adels unterstützt: Sobald die böhmische Aristokratie aufhörte, nur untereinander zu heiraten, öffnete sich ein breiter Weg zu Erbschaften und zu Besitzausgleichen (und auch zu Streitigkeiten) quer über die ganze Monarchie. [...] die Grenze zwischen den böhmischen und den österreichischen Ländern hörte auf, eine Schranke der Besitzexpansion zu sein. Der gemeinsame Markt an Adelsgütern, der einst nur zwischen Böhmen und Mähren bestanden hatte, weitete sich nun auf den Großteil der Monarchie aus. Davon profitierte wieder vor allem der Adel aus den österreichischen Ländern, besonders jener, der ein festes Hinterland am Hof und Zugang zu Finanzmitteln besaß." (152)

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Nachdem er gezeigt hat, dass Titel und Besitzpotential langfristig die Tendenz besaßen, sich einander anzugleichen (sehr reiche Ritter und völlig verarmte Herren waren seltene Ausnahmen), wendet sich Mat'a dem Zusammenhang zwischen Besitz und öffentlicher Tätigkeit der böhmischen Aristokratie zu. Er führt aus, dass "Darlehen an die kaiserliche Kammer in der Frühen Neuzeit einer der Wege zu einer hohen Stellung" waren und "großen Einfluss auf den Verlauf der Karrieren der einzelnen Aristokraten" hatten und bringt eine Reihe von "Beispielen des Tausches von ökonomischem Kapital in Amtskapital" (177–182). "Den größten Umfang erreichten derartige Praktiken unter der Regierung Leopolds I. und seiner Söhne, insbesondere in der Zeit der Kriege mit dem Osmanischen Reich und dem französischen König (1683–1714)." (178) In den 1690er Jahren gibt es deutliche Anzeichen für eine Formalisierung des Ämterhandels (mit Expektanzen, regelrechten Preislisten für die einzelnen Ämter etc.). "Das ganze Phänomen bedarf", wie der Autor betont, "noch weiteren Detailstudiums" (183).

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Zwei weitere Kapitel sind der Entwicklung und Struktur der "aristokratischen Einnahmen" und der "aristokratischen Ausgaben" gewidmet. Der gesamteuropäische Trend der "Umwandlung des feudalen Ritters in einen kapitalistischen Unternehmer" (184) machte auch vor der böhmischen Aristokratie nicht Halt. "[...] der aktive Aufbau und die Weiterentwicklung der obrigkeitlichen Ökonomie wurden im 16. und 17. Jahrhundert zu einem Imperativ, dessen Nichtbefolgung die Chancen der einzelnen Aristokraten auf Erhaltung oder gar Verbesserung des eigenen Status verringerte." (193) Die Einnahmen aristokratischer Amtsträger aus dem entstehenden Staatsapparat waren nicht zuletzt von chronischen Zahlungsrückständen geprägt: "Die Untertanen, Diener, Beamten und Höflinge des Monarchen waren zugleich seine Gläubiger." (207) Mat'a gibt vorsichtige, aber plausible Antworten auf zwei schwierige Fragen: "Was veranlasste den Adel dazu, dem Herrscher Darlehen zu gewähren, und auf welche Weise erhielt er seine Mittel zurück?" (209) Einerseits habe es sich dabei um "Tausch von Geldinvestitionen gegen symbolisches Kapital mittels des Staatsapparates" gehandelt, andererseits habe eine Karriere in dem sich formierenden Staatsapparat der Habsburgermonarchie auch "finanziellen Gegengewinn" ermöglicht (216). "Die Fälle von [Christoph von] Gendorf [ca. 1497–1563], [Florian] Griespeck [von Griespach, 1510–1588], [Georg Ludwig von] Sinzendorf [1616–1681] und [Franz Karl] Přehořovský [von Kvasejowitz, 1645–1723] zeigen, dass die Verwaltung der kaiserlichen Finanzen einen direkten Weg zu Reichtum eröffnete." (221)

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Besonders ausführlich behandelt Mat'a den "aristokratischen 'demonstrativen Konsum'", nämlich die Ausgaben der böhmischen Aristokraten für Hof und Dienerschaft (inklusive Musiker, Schauspieler und Garde; der Autor plädiert übrigens für einen zurückhaltenden Umgang mit dem Begriff "Hof" im Zusammenhang mit der aristokratischen Dienerschaft (239)), für Bauten, Feste, Bildung, Mäzenatentum sowie Luxusgüter und Kunstgegenstände, worauf hier nicht näher eingegangen werden kann. Den Ausgangspunkt bilden die Überlegungen, dass die (kostspielige) aristokratische Repräsentation auch als "Tausch von Finanzmitteln gegen symbolisches Kapital" aufgefasst werden könne und dass "die anerkannte soziale Stellung eines einzelnen und einer Familie nicht nur vom ökonomischen Potential abhängig war, sondern auch von dessen laufender Sichtbarmachung mittels eines Systems von Symbolen. Die Repräsentation war also nicht nur illustrierend, sondern auch formativ." (228) Für die Aristokraten der Frühen Neuzeit lag "der Sinn des Reichtums in seiner Verausgabung" (230), wobei die Ansprüche an eine standesgemäße aristokratische Repräsentation im Lauf des 16. und 17. Jahrhunderts wuchsen.

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Der dritte (und längste) Hauptabschnitt ("Die aristokratische Karriere") handelt vom "Karrierekapital", konkret: von der Erziehung und von den Ämterlaufbahnen der böhmischen Aristokraten. Mat'a konstatiert einleitend die große Anpassungsfähigkeit des europäischen Adels im allgemeinen und des böhmischen Adels im besonderen vom Frühmittelalter bis ins 19. Jahrhundert. "Die böhmische Aristokratie – gewandelt, restrukturiert und loyal – erlangte in der Zeit nach der Schlacht am Weißen Berg eine feste Stellung im politischen System der Habsburgermonarchie und in deren Gesellschaft." (285) Der Konkurrenzkampf um die Ämter habe sich vor allem innerhalb der aristokratischen beziehungsweise adeligen Gesellschaft abgespielt, nicht zwischen Adeligen und Nichtadeligen. "Je fester die böhmische Aristokratie in den Verwaltungsapparat der Monarchie eingebunden wurde, desto mehr Einflusssphären eröffneten sich ihr, und je schneller in der Habsburgermonarchie Ämter und Würden zunahmen, desto heftiger entbrannte der Kampf um deren Besetzung. Am Ende des 17. Jahrhunderts überstieg die Nachfrage nach Ämtern aller Art das Angebot bei weitem." (287)

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"Die Aufnahme des Ausdrucks 'Dienst' ['služba'] unter die positiv besetzten Kategorien des Wortschatzes der böhmischen Aristokratie hängt vor allem mit dem Wandlungsprozess des Machtverhältnisses zwischen den Ständen und dem Herrscher nach der Besteigung des böhmischen Throns durch die Habsburger zusammen." (289) Im 17. Jahrhundert wurde mit dem Ausdruck "Dienst", der im Laufe der Frühen Neuzeit zu "einem der Mittelpunkte der adeligen Selbstrepräsentation" (291) wurde, bereits "die gesamte öffentliche Tätigkeit eines Aristokraten bezeichnet: in der Landesverwaltung, am Hof, in der Armee und schließlich auch in der Kirche" (290). Im 16. und 17. Jahrhundert bildeten sich im Königreich Böhmen beziehungsweise in der Habsburgermonarchie fünf (idealtypische) "Modelle aristokratischer Karriere" heraus, denen sich Mat'a, nach einem Kapitel über die aristokratische Erziehung, im einzelnen zuwendet, und zwar: 1. Karriere in den Landesämtern, 2. Hofkarriere, 3. militärische Karriere, 4. diplomatische Tätigkeit, 5. kirchliche Karriere. Das Erziehungskapitel schließt mit einem Exkurs zu zwei Beispielen aristokratischer Erziehung in Böhmen in der Zeit vor der Schlacht am Weißen Berg, in dem die tiefen Unterschiede zwischen der Erziehung der böhmischen katholischen und nichtkatholischen Aristokraten veranschaulicht werden und gleichzeitig demonstriert wird, "wie stark die aristokratische Erziehung in den Jahrzehnten vor dem Ständeaufstand zur konfessionellen Polarisierung der böhmischen Gesellschaft beigetragen hat" (323).

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Zunächst wendet sich der Autor der Karriere in den Landesämtern zu. Dieses Karrieremodell habe in der Jagiellonenzeit und während eines Großteils des 16. Jahrhunderts praktisch ein "Modell ohne Alternativen" dargestellt. Zwischen 1526 und 1618 entstammten die Inhaber der acht dem Herrenstand vorbehaltenen Obersten Landesämter des Königreichs Böhmen 24 Geschlechtern, von denen 22 zu jenen 47 Geschlechtern gehörten, die seit 1500 den "alten Herrenstand" bildeten. "Eine echte Anwartschaft auf eines der Obersten Landesämter erwarb man sich in der Praxis durch aktive Tätigkeit [als Beisitzer] in den Gerichtshöfen des Königreichs Böhmen – im Landrecht, im Kammergericht und im Hoflehengericht beziehungsweise im [1548, nach der Niederschlagung des Ständeaufstands, errichteten] Appellationsgericht." (333) In der ständischen Landesverwaltung der Zeit vor der Schlacht am Weißen Berg existierte eine gewohnheitsrechtliche Ämterlaufbahn. Von den Landesbeamten der Regierungszeit Rudolfs II. durchlief Zdeněk Vojtěch (Zdenko Adalbert) von Lobkowitz (1568–1628), der böhmische Oberstkanzler der Jahre 1599 bis 1628, als einziger nicht die böhmischen Landesinstitutionen: "Seine grundlegenden politischen Erfahrungen erwarb er in einem Organ gänzlich anderen Charakters – im Reichshofrat. Lobkowitz war [...] der erste und für lange Zeit der letzte böhmische Adelige, der im Reichshofrat saß. Während seiner achtjährigen Tätigkeit in diesem Gremium führte er eine Reihe von diplomatischen Gesandtschaften durch und hatte die Möglichkeit, einen guten Überblick über die europäische internationale Situation zu gewinnen [...]." (337)

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Die "Verneuerte Landesordnung" bekräftigte das unbeschränkte Recht des Königs, die Obersten Landesbeamten und die Beisitzer des Landrechts nach eigenem Ermessen zu ernennen. Die "absolutistischen" Herrscher blieben jedoch "auf die Zusammenarbeit mit dem Adel angewiesen, und der funktionelle Anteil der Ständevertretungen am Funktionieren des Systems war für den sich modernisierenden und verdichtenden Staat ebenso vorteilhaft wie unumgänglich" (338 f.). Unter den 36 Obersten Landesbeamten aus dem Herrenstand der Jahre 1627 bis 1705 befinden sich nur vier Mitglieder von Geschlechtern, die nicht bereits vor 1620 in den böhmischen Ländern angesessen waren. Nicht weniger als 19 der 36 Männer stammten aus Geschlechtern, die bereits seit 1500 dem "alten Herrenstand" angehörten.

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Mat'a geht sodann auf die einzelnen Obersten Landesämter ein und führt unter anderem aus, dass die Würde eines Obersten Kanzlers des Königreichs Böhmen zwar auch nach 1620 ein Landesamt blieb, dass aber "die mit ihr verbundenen Pflichten und Rechte alle Züge eines Hofamtes" (352) erlangten, weshalb das Oberstkanzleramt erst in dem der Hofkarriere gewidmeten Kapitel eingehender behandelt wird. Bemerkenswert ist, dass "zwischen dem Modell einer Karriere in der Landesverwaltung und einem Wirken am Kaiserhof überraschender Weise sehr wenige Berührungspunkte existierten" (362), wobei nur die drei Jahrzehnte, in denen der Hof Kaiser Rudolfs II. in Prag weilte, eine gewisse Ausnahme bilden. "Die Lebensläufe der einzelnen Aristokraten belegen, dass ein Übergang von einer Karriere in den Landesbehörden an den Hof und umgekehrt im 17. Jahrhundert eine sehr seltene Erscheinung war. Eine Hofkarriere und eine Karriere in den Landesämtern blieben zwei unverbundene Wege." (363) Die einzige Ausnahme bildeten die mit ständiger Herrschernähe verbundenen führenden Positionen in der Böhmischen Hofkanzlei. "Die Ämter des [Böhmischen] Obersten Kanzlers, des Vizekanzlers beziehungsweise des Kanzlers des böhmischen Königs bildeten zwar auch weiterhin feste Bestandteile des Karriereverlaufs in den Landesämtern, ihre Inhaber genossen aber alle faktischen und symbolischen Vorteile und Nachteile eines Dienstes bei Hof." (363)

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Im Kapitel über die Hofkarrieren weist Mat'a einleitend darauf hin, dass der Fürstenhof besonders in zusammengesetzten Staaten wie der Habsburgermonarchie eine wichtige Institution darstellte, "mittels derer es möglich war, die adeligen Eliten der einzelnen Regionen zu integrieren und aus ihnen eine loyale Schicht zu bilden, die zu einer Stütze einer stabilen monarchischen Regierung in einem heterogenen Staat oder Staatenbund werden konnte" (366). "Die Geschichte der allmählichen Durchsetzung der böhmischen Aristokratie an den Höfen der habsburgischen Kaiser ist zugleich die Geschichte der Eingliederung des Königreichs Böhmen in die Habsburgermonarchie, und die Dynamik dieses Prozesses ist ein wichtiger Indikator dieser Veränderungen." (389)

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Die erste Begegnung der böhmischen Aristokratie mit einem Habsburgerhof erfolgte unter Ferdinand I. und war auf Seiten des böhmischen Adels von einer langfristige Folgen zeitigenden Zurückhaltung geprägt. "Es ist bezeichnend, dass die energischen Versuche Ferdinands I., die Ständekorporationen der verschiedenen Länder des entstehenden zusammengesetzten Staates durch ein Netz wechselseitiger Bande zusammenzuschließen, auf dem Feld der vom Herrscher gestifteten Ehen zwischen dem loyalen böhmischen und österreichischen Adel viel größeren Erfolg hatten als im Bemühen um eine ständige (das heißt langfristige) Eingliederung der böhmischen Aristokraten in die höfischen Strukturen." (392) Damals "wurde die Basis gelegt für die disproportionale Aufteilung der Hofämter zugunsten der Aristokratie aus den österreichischen Ländern, die bis weit ins 17. Jahrhundert hinein andauerte" (392). Die wichtigste Ausnahme bildeten die Brüder Jaroslav (1528–1560) und Vratislav von Pernstein (1530–1582), die von 1556 bis 1560 beziehungsweise 1560 bis 1566 das Am des kaiserlichen Oberststallmeisters innehatten und übrigens bald nach dem Tod ihres Vaters Johann (1487–1548) zur römisch-katholischen Kirche übergetreten waren. Ihre Schwester Katharina hatte sich auf Initiative Jaroslavs 1550 mit dem Wiener Hofadeligen Eck von Salm vermählt. Für Jaroslav von Pernstein war diese Ehe ein Bestandteil seiner Strategie, am Wiener Hof Fuß zu fassen. Sein Bruder Vratislav, der sich 1555 mit der Spanierin Maria Manrique de Lara y Mendoza, der Oberstkämmerin der Königin Maria, der Gemahlin seines Patrons, des Thronfolgers und künftigen Kaisers Maximilian II., vermählt hatte, hielt sich von 1560 bis zu seinem Tod im Jahre 1582 fast ständig am Hof auf (bis 1566 als Oberststallmeister, danach als Oberster Kanzler des Königreichs Böhmen). "Im Milieu des gesamten böhmischen Staates sind die Pernsteinbrüder die ersten (und für einige Zeit die letzten), die eine vollwertige Hofkarriere in großem Stil zu realisieren versuchten." (395)

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Wie bereits erwähnt, konnten die böhmischen Herren nur in der Zeit des Prager rudolfinischen Hofes (1583–1611) "parallel eine Karriere im Landes- und im höfischen Apparat realisieren" (399). In der Regierungszeit Rudolfs II. wurde es zur Regel, dass die Obersten Landesbeamten ihre Laufbahn am Hof begannen (als Kämmerer, Truchsessen, Kellner, Fürschneider oder Tafeldecker). "Der Hof wurde zum besten Sprungbrett für den Beginn einer Landeskarriere. [...] Die Landesverwaltung hörte zu Beginn des 17. Jahrhunderts auf, ihre Rolle als Vermittlungsinstanz zwischen dem Herrscher und der böhmischen Ständegemeinde zu spielen. Sie wurde zu einem Verteidiger und Agenten einer einseitigen Rekatholisierungspolitik und führte die böhmische Gesellschaft in eine Konfrontation mit fatalen Folgen." (404) Während 1580 nur 31 Prozent der kaiserlichen Kämmerer aus den böhmischen Ländern gestammt hatten, waren es 1601 nicht weniger als 68 und 1612 noch immer 54 Prozent. Im Gegensatz zu den Kämmerern, Fürschneidern etc. waren die Adeligen aus den böhmischen Ländern in der Regierungszeit Rudolfs II. "in den höchsten Hofämtern und insbesondere in den Beratungsorganen mit Kompetenz für die gesamte Monarchie" nach wie vor zahlenmäßig schwach vertreten. "Hier hielt der Adel aus den österreichischen Ländern beziehungsweise aus dem Reich hartnäckig ein faktisches Monopol [...]." (400) Dennoch kam es in den drei Jahrzehnten der Anwesenheit des Kaiserhofs in Prag zu einer "Beschleunigung des Prozesses der Urbanisierung der böhmischen Aristokratie" (404). Prag verwandelte sich in eine "aristokratische Metropole" (407). "Die höfischen Werte und der höfische Lebensstil wurden der böhmischen Aristokratie nicht nach der Niederlage des Ständeaufstands [...] aufgezwungen, sondern sie wurden bereits einige Jahrzehnte früher üblich. Darin liegt eine der Hauptbedeutungen des Prager Hofes Rudolfs II. für die Bildung eines Modells der Hofkarriere." (408)

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Wegen der (Rück-)Übersiedlung des Kaiserhofes nach Wien war es nach 1620 meist nicht mehr möglich, eine Karriere in den Landesämtern mit einer Tätigkeit am Hof zu verbinden. "Landes- und Hofkarrieren trennten sich voneinander, und es war nicht üblich, sie zu kombinieren – weder gleichzeitig noch hintereinander. Wer eine dauerhafte Stellung am Hof in Wien erlangt hatte, den zog es nicht nach Prag zurück, und umgekehrt verlor einer, der einmal begonnen hatte, sich in der Landesverwaltung zu engagieren, für gewöhnlich die Chancen auf eine dauerhafte Übersiedlung an den Hof. Es gab Ausnahmen, aber sie waren sehr selten." (412) Eine dieser Ausnahme war Franz Ulrich Graf Kinsky (1634–1699), der 1667 durch die Ernennung zum Präsidenten des Prager Appellationsgerichts vom Wiener Hof entfernt wurde, jedoch gleichzeitig eine Expektanz auf das Amt des Obersten Kanzlers des Königreichs Böhmen erhielt, also eine "Rückfahrkarte" (424) zum Wiener Hof. "Die Provinzverwaltung wäre ein viel schwächeres Reservoire von Höflingen gewesen, wenn nicht ein bedeutender Kanal existiert hätte, der aus der Prager Burg direkt in die Vorzimmer der [Wiener] Hofburg führte. Sein Name war: die Böhmische Hofkanzlei. Durch ihre Vermittlung fanden in Wien zwischen 1620 und 1705 15 Aristokraten, einige schlechter gestellte Adelige und eine Menge subalterner Beamter aus den böhmischen Ländern einen ständigen Wirkungsbereich." (422)

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Nach 1620 spielte die Eingliederung in die Strukturen des kaiserlichen oder eines erzherzoglichen Hofes bei allen aristokratischen Karrieren eine so gut wie unumgängliche "Initiationsrolle". In der Praxis war seither jeder Karrierebeginn "mit der Verpflichtung verbunden, einige Monate die mit der Würde eines Kämmerers zusammenhängenden Pflichten zu erfüllen" (412 f.). Anders als im Behördenapparat des Königreichs Böhmen gab es keine Standardkarriere eines "Wiener Höflings": "Die Karriere eines Höflings war nicht strikt von der Karriere eines hohen Beamten der Zentralverwaltung getrennt und vermischte sich manchmal mit dieser." (418) Jedenfalls wurde der böhmische Adel bereits unter Ferdinand III. fest "in die Strukturen des Kaiserhofes integriert" (425). Es kam aber nicht zur Entstehung einer geschlossenen böhmischen Partei am Hof: "Der Wiener Hof war entschieden weder nach nationalen und sprachlichen noch nach regionalen Kriterien strukturiert. [...] Die Herkunft aus einem bestimmten Land war im Vergleich zu verwandtschaftlichen Banden ein zu schwacher Wert, als dass sie als Basis für die Bildung kohärenter Kamarillen hätte dienen können." (428 f.) Der Kaiserhof des 17. Jahrhunderts war nicht zuletzt ein Heiratsmarkt, und seine wichtigsten strukturierenden Elemente waren verwandtschaftliche und Klientelbande. "Der Wiener 'melting-pot' war eher ein effektives Medium der Integration und der 'Amalgamierung' der aus den Provinzen und den verschiedenen Einflusssphären der habsburgischen Dynastie hervorgegangenen Aristokratie als eine Plattform des Kampfes zwischen den Eliten der einzelnen Regionen." (429)

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Weitere, weniger umfangreiche Kapitel des Buches sind den militärischen und kirchlichen Karrieren sowie der diplomatischen Tätigkeit gewidmet. Die zunehmende Professionalisierung des Offizierskorps der kaiserlichen Armeen bewirkte eine tiefe Kluft zwischen der "zivilen" und der "militärischen" Sphäre, "so dass es nach dem Dreißigjährigen Krieg bereits undenkbar war, dass sich in der habsburgischen Armee eine Person durchsetzen hätte können, die ihre militärische Karriere nicht schon in jungen Jahren begonnen hatte. Demgegenüber war ein Wechsel in den zivilen Apparat [insbesondere in den Hofkriegsrat; Th.W.] zumindest in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges eine relativ häufige Erscheinung." (457) Das Modell einer Karriere im diplomatischen Dienst begann sich erst seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu verselbständigen. Kirchliche Karrieren wurden für Angehörige der böhmischen Aristokratie (insbesondere für jüngere Söhne beziehungsweise Brüder) seit dem Einsetzen der Konversionsbewegung um 1600 in wachsendem Ausmaß attraktiv, wobei ein Bischofsstuhl das eindeutige "Hauptziel aller in der Weltgeistlichkeit wirkenden Aristokraten" (500) war. "Die Gunst des Herrschers war eine conditio sine qua non für eine erfolgreiche kirchliche Karriere, denn der Kaiser nominierte die Bischöfe auf die Mehrzahl der Bischofsstühle in der Habsburgermonarchie (zum Beispiel in Prag, Wien, Leitmeritz oder Königgrätz), und auch die Besetzung der nominell wählbaren (Breslau, Olmütz, Salzburg) hing in der Praxis in hohem Maße von seinem Willen ab." (500) Wichtig ist die Charakterisierung des (1627 restituierten) böhmischen Prälatenstandes als "selbstbewusste Korporation mit eigenen Interessen" (508), die Konflikte (unter anderem in Steuerfragen) mit dem Herrenstand keineswegs scheute. [11]

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Gegenstand des vierten und letzten Hauptabschnitts ("Soziale Interaktion") sind die sozialen Beziehungsnetze ("social networks"), in die die böhmischen Aristokraten der Frühen Neuzeit eingebunden waren. Mat'a konzeptualisiert das Beziehungsumfeld eines Aristokraten als sein "Beziehungskapital", und er thematisiert im einzelnen folgende Systeme von Interaktionen und Interdependenzen: 1. die aristokratische Familie, 2. das Adelsgeschlecht, 3. die Ehe (unter der Überschrift: "Vernunftheiraten und die Vorteile der Verwandtschaft"), 4. "Herren und Freunde" und 5. "Patrone und Klienten".

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Nach einer Diskussion der Terminologie ("Geschlecht", "familia", "Haus", "Haushalt" etc.) betont der Autor in dem Kapitel über die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern und den umfassenden, den Eltern, insbesondere aber dem Vater geschuldeten Gehorsam: "Niemand (vielleicht mit Ausnahme des Schwiegervaters) konnte einem Aristokraten so gut die Startbedingungen für sein Leben sichern wie gerade der Vater [...]." (551) Was das Verhältnis zwischen adeligen Eheleuten betrifft, konstatiert Mat'a, gestützt auf eine Reihe von Beispielen, im Laufe des 17. Jahrhunderts eine Zunahme der Konflikte. Auch lasse sich eine teilweise Emanzipation der aristokratischen Ehefrau in der böhmischen adeligen Gesellschaft beobachten, was unter anderem auf die wachsende Zahl von Eheschließungen böhmischer Aristokraten mit Ausländerinnen (vor allem Italienerinnen, Österreicherinnen und Steirerinnen) und auf den Einfluss des Hofmilieus zurückzuführen sei. Was das Verhältnis zwischen den Geschwistern, insbesondere zwischen Brüdern, betrifft, sei Böhmen ein Paradies für jüngere Brüder gewesen, da hier – im Unterschied zum Adel in Spanien, Frankreich, England und im Reich – das Primogeniturerbrecht lange Zeit keine Rolle gespielt habe. "Im 17. Jahrhundert begannen aber die egalitären Beziehungen zwischen Brüdern komplizierter zu werden, und zwar einerseits dank Veränderungen des Landrechts nach der Schlacht am Weißen Berg, andererseits im Zusammenhang mit der raschen Einführung des Fideikommisses in das böhmische Besitzrecht [...]." (567)

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In einem "Geschlechtssolidarität" betitelten Abschnitt betont Mat'a, in kritischer Auseinandersetzung mit einschlägigen Studien von Václav Bůžek, Jiří Jurok und Ondřej Felcman (573): "Die sich mit der Frühen Neuzeit befassende tschechische Geschichtsschreibung hat den Zusammenhalt des frühneuzeitlichen Adelsgeschlechts überbewertet und bewertet ihn nach wie vor über. [...] Obwohl das Integrationspotential des Adelsgeschlechts in der Frühen Neuzeit ziemlich niedrig blieb, operiert man – zum Schaden der Sache – allgemein mit ihm als grundlegender analytischer Kategorie." Mat'a hingegen kommt zu dem Schluss, "dass Nähe aufgrund von Blutsverwandtschaft, aufgebaut auf der Grundlage 'engerer' familiärer Einheiten, in der böhmischen aristokratischen Gesellschaft des 16. und 17. Jahrhunderts ein viel festeres Bindeglied war als die Herkunft aus einem bestimmten Geschlecht" (573 f.). Nicht einmal im Spätmittelalter seien die böhmischen Adelsgeschlechter als kompakte Clans aufgetreten, und um 1600 "verlief die Grenze zwischen den konfessionell-politischen Gruppierungen mitten durch die böhmischen Adelsgeschlechter hindurch. [...] Ein weiterer Schlag für den Zusammenhalt aristokratischer Geschlechter war die religiöse Emigration nach der Schlacht am Weißen Berg und die Restrukturierung des übrigen böhmischen Adels. Eine ganze Reihe von Geschlechtern [zum Beispiel die Lobkowitz und die Czernin; Th.W.] teilte sich nach der Schlacht am Weißen Berg in mehrere Zweige mit gänzlich unterschiedlichem ökonomischem und Titularkapital." (580)

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Was das adelige Erbrecht betrifft, sei im Mittelalter das Adelsgeschlecht in Böhmen "keine relevante besitzrechtliche Kategorie" (582) gewesen, und nachdem König Vladislav II. 1497 auf Druck des Adels das Heimfallsrecht der Krone hatte aufgeben müssen, habe sich die Tendenz zur Besitzteilung verstärkt. In der Erbpraxis der böhmischen Aristokraten des 16. und 17. Jahrhunderts sei "die Kategorie der Familie [im Sinne von: die Blutsverwandten; Th.W.] mit dem Prinzip des Geschlechtsbesitzes im Widerstreit" gelegen, und Mat'a resümiert, "dass mehrere Modelle nebeneinander existierten und dass bei weitem nicht alle Erblasser das Geschlechtsinteresse an die erste Stelle setzten. Ein Bewusstsein der Verantwortung gegenüber dem Geschlecht existierte zwar sicherlich, es war aber weder rechtlich erzwingbar noch wurde es allgemein befolgt." (590) Schließlich werden vier bemerkenswerte Beispiele aktiver Solidarität zwischen den männlichen Angehörigen eines Geschlechts aus dem 17. Jahrhundert angeführt. Das Gefühl der Geschlechtszusammengehörigkeit, so der Autor zusammenfassend, sei "also auch in der Frühen Neuzeit nicht aus der Gedankenwelt der böhmischen Aristokratie" verschwunden, insgesamt sei "die Kategorie Geschlecht jedoch nicht imstande gewesen, die Widersprüche zwischen den Interessen des einzelnen und seiner engsten Verwandtschaft auf der einen Seite und der Gemeinschaft des Geschlechts auf der anderen Seite zu überbrücken" (603).

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Zum Thema Ehe übergehend, schickt der Autor voraus (605): "Zwischen Schwägern und zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn entstand in der frühneuzeitlichen adeligen Gesellschaft meist ein festeres Band als zwischen entfernten Verwandten mit demselben Prädikat, Wappen und Ursprung." Mat'a betont, dass die Karrierestrategien und die Heiratsstrategien der böhmischen Aristokraten eng zusammenhingen, und er unterscheidet (idealtypisch) Ehen ("Vernunftheiraten") zwecks Erlangung von Besitz einerseits, von symbolischem beziehungsweise Titularkapital sowie zwecks Sozialisierung (sei es im Milieu des ständischen Landesapparats oder des Hofes) andererseits. Eigens thematisiert werden politisch motivierte Heiratsallianzen (Pernstein–Salm im 16. und Waldstein–Harrach im 17. Jahrhundert). "Nepotismus und Verwandtenprotektion waren allgegenwärtig. Sie waren Teil der individuellen und der Familienstrategien und gehörten zu den wichtigsten Mechanismen, die die Regierungsweise der österreichischen Habsburger in ihrem zusammengesetzten Staat bestimmten und begrenzten." (619)

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Nach einem Abschnitt über die Heirat im Schnittpunkt der Familien- und Verwandtschaftsinteressen, in dem unter anderem von Vater, Bruder oder Vormund erzwungene Heiraten besprochen werden, thematisiert Mat'a ausführlich die königlichen Interventionen in die Heiratsstrategien der böhmischen Aristokratie. Während im halben Jahrhundert der Jagiellonenherrschaft das "Heiratsfeld" der böhmischen beziehungsweise böhmisch-mährischen Aristokratie noch ziemlich eng begrenzt und abgeschlossen gewesen sei und "die Heiratspolitik und Heiratskultur gänzlich in der Sphäre der Stände lagen" (627), habe sich das unter den Habsburgern grundlegend geändert. "Der weitblickende Ferdinand I. wurde sich im Unterschied zu Vladislav und Ludwig Jagiello rasch bewusst, dass es möglich ist, die Heiratspolitik der aristokratischen Schichten sehr effektiv für die Integration seines neuen Herrschaftsgebiets zu nützen." (628) Er habe "die Grundlagen für die Bildung eines viel weiteren Heiratsfeldes" geschaffen, "das die Eliten aus allen Besitzungen und Einflusssphären der österreichischen und schließlich teilweise auch der spanischen Habsburger umfassen sollte. Parallel zum Heiratsmarkt des Landes [zemský sňatkový trh] [...] begann sich ein viel breiterer höfischer Heiratsmarkt zu bilden, auf dem Angehörige der Dynastie die Rolle des Heiratsvermittlers spielten. [...] Während des Dreißigjährigen Krieges verlor das Heiratsfeld der böhmischen Aristokratie den böhmisch-mährischen Schwerpunkt und erweiterte sich in einem breiteren regionalen Rahmen, der die gesamte Habsburgermonarchie und die Gebiete, in denen die österreichischen Habsburger einen starken Einfluss ausübten, umfasste." (629)

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Danach wendet sich der Autor den von ihm konstatierten drei Ebenen zu, auf denen die Habsburger "die Heiratspolitik der böhmischen Aristokratie kolonisierten" (629), nämlich (1) der (insbesondere auf die Institution des höfischen Frauenzimmers gestützten) Eingliederung der böhmischen Aristokratie in den höfischen Heiratsmarkt, (2) der Vermittlung von Heiraten zwischen Aristokraten und Aristokratinnen aus unterschiedlichen Regionen der Monarchie und (3) der (wenngleich nicht absoluten) Kontrolle der Heiratspolitik der böhmischen Aristokratie seitens des Herrschers durch die Bindung der Eheschließungen an die vorhergehende Zustimmung des Monarchen. Erst im 17. Jahrhundert wurden die Frauenzimmer der einzelnen weiblichen Mitglieder der Habsburgerdynastie auf breiter Ebene "zu einer prestigeträchtigen Wirkungsstätte auch für böhmische Aristokratinnen" (630; es gab regelrechte Expektanzen auf frei werdende Stellen in den Frauenzimmern der Kaiserin etc.), aber bereits seit den 1530er Jahren trugen "Hofheiraten in bedeutendem Maß zur Integration der katholischen Aristokratie im zusammengesetzten Staat der Habsburger bei" (632). "Nach der Schlacht am Weißen Berg [...] hörte der höfische Heiratsmarkt auf, ein Parallelsystem zum Heiratsmarkt des Landes zu sein [...]. Heiraten mit Hofdamen waren nicht mehr Manifestationen der konfessionell-politischen Orientierung, sondern ein Mittel der sozialen Integration der höchsten Schicht der aristokratischen Elite – jener, die Zugang zu den Hofämtern hatte." (632) Resümierend meint Mat'a, "das energische Eingreifen der österreichischen Habsburger in die Heiratspolitik der böhmischen Aristokratie" könne "ohne Übertreibung als einer der wichtigsten Bausteine des habsburgischen zusammengesetzten Staates an der Donau [podunajské soustátí] bezeichnet werden. Die Hofheiraten, die durch Angehörige der Dynastie initiierten Adelsehen und die kleinen Herrscherinterventionen in die Heiratsstrategien einzelner Adeliger trugen wesentlich bei zur Integration der loyalen katholischen Gruppe, zur Knüpfung fester Bande zwischen den bisher voneinander isolierten aristokratischen Gesellschaften der einzelnen Regionen der Monarchie und zu deren massiver Internationalisierung." (637)

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Das Wort "Freund" ("přítel") war "ein Schlüsselbegriff der frühneuzeitlichen sozialen Terminologie" (656). Es konnte sowohl einen Verwandten, also eine objektive Gegebenheit, als auch einen Freund etwa im heutigen Sinn bezeichnen. In frühneuzeitlichen Texten aus dem böhmischen Adelsmilieu, zum Beispiel in Einladungen zu verschiedenen privaten adeligen Festen und Versammlungen (Hochzeiten, Taufen, Begräbnissen etc.), ist häufig die Rede von den "Herren und Freunden" ("páni a přátelé"). Damit "wurde ein bestimmter, der jeweiligen Situation angepasster Ausschnitt aus dem Gespinst der Bande bezeichnet, durch die ein Adeliger in der Gesellschaft verankert war und die er in einer gegebenen Situation aktivieren konnte (oder jedenfalls hoffte, aktivieren zu können), um Unterstützung, Rat und im Falle der Bedrohung auch Hilfe und Halt zu bekommen" (647 f.). Die (eher seltenen) Fälle "treuer" Freundschaft standen zur Verwandtschaft nicht in Opposition oder Konkurrenz, sondern sie wurden häufig in deren Strukturen integriert (durch Verschwägerung beziehungsweise durch Verheiratung von Kindern). "Freundschaft vertiefte die familiären Beziehungen, und die familiären Beziehungen verstärkten die Freundschaft. Die Emanzipation der Freundschaft von den familiären und anderen Verwandtschaftsstrukturen ist erst eine Angelegenheit der Romantik." (656)

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Schließlich wendet sich Mat'a dem Patronage- und Klientelwesen zu. Ausgehend von der geläufigen Beobachtung, dass "öffentliche" und "private" Sphäre in der Frühen Neuzeit nicht klar getrennt waren, stellt er fest, Beziehungen zwischen Patronen und Klienten seien "unentbehrlich für das Funktionieren aller wichtigen Organisationsformen der damaligen Gesellschaft (Staat, Kirche, Grundherrschaft) und daher auch in höchstem Maße legitim" gewesen (658). Im nachhussitischen Böhmen "stammte der Großteil der Klienten eines Magnaten aus der Nachbarschaft seines Dominiums und aus dessen Interessengebieten" (664). Nach 1526 habe Ferdinand I. begonnen, ein System von Klientelbeziehungen aufzubauen. Der König selbst habe allmählich "die Rolle eines mächtigen Patrons" übernommen. "Die Klientel, die auf diese Weise entstand, war nicht auf bestimmte Regionen beschränkt, sondern sie bedeckte allmählich seinen gesamten Herrschaftsbereich [...]." (666) Infolge der Verschiebung des Schwerpunktes des politischen Lebens "aus den Regionen zum Zentrum des Landes und zu den dortigen Institutionen der Stände und des Landesfürsten" (668) sei es zu einer Neustrukturierung der Klientelnetze gekommen. Mit einer davon abweichenden Interpretation Václav Bůžeks polemisierend (siehe 930, Anm. 460), betont Mat'a: "Die 'nachbarschaftliche' Beziehung zwischen ungleichen Personen [wie beispielsweise jene zwischen den Rosenbergern und ihren Klienten; Th.W.] verlor allmählich an Intensität [...], sie hörte auf, den Charakter einer festen Bindung zu haben, und der Schwerpunkt der aristokratischen Klientelen verschob sich zu machtmäßig attraktiveren Gebieten." (670)

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Im 17. Jahrhundert wurde der Kaiserhof zum zentralen Schauplatz von Patronage und Klientelismus in der Habsburgermonarchie. Er war "kein unbeweglicher monolithischer Block, sondern eine veränderliche Arena, in der seine einzelnen Mitglieder ständig um Macht, Prestige und finanzielle Mittel rangen. Hier standen sich nicht nur Individuen gegenüber, sondern dynamische Figurationen von Verwandtschafts- und Interessengruppen. [...] Die Monopolisierung der Ressourcen in den Händen des Herrschers machte die Position der aristokratischen Patrone leicht erschütterbar. Die Stärke eines Patrons stützte sich nämlich gerade auf seine vermittelnde Stellung – sobald er diese verlor, war es mit seiner Position als Patron zu Ende und seine bisherigen Klienten suchten sich einen neuen Protektor. Das Patronat der kaiserlichen Minister und Höflinge stärkte im 17. Jahrhundert die Integrationstendenzen, denn es verband den Adel der Provinzen mit dem höfischen Zentrum." (674 f.)

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Es sei ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass der Autor nicht verschweigt, dass sich Analysen und Beurteilungen der Rolle, die Klientelbeziehungen im sozialen Netz der böhmischen Aristokratie spielten, wegen des unbefriedigenden Forschungsstandes derzeit auf schwankendem Boden bewegen (661 f.).

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Im Schlusskapitel spricht Mat'a davon, dass während der gesamten in seinem Buch behandelten Zeit für die böhmische Aristokratie eine "intensive soziale Furcht" (690) charakteristisch gewesen sei. Diese sozialen Befürchtungen oder Ängste wertet er unter anderem als Zeichen für "einen starken Konkurrenzkampf im Inneren der aristokratischen Schichten" (691). "Ein sicheres Manövrieren in den unruhigen Gewässern der adeligen Welt erforderte die Zusammenarbeit einer ganzen Familienfiguration [...]. Im Interesse einer langfristigen Stabilisierung der sozialen Stellung des Geschlechts oder der Familie war es unerlässlich, dass der einzelne seinen individuellen Erfolg, seine persönlichen Träume, Ziele und Wünsche den Interessen der Gemeinschaft opferte." (691) Dabei hätten ein generationenübergreifendes Denken, die Erinnerung an die Ahnen als nachahmenswerte Exempel und die Vorstellung einer jahrhundertelangen Kontinuität motivierende und mobilisierende Rollen gespielt. "Eine derartige Auffassung des eigenen Loses rief ein intensives Gefühl der Verantwortung für den Nutzen des Ganzen hervor und aktivierte einen Imperativ, der den einzelnen aufforderte, sein eigenes Handeln 'ad maiorem domus gloriam' auszurichten [...]." (698)

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Resümierend hält Mat'a fest, er habe in erster Linie versucht, "einen neuen zusammenfassenden Blick auf die Gesellschaft des böhmischen hohen Adels zu bieten, und zwar einen Blick aus der Perspektive des sozialen Handelns und seiner langfristigen Wandlungen, die insgesamt mit den machtpolitischen Veränderungen der Region zusammenhingen, also vor allem mit der Integration der Länder der Böhmischen Krone in den zusammengesetzten Staat der österreichischen Habsburger" (699). "In allen untersuchten Bereichen konnten wir eine allmähliche Bewegung in Richtung auf eine ethnische, sprachliche, kulturelle und rechtliche Öffnung der böhmischen aristokratischen Elite gegenüber äußeren Einflüssen beobachten; eine Bewegung, die schon in der Epoche vor der Schlacht am Weißen Berg offensichtlich ist, die sich aber nach der Schlacht am Weißen Berg deutlich beschleunigte. Wie wir bereits in der Einleitung angedeutet haben, lässt sich diese Studie in gewisser Weise auch als eine Geschichte der allmählichen Umgestaltung der böhmischen Aristokratie zu einer überregionalen gesellschaftlichen Elite der Habsburgermonarchie lesen. Besonders in dieser Hinsicht machte sich der sozialhistorische Ansatz bezahlt, denn mit seiner Hilfe war es möglich, das Handeln und die Strategien der böhmischen Aristokraten besser zu erklären als aus politischer oder ethnischer oder gar nationaler oder moralischer Perspektive, aus denen die Wandlungen der böhmischen Aristokratie im 16. und 17. Jahrhundert früher bewertet wurden." (700)

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Wie bereits eingangs angedeutet, bin ich der Überzeugung, dass es sich bei dem hier relativ ausführlich zusammengefassten Buch um einen großen Wurf handelt: Kaum ein anderes Werk der tschechischen Frühneuzeithistoriographie der letzten Jahre könnte die nichttschechische Forschung stärker befruchten – vorausgesetzt, es findet sich ein österreichischer, deutscher, englischer oder amerikanischer Verlag, der es übersetzen lässt und publiziert. Dabei könnten auch die wenigen Fehler und Ungenauigkeiten verbessert werden (so fehlen in der Kartenskizze der Kirchenprovinzen und der Diözesen in den böhmischen und österreichischen Ländern in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts (502) das Patriarchat Aquileia und die Diözesen Konstanz und Chur). Es ist dem Autor ausgezeichnet gelungen, das Verfolgen großer Entwicklungslinien und makrohistorischer Fragestellungen mit klug ausgewählten Fallstudien und reichem biographischem Anschauungsmaterial zu verweben. Kurzum: Petr Mat'a hat ein neues Standardwerk zur Geschichte der böhmischen Aristokratie, aber auch zur Geschichte der werdenden Habsburgermonarchie im 16. und 17. Jahrhundert vorgelegt.



[1] Von den einschlägigen Publikationen sei hier nur die folgende Auswahl angeführt: Václav Bůžek: Rytíři renesančních Čech (Die böhmischen Ritter in der Renaissancezeit), Praha 1995; Václav Bůžek: Nižší šlechta v politickém systému a kultuře předbělohorských Čech (Der niedere Adel im politischen System und in der Kultur Böhmens in der Zeit vor der Schlacht am Weißen Berg), Praha 1996; Václav Bůžek / Josef Hrdlička u.a.: Dvory velmožů s erbem růže. Všední a sváteční dny posledních Rožmberků a pánů z Hradce (Die Höfe der Magnaten mit dem Rosenwappen. Alltag und Festtage der letzten Rosenberger und der letzten Herren von Neuhaus), Praha 1997; Václav Bůžek / Josef Hrdlička / Pavel Král / Zdeněk Vybíral: Věk urozených. Šlechta v českých zemích na prahu novověku (Das Zeitalter der Hochwohlgeborenen. Der Adel in den böhmischen Ländern an der Schwelle der Neuzeit), Praha / Litomyšl 2002; Václav Bůžek (Hg.): Život na dvoře a v rezidenčních městech posledních Rožmberků (Das Leben am Hof und in den Residenzstädten der letzten Rosenberger) (= Opera historica 3), České Budějovice 1993; Václav Bůžek (Hg.): Život na dvorech barokní šlechty (1600-1750) (Das Leben an den Höfen des barocken Adels (1600-1750)) (= Opera historica 5), České Budějovice 1996; Václav Bůžek (Hg.): Poslední páni z Hradce (Die letzten Herren von Neuhaus) (= Opera historica 6), České Budějovice 1998; Václav Bůžek / Pavel Král (Hg.): Aristokratické rezidence a dvory v raném novověku (Aristokratische Höfe und Residenzen in der Frühen Neuzeit) (= Opera historica 7), České Budějovice 1999; Václav Bůžek / Pavel Král (Hg.): Slavnosti a zábavy na dvorech a v rezidenčních městech raného novověku (Feste und Vergnügungen an den Höfen und in den Residenzstädten der Frühen Neuzeit) (= Opera historica 8), České Budějovice 2000; Václav Bůžek / Pavel Král (Hg.): Šlechta v habsburské monarchii a císařský dvůr (1526-1740) (Der Adel in der Habsburgermonarchie und der Kaiserhof (1526-1740)) (= Opera historica 10), České Budějovice 2003; in deutscher Sprache insbesondere: Václav Bůžek / Petr Mat'a: Wandlungen des Adels in Böhmen und Mähren im Zeitalter des 'Absolutismus' (1620-1740), in: Ronald G. Asch (Hg.): Der europäische Adel im Ancien Régime. Von der Krise der ständischen Monarchien bis zur Revolution (1600-1789), Köln / Weimar / Wien 2001, 287-321; Václav Bůžek / Pavel Král / Zdeněk Vybíral: Der Adel in den böhmischen Ländern 1526-1740. Stand und Tendenzen der Forschung, in: Anzeiger der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse 137 (2002), 55-98.

[2] Als Beispiel für eine gelungene Geschichte eines böhmisch-mährischen Adelsgeschlechts, das im 15. und 16. Jahrhundert seine Blütezeit erlebte, sei angeführt: Petr Vorel: Páni z Pernštejna (Die Herren von Pernstein), Praha 1999; vgl. auch ders. (Hg.): Pernštejnové v českých dějinách (Die Herren von Pernstein in der böhmischen Geschichte), Pardubice 1995. – Eine der besten Biographien eines böhmischen Adeligen der "vorweißenbergischen" Zeit ist: Marie Koldinská: Kryštof Harant z Polžic a Bezdružic. Cesta intelektuála k popravišti (Christoph Harant von Polschitz und Weseritz. Der Weg eines Intellektuellen zur Hinrichtungsstätte), Praha / Litomyšl 2004; eine der wenigen exzellenten jüngeren Monographien über einen böhmischen Adeligen der Barockzeit ist: Pavel Preiss: František Antonín Špork a barokní kultura v Čechách (Franz Anton Sporck und die Barockkultur in Böhmen) (2., erweiterte und überarbeitete Aufl. Praha / Litomyšl 2003 (1. Aufl. 1981)). Vgl. auch die Zusammenstellung der biographischen Literatur zum böhmischen, mährischen und österreichischen Adel des 16. und 17. Jahrhunderts (bis 1998) bei: Thomas Winkelbauer: Fürst und Fürstendiener. Gundaker von Liechtenstein, ein österreichischer Aristokrat des konfessionellen Zeitalters (= Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 34), Wien / München 1999, 258-263, sowie demnächst: Alessandro Catalano: La Boemia e la riconquista delle coscienze. Ernst Adalbert von Harrach e la Controriforma in Europa centrale (1620-1667) (im Druck).

[3] Marie Koldinská: Každodennost renesančního aristokrata (Das Alltagsleben des Aristokraten der Renaissancezeit), Praha / Litomyšl 2001.

[4] Aus einer fast unübersehbaren Zahl von Publikationen seien angeführt (mit Schwergewicht auf in westlichen Sprachen erschienenen Titeln): Jaroslav Pánek: Poslední Rožmberkové. Velmoži české renesance (Die letzten Rosenberger. Magnaten der böhmischen Renaissance), Praha 1989; ders.: The expedition of the Czech noblemen to Italy within period 1551-1552. A contribution to history of international relations in the field of culture, politics and finances in the 16th century, in: Historica 30 (1990), 29-95; ders.: Der Adel im Turnierbuch Erzherzog Ferdinands II. von Tirol. (Ein Beitrag zur Geschichte des Hoflebens und der Hofkultur in der Zeit seiner Statthalterschaft in Böhmen), in: Folia historica Bohemica 16 (1993), 77-96; ders.: Mitteleuropa in den politischen Vorstellungen der böhmischen Aristokratie in der frühen Neuzeit: Von der anti-osmanischen Allianz zur evangelischen Konföderation, in: Anzeiger der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse 137 (2002), 133-146; ders.: Výprava české šlechty do Itálie v letech 1551-1552. Die Reise des böhmischen Adels nach Italien in den Jahren 1551-1552, České Budějovice 2003 (1. Auflage Praha 1987).

[5] Siehe u.a.: Josef Válka: Hospodářská politika feudálního velkostatku na předbělohorské Moravě (Die Wirtschaftspolitik des feudalen Großgrundbesitzes in Mähren vor der Schlacht am Weißen Berg), Brno / Praha 1962; ders.: Přehled dějin Moravy (Grundriss der Geschichte Mährens), Bd. 2: Stavovská Morava (1440-1620) (Das ständische Mähren (1440-1620)). Skriptum der Philosophischen Fakultät der Universität Brünn, Brno / Praha 1987; vgl. aber Válkas schöne Synthese der Geschichte Mährens zwischen 1526 und 1740, in der die Zeit nach 1620 weder stiefmütterlich noch mittels überkommener historiographischer Stereotypen behandelt wird: ders.: Dějiny Moravy (Geschichte Mährens), Teil 2: Morava reformace, renesance a baroka (Mähren in der Zeit der Reformation, der Renaissance und des Barock), Brno 1996; siehe dazu auch die Rezension des Autors dieser Miszelle in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 107 (1999), 229-233.

[6] Tomáš Knoz: Državy Karla staršího ze Žerotína po Bílé hoře. Osoby, příběhy, struktury (Die Besitzungen Karls des Älteren von Žerotín nach der Schlacht am Weißen Berg. Personen, Ereignisse, Strukturen), Brno 2001. Vgl. die Rezension des Autors des vorliegenden Beitrags in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 110 (2002), 425-427.

[7] Tomáš Knoz: Pobělohorské konfiskace. Moravský průběh, středoevropské souvislosti, obecné aspekty (Die Konfiskationen nach der Schlacht am Weißen Berg. Der Verlauf in Mähren, mitteleuropäische Zusammenhänge, allgemeine Aspekte), ungedruckte Habilitationsschrift, Brno 2004 (im Druck).

[8] Jiří Jurok: Česká šlechta a feudalita ve středověku a raném novověku (Der tschechische Adel und die das böhmische Feudalsystem im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit), Nový Jičín 2000.

[9] Petr Mat'a: Svět české aristokracie (1500-1700) (Die Welt der böhmischen Aristokratie (1500-1700)), Praha 2004. Von den in deutscher Sprache erschienenen Aufsätzen Mat'as seien angeführt: Aristokratisches Prestige und der böhmische Adel (1500-1700), in: Frühneuzeit-Info 10 (1999), 43-52; Versuch einer neuen Klassifikation des böhmischen und mährischen Adels (1620-1740) = Bůžek / Mat'a: Wandlungen des Adels in Böhmen und Mähren (wie Anm. 1), 292-309; Der Adel aus den böhmischen Ländern am Kaiserhof 1620-1740. Versuch, eine falsche Frage richtig zu lösen, in: Opera historica 10 (2003), 191-233.

[10] Petr Mat'a: Nejstarší české a moravské deníky (Die ältesten böhmischen und mährischen Tagebücher), in: Folia historica Bohemica 18 (1997), 99-120; ders.: Tagebücher, in: Josef Pauser / Martin Scheutz / Thomas Winkelbauer (Hg.): Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16.-18. Jahrhundert). Ein exemplarisches Handbuch, Wien / München 2004, 767-780; Marie Koldinská / Petr Mat'a (Hg.): Deník rudolfinského dvořana. Adam mladší z Valdštejna 1602-1633 (Das Tagebuch eines rudolfinischen Höflings. Adam der Jüngere von Waldstein 1602-1633), Praha 1997.

[11] Vgl. Joachim Bahlcke: Geistlichkeit und Politik. Der ständisch organisierte Klerus in Böhmen und Ungarn in der frühen Neuzeit, in: ders. / Hans-Jürgen Bömelburg / Norbert Kersken (Hg.): Ständefreiheit und Staatsgestaltung in Ostmitteleuropa. Übernationale Gemeinsamkeiten in der politischen Kultur vom 16.-18. Jahrhundert, Leipzig 1996, 161-185; ders.: Kontinuität und Wandel im politischen Selbstverständnis der katholischen Geistlichkeit Mährens (1580-1640), in: Jan Skutil (Red.): Morava a Brno na sklonku třicetileté války, Praha / Brno 1995, 84-97; Petr Mat'a: "O felix Boemia, quando sacerdotum consiliis regebaris". Geschichte als Argument im politischen Denken des höheren Klerus Böhmens und Mährens im 17. und frühen 18. Jahrhundert, in: Joachim Bahlcke /Arno Strohmeyer (Hg.): Die Konstruktion der Vergangenheit. Geschichtsdenken, Traditionsbildung und Selbstdarstellung im frühneuzeitlichen Ostmitteleuropa, Berlin 2002, 307-322.

Empfohlene Zitierweise:

Thomas Winkelbauer : Ein neues Standardwerk zur Geschichte der böhmischen Aristokratie im 16. und 17. Jahrhundert , in: zeitenblicke 4 (2005), Nr. 2, [2005-06-28], URL: https://www.zeitenblicke.de/2005/2/Winkelbauer/index_html, URN: urn:nbn:de:0009-9-1274

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