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Zusammenfassung

Am Feld der diskursiven Inszenierung wurde Hypertext vor allem in den 1990er-Jahren eine große Zukunft für die Geistes- und Kulturwissenschaften voraus gesagt, zumal neue Möglichkeitsbedingungen für die Produktion und Rezeption von (Theorie-)Erzählungen in Griffweite schienen. In der heutigen Praxis der HistorikerInnen hat Hypertext jedoch wenig Fuß gefasst: Mythos und Wunschmaschine Hypertext, die geruhsam ad acta gelegt werden kann? Oder sind auf Erfahrung fußende Potenziale identifizierbar, die zu (nochmaligen) Experimenten aufrufen? Hypertext revisited.

paper sucks, get connected

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Wir schreiben das Jahr 1488, Winter des Mittelalters. Der Mönch und erfolgreiche Buchautor Werner Rolevinck frohlockt mit Blick auf die sich zunehmend rasanter ausbreitende Technik des Buchdrucks mit beweglichen Lettern:

"Dank der Schnelligkeit, mit der sie gehandhabt wird, ist sie ein begehrenswerter Schatz an Weisheit und Wissen, nach dem sich alle Menschen aus natürlichem Trieb sehnen, der gewissermaßen aus tiefem, finsteren Versteck hervorspringt und diese Welt, die im Argen liegt, gleichermaßen bereichert und erleuchtet. Die ungeheure Menge an Büchern, die einst in Athen oder Paris und an anderen gelehrten Stätten oder in geistlichen Bibliotheken nur ganz wenigen Gelehrten offen stand, breitet sich dank dieser Kunst nun überall aus, in jedem Stamm und Volk, in jeder Nation und Sprache, so daß wir jenes Wort wahrhaftig erfüllt sehen, das im ersten Kapitel der 'Sprüche' geschrieben steht: 'Die Weisheit predigt draußen und läßt ihre Stimme auf den Straßen erscheinen."  [1]

Die Druckerpresse und deren Erzeugnisse werden dergestalt zum Geschenk Gottes, an dem alle teilhaben können und sollen, ja müssen.

Rund 500 Jahre später sehen und hören Sie – wenn Sie diesen Link zur englischen Multimedia-Agentur "The Void" öffnen – wie sorgsam und genüsslich ein A4-Blatt zu einem Papierflugzeug gefaltet und anschließend fliegend von der Bühne verschwindet: es erscheint hiernach der lapidare Satz: "paper sucks, get connected."

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Dem typographischen Medium, der Gutenberg-Galaxis wird hier multimedial der Krieg erklärt. "Die Weisheit predigt draußen und lässt ihre Stimme auf den Straßen erscheinen", zitierte Werner Rolevinck damals die Bibel. Vielleicht sind heute findige Marketingstrategen auch so bibelfest wie Rolevinck es war. Die Metaphern rund um die digitale Informations- und Kommunikationstechnologie erinnern jedenfalls stark an jene Zuschreibungen, mit der die Druckerpresse propagiert wurde: Heutzutage begegnen wir unserem Content indem wir Windows öffnen und uns auf den Information Highway begeben.

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Diese rund 500 Jahre auseinander liegenden Stimmen thematisieren – wenn auch auf unterschiedliche (mediale) Weise – nichts anderes als die Erfindung und allmähliche Durchsetzung eines neuen Mediums. Es sind Stimmen von stets zu beobachtenden Diskursen, die die Inaugurationszeit eines Mediums begleiten. Dieser Diskurs, von der Medienwissenschaft "primäre Intermedialität" genannt, ist ein Initiationsritus, in dem über das Innovationspotenzial, über Chancen und Möglichkeiten, über Gefahren und Grenzen einer neuen Technik verhandelt und diskutiert wird. Der Mechanismus dieser Diskurse ist strukturell gleich, isomorph, um zu schematisieren: auf der einen Seite stehen bewahrende Kräfte, die die jeweils alten Medien verteidigen und deren hegemoniale Stellung im Mediengefüge erhalten wollen; auf der anderen Seite jene, die diese angreifen und die soziale Akzeptanz des neuen Mediums erhöhen wollen. Gelingt die diskursive Inszenierung des Neuen können mediale Leitbilder und Normen generiert werden; diese können in der Folge orientierende, motivierende und formierende Wirkung erzielen und somit die Durchsetzung eines neuen Mediums – performativ und normativ – beflügeln. Es kann zu einer Bedürfnisspirale kommen: Eine Bedürfnisspirale, die sich vom bloßen Können, über ein Sollen zu einer Pflicht emporschraubt. Man kann nicht bloß, man soll sich nicht nur des Mediums bedienen, nein, sucht man Anschluss an die Gesellschaft, will man vollwertiges Mitglied dieser sein, muss man es auch.

not conveniently … on paper

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Von Struktur und Funktion her gleich waren und sind auch jene Diskurse, die sich spätestens Anfang der 1990er-Jahre rund um das Potenzial von Hypertext für die Geistes- und Kulturwissenschaften entsponnen. Rund um ein Medium also, das mit dem Siegeszug des WWWs groß geworden ist und einen wichtigen Teilbereich dieser neuen Informations- und Kommunikationstechnologie darstellt.

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Was ist nun aber Hypertext? Oder besser: was verspricht er zu sein?

Eines gleich vorweg: es existieren viele Spielarten von Hypertext, nicht ein einziger Idealtyp; ist von "Hypertext" die Rede, kann viel gemeint sein. Hypertext zeichnet sich durch eine enorme Formenvielfalt aus und lässt sich schwerlich auf ein paar wenige Charaktereigenschaften reduzieren, er kann unterschiedliche Ausprägungen annehmen. Je nach zu Grunde gelegtem Ziel, Konzeption, Anspruch usw. divergieren die Handlungsrollen und Handlungsspielräume der daran beteiligten AutorInnen und LeserInnen.

Grundlegend jedoch zeichnet sich Hypertext durch seinen modularen Charakter aus, er ist in Informationsbausteine fragmentiert und diese sind – mittels computerverwalteter Links – zu einer Netzstruktur verknüpft. Diese Einheiten sind kohäsiv geschlossen, sind also jeweils "aus sich selbst heraus" verständlich. Die Module sind damit darauf ausgerichtet, sich "multilinear" und flexibel miteinander kombinieren zu lassen. Entgegen einem – von einer/m Autor/in präfigurierten – Argumentationsstrang existieren zahlreiche Pfade, die entweder vorgeschlagen werden, oder die sich UserInnen selbst suchen und zusammenlesen können. [2]

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Es ist somit kein monosequenzierter Text, sondern ein mehrfach- oder gar unsequenzierter. Mit Recht ist hier einzuwenden, dass diese Eigenschaften auch dem traditionellen Buch (von der klassischen Monographie bis hin zum Reiseführer und Lexikon) anhaften. Bereits der Umstand, dass schriftliche Texte als Seiten zwei- und als ganzes Buch dreidimensional vorhanden sind, lässt eine nicht- bzw. multilineare Rezeption zu. Einzelne Textpassagen können immer wieder gelesen, an beliebiger Stelle kann zurückgesprungen oder vorweg gelesen werden. Zwar präsentiert das Buch Informationen im räumlichen Nacheinander, die RezipientInnen haben jedoch die Möglichkeit, partiell und quer gegen diese Abfolge zu lesen. D. h. selbst wenn der Text an der Oberfläche auf Linearität angelegt wurde, kann er nichtlinear rezipiert werden.

Die Betonung der Nichtlinearität von Hypertext muss also vielmehr daraus resultieren, dass dieser bereits von der Konzeption her nichtlinear ist und es gar nicht die Möglichkeit gibt, ihn linear zu rezipieren. Deshalb ist es notwendig, Hypertext nicht nur hinsichtlich der Rezeption als nichtlineares Medium zu begreifen, sondern v.a. hinsichtlich des Schreibens, hinsichtlich seiner Konzeption und Architektur.

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In diesem Zusammenhang unterscheidet die Sprachwissenschaftlerin Angelika Storrer [3] zwischen medialer und konzeptioneller Linearität/Nichtlinearität bzw. unterschiedlichen Abstufungen von Sequenziertheit. Das Buch – im Gegensatz etwa zu Filmrollen – ist demnach durchaus ein nichtlineares Medium. Im Gegensatz zu medialen Eigenschaft betonen aber die konzeptionellen Eigenschaften die von den TextproduzentInnen getroffene Entscheidung der Strukturierung. Storrer vertritt die Auffassung, dass der wesentliche Unterschied zwischen Buch und Hypertext nicht auf der Ebene der medialen Linearität liegt, sondern auf der Ebene der konzeptionellen; hierfür unterscheidet sie drei Grundformen der Sequenziertheit: Mono-, mehrfach- und unsequenzierte Texte. [4]

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Generell scheint das Buch das optimale Medium für mono-, und mehrfachsequenzierte Texte zu sein. Auch wenn unsequenzierte, gedruckte Texte im Laufe der Zeit immer leistungsfähigere Zugriffsstrukturen aufweisen (alphabetische Ordnung, Glossare etc.), ist das Lesen quer zur im Buch niedergelegten Anordnung v.a. von unsequenzierten Texte mit zeitraubenden Hin- und Herblättern verbunden. Dieser Meinung war zumindest Theodor Holm Nelson, als er im Jahre 1965 den Begriff "Hypertext" einführte:

"Let me introduce the word hypertext to mean a body of written […] material interconnected in such a complex way, that it could not conveniently be presented or represented on paper." [5]

Der (vernetzte) Computer erscheint Nelson als geeignete Maschine für unsequenzierte Texte, nicht zuletzt weil ein Link – mit einem Klick! – Verknüpfungen äußerst bequem (conveniently) realisiert. Im Unterschied zu einer Fußnote ist ein Link keine bloße Anspielung, eine Referenz auf einen anderen, weit entfernt liegenden Text. Ein Link führt tatsächlich und ohne Umschweife zu diesem Text. Schon allein deswegen ist Hypertext auf den Computer angewiesen. Hypertext tritt also mit dem Anspruch auf, ein unsequenzierter, elektronischer Zettelkasten zu sein, der jedoch nicht bloß Referenzen zu Materialien in sich birgt, sondern das Material, die Erzählung selbst ist. Eine Erzählung jedoch, vielmehr ein narratives Netzwerk in dem weder ein definierter Anfang, noch ein alles integrierendes Ende zu finden ist. Rezipierende sehen sich einem polyzentristischen Netzwerk gegenüber oder einem Netzwerk ohne Zentrum; ein Netz, das zur bewussten Selektion aufruft. Hypertextproduzierende sehen sich vor der Aufgabe, möglichst viele Pfade durch das Netzwerk anzulegen.

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Offene Hypertexte weisen zudem auch "offene Enden" auf, d.h. es können stets neue Inhalte, neue Knoten in das Netz geknüpft werden. Computerverwaltete Hypertexte definieren sich so nicht mehr generell über ein abgeschlossenes Produkt, sondern über ihre Prozessualität. LeserInnen mutieren zu AutorInnen, die Trennung zwischen dem Prozess des Schreibens, zwischen AutorIn und LeserIn nivelliert sich, der Handlungsspielraum der RezipientInnen dehnt sich aus. AutorInnen (Writer) und RezipientInnen (Reader) können so zu "Wreader" [6] verschmelzen. Die Trennung zwischen SenderIn und EmpfängerIn, zwischen Schreiben und Lesen gerät damit ins Wanken. Ideale Bedingungen, so scheint es, für "kollektive vernetzte Schreibprozesse" [7], für die Verknüpfung individueller Erzählstränge mit jenen anderer: Auf der Bühne der Medien rittert Hypertext damit nicht nur um die Goldmedaille für das perfekte Diskursmedium, sondern empfiehlt sich auch als bester medialer Pool für in zeit- und ortsungebundener Teamarbeit entwickelte, miteinander verzahnte Erzählungen. Kurz: Die prozesshafte Dokumenten- und Akteursvernetzung steht im Zentrum des Potenzials Hypertext (für die Geschichtswissenschaft).

... the land promised

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Dergestalt sind mit Hypertext Versprechungen oder zumindest Hoffnungen einhergegangen. Es wurde ein diskursives Fest zu Ehren des "advent von Hypertext" [8] gefeiert, an dem sich auch die Geistes- und Kulturwissenschaften berauschten. Die Ankunft dieses Mediums wurde von ihnen in den 1990er-Jahren generell euphorisch begleitet, als "revolution in human thought" [9] oder als Erreichen des "land promised (or threatened) by post-modern theory" [10] verkündet. Hypertext – so hieß es etwa – sei eine humane, ja natürliche Technik, die es zuließ, endlich so zu schreiben und zu lesen wie man denke, nämlich assoziativ. [11] Die Knute der Linearisierung, die zu eindimensionalem Denken führte, schien überwunden. [12] Man sah LeserInnen durch Netzwerke streifen, die nicht bloß eindimensional und passiv Informationen einer vorgeschriebenen Reihe nach auflesen, sondern die Inhaltsbausteine aktiv zu neuen Gebäuden aufbauten; die Tyrannis und Schräglage in der AutorIn-LeserIn-Relation schien sich in eine freie Demokratie zu verwandeln. Erweiterte Handlungsspielräume für neue, fluide Subjekts- und Identitätsbestimmungen schienen mit der Digitalisierung in greifbarer Nähe. Entdeckendes und offenes Lernen statt instruktionistischem Frontalunterricht, hieß es dementsprechend, finde in diesem Medium seine Entsprechung. Kurz: die diskursive Inszenierung, die primäre Intermedialität, war am Brodeln, es schien, als müsse man jetzt Inhalte hypertextuell aufbereiten und verhandeln, sonst hätte man die Zeichen der Zeit übersehen. Heilserwartungen - zum Teil recht naive - wurden laut und Hypertext so mit Hoffnungen und Wünschen regelrecht überfrachtet.

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Legt man Parameter medienbezogener Forschung der letzten Jahrzehnte an, dann können diese neuen medialen Formationen auch die (Theorie-)Erzählung als Kern geschichtswissenschaftlicher Forschungstätigkeit nicht unbeeinflusst lassen. Neben einer Vielzahl miteinander verzahnter Faktoren, die die Interessenstopographie jedweder Wissenschaft prägen (institutionelle, wirtschaftliche, kulturelle, politische, subjektiv-individuelle...) rückte das mediale Setting zunehmend ins Blickfeld der Wissenschaft, fußend auf dem Gedanken, dass alles, was wir über die Welt sagen, erkennen und wissen können, mit Hilfe von Medien gesagt, erkannt und gewusst wird. [13] In der Vielfalt medienbezogenen Forschens kristallisierte sich ein gemeinsamer Nenner heraus: Es ist dies die Überzeugung, dass Medien nicht als neutrale Kanäle verstanden werden können, die Information lediglich transportieren, sondern als Technologien begriffen werden müssen, die Wissen auf mehrfachen Ebenen transformieren. Medien übertragen nicht nur, sondern entfalten eine Wirkkraft, welche die Modalitäten unseres Wahrnehmens, Kommunizierens und Denkens prägt. Medien wird damit eine sinnmiterzeugende und nicht bloß sinntransportierende Kraft zugesprochen. [14] Dass Medien damit auch die Gestaltungs- und Erscheinungsformen der Forschung und Wissenschaften prägen, wurde zu einer Grundprämisse, die durch die "hautnahen" Erfahrungen im Zuge der allmählichen Durchsetzung der "Neuen Medien" [15] weiteren Aufschwung gewann.

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Soweit die Theorie, deren Plausibilität und nicht zuletzt heuristische Qualität sich in Untersuchungen medialer Rückwirkungen auf Kultur und Gesellschaft zigfach bewiesen hat. Doch sind dafür auch Anzeichen "im Kleinen" aufzufinden – wenn wir das Feld von Hypertext, mithin einen Teilbereich und eine Schlüsseltechnologie des WWWs, und die Geschichtswissenschaft fokussieren? Zu Annäherungen an diese Frage empfiehlt es sich, die Hoffnungen des Hypertextdiskurses der letzten Jahrzehnte mit der empirischen Hypertext-Welt des 21. Jahrhunderts zu konfrontieren.

Große Medienerzählung, kleine Hypertexterfahrung

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Nimmt man heute die besprochene Definition von Hypertext mit auf eine Reise durch das WWW, wird man nach langer Suche nur auf wenige Praxisbeispiele stoßen, die diesen hypertextuellen Prinzipien folgen. Gerade auch geistes- und kulturwissenschaftliche Websites reproduzieren zumeist das traditionelle Referenz- und Darstellungsmedium Buch. Es sind zwar elektronische Texte, selten jedoch Hypertexte. Hypertextuell organisierte Erzählungen sind am Feld der literarischen Experimente zu finden [16], jedoch blieb die Geschichtswissenschaft diesem Phänomen in der Praxis weitgehend abhold. [17] Erstaunlich, bedenkt man die Hoffnungen, die mit ihm verknüpft waren.

Fragen drängen sich angesichts dieses Befundes auf: Hat Hypertext etwa dasselbe Schicksal wie der Fernseher von McLuhan, in den er die Erwartung legte, dass sich durch ihn die Menschheit in einem globalen Dorf solidarisch zusammen findet? [18] Fungiert Hypertext – wie Peter Sloterdijk kürzlich meinte – nur als eine weitere "Ausweitung der Komfortzone", in der schnelle Informationsreize über Interessen obsiegen, in der bloß oberflächlich – dem Zappen durch Fernsehkanäle gleich – gesurft wird, anstatt in die Tiefe zu tauchen? Unterliegt Hypertext einer Ökonomie der Aufmerksamkeit? Fehlt die erforderliche Geduld, derer es für ein produktives Verzettelns in Netzwerken bedarf? Oder ergeht es Hypertext nicht anders als dem Zettelkasten, dem noch Anfang des 20. Jahrhunderts mancherorts die Fähigkeit zugesprochen wurde, das Buch als Darstellungsmedium abzulösen? [19] Kurz: Ist Hypertext nur Mythos und Wunschmaschine, denn ein neues, innovationsträchtiges Medium, das neue Formen der Produktion, Repräsentation und Rezeption von Wissen ermöglicht?

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Zwei Wesensmerkmale der Medien-Inaugurationsdiskurse, der "primären Intermedialität", seien an diesem Punkt festgehalten:

1. Die anfänglichen Mediendiskurse können sich auf wenig empirisches Material stützen, - sie sind daher – wie Rainer Leschke betont – notgedrungen "soziologisch naiv", - jedoch "ideologisch aktiv". [20] Dies bedeutet jedoch noch lange nicht, dass sie wertlos wären, zumal eine kritische Beschäftigung mit ihnen zumindest Möglichkeitsräume medialer Entwicklungen abstecken kann. "Wie die Welt, in der wir leben, in Zukunft aussehen wird, hängt (nicht nur, aber immer auch) davon ab, welches Bild der Zukunft uns vor Augen steht." [21] Was für die Welt gilt, gilt gleichermaßen für Medien und genau deswegen hat die Produktion von medialen Visionen und Utopien ihren Wert, "self-fulfilling-prophecies" nicht ausgeschlossen.

2. In mediendeterministischer Verkürzung tendieren diese Diskurse zuweilen dazu, dem Medium Allmächtigkeit zuzuschreiben. In den großen Medienerzählungen werden die Medien zum Zentrum und Motor der Geschichte, alles andere ihr Effekt. Medien diktieren jedoch keineswegs die Handlungsspielräume und Handlungsrollen der Individuen ein für allemal. Sie werden weder im Vakuum geboren, noch stülpen sie sich dem wehrlosen Menschen über; zweifellos beeinflussen sie unser Wahrnehmen, Kommunizieren und Denken, umso stärker, wenn sie ein "blinder Fleck" kritischer Wahrnehmung sind. Jedoch es entscheiden nicht zuletzt die vielfältig bedingten Gebrauchsformen und Nutzungsweisen der Individuen, was ein Medium ausmacht. Hartmut Winkler versucht die Beziehung von Medien- und Kulturtechniken in einer zweifachen Schleife als zirkuläres Modell zu fassen (Winkler 1997):

"Technik ist das Resultat von Praxen, die in der Technik ihren materiellen Niederschlag finden; Praxen (einige, nicht alle Praxen!) schlagen um in Technik: dies wäre die erste Phase des Zyklus. Und gleichzeitig eben gilt das Gegenteil: dieselbe Technik ist Ausgangspunkt wiederum für alle nachfolgenden Praxen, indem sie den Raum definiert, in dem diese Praxen sich ereignen. Dies ist die zweite Phase des Zyklus. Einschreibung der Praxen in die Technik und Zurückschreiben der Technik in die Praxen." [22]

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Das gilt v.a. auch und gerade für Hypertext. Es ist ein Medium, das in seinen technologischen Grundlagen als auch in seiner sozialen und kulturellen Nutzung weiterhin in einer Entwicklungsphase steckt. [23] Es reicht eben nicht aus, sich geruhsam zurückzulehnen, und darauf zu warten, dass die Eigendynamik der normativen Diskurse oder eine mediale Geisterhand zu einer massenhaften Verbreitung und einem kreativen Gebrauch von Hypertext (in der Geschichtswissenschaft) führt. Die primäre Intermedialität des Buchdrucks zeigt zwar, dass gerade einzelne auf die Druckerpresse projizierte Hoffnungen zu Normen und Leitbildern wurden, von denen eine Sogwirkung ausging, die die Durchsetzung des typographischen Mediums in kaum überschätzbarer Weise beflügelte. Der Wert bzw. die Funktion der primären Intermedialität liegt denn auch in der Produktion von Leitbildern, die jedoch auf fruchtbaren Boden fallen müssen, um sich realisieren zu lassen. (Im Falle des Buchdrucks setzte sich dieser Boden durch mehrfache Elemente zusammen: die sich rasch perfektionierende Technik, der aufkommende Frühkapitalismus, die Schaffung von Absatzmärkten, die Dynamik der Reformation, steigende Alphabetisierungsraten usw.).

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Die bloße diskursive Inszenierung reicht nicht aus, damit sich ein Medium durchsetzen kann. Mediale Utopien können sich nicht halten, wenn sie sich in einer empirischen Welt beständig diskreditieren. Eine Technik, die nicht eingesetzt wird, die nicht Fuß fassen kann, wird keine gesellschaftlichen, kulturellen oder wissenschaftlichen Effekte zeitigen.

Eine Technik muss in einem ersten Schritt funktionierend entwickelt werden und lohnend für eine kritische Masse sein; sie ist angewiesen auf "Technostrukturen" – also auf eine Infrastruktur, die ihren Einsatz einfach und gewinnbringend macht. Gernot Böhmes berühmter Autovergleich besitzt hier volle Geltung: Demnach ist ein Auto nur leistungsfähig im Zusammenhang des Straßennetzes, des Netzes an Tankstellen, der Servicestationen, des Systems der Versicherungen, Rechtsordnungen. Außerhalb dieser Strukturen verendet das Auto schnell wie ein Fisch im Trockenen. Auch Medien brauchen diese Anschlusssysteme, sie müssen sich auf starke "Bündnispartner" stützen können, die Bedarf am neuen Medium anmelden und es aktiv in ihr bestehendes Informations- und Kommunikationssystem integrieren. Dann wird es auch zunehmend notwendig, jene Kulturtechniken zu beherrschen, die darauf abzielen, sowohl aus dem Medium Information zu beziehen als auch in dieses einzuspeisen. Erst dann auch erhält jenes Wissen, das sich für die Kommunikationssituation, die dieses Medium präferiert, zentralen Stellenwert, oder gar Hegemonie über andere Wissensformen. Ein Schlüsselmedium wäre geboren. [24]

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Das alles trifft für Hypertext in der Geschichtswissenschaft nicht zu. Für den Bereich der (Geschichts-)Wissenschaften ist weiterhin das Buch das zentrale Referenz- und Darstellungsmedium. Um mit dem eingangs zitierten Mönch zu sprechen – das gedruckte Wort bleibt in der Rolle der Stimme der Weisheit. Hypertext ist allenfalls Kür, nicht Pflicht. Er zeitigt demgemäß bis dato keine signifikanten Effekte auf den Wissenschaftsbetrieb. [25] Die Gründe sind vielfältig. Um nur einige stichwortartig zu nennen: Weiterhin bestehen technische Hemmschwellen, die WissenschafterInnen davon abhalten, im großen Ausmaße Hypertext zu produzieren, ihr Wissen hypertextuell zu verhandeln. Die "Kosten" hierfür scheinen zu groß, der Anreiz zu klein. Hypertext – will er kohärente Netzwerkerzählungen anbieten und nicht zu einer Textabwurfstelle geraten – ist entgegen aller Vorurteile nicht einfach und billig. [26] Die Initiierung von Hypertextprozessen, die über eine bloße "Verdoppelung von Text" hinaus geht und medienspezifische Vorteile nutzen möchte, erfordert nicht nur viel Zeit und Energie sondern auch Medienkompetenz, besser: Medienkreativität, ein wenig technisches Verständnis – zuweilen auch gute Nerven. Erfahrungen von Hypertext-ProduzentInnen und -RegisseurInnen legen davon vielfach Zeugnis ab. [27]

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Die Böhmschen Technostrukturen sind nicht ausreichend ausgebildet bzw. werden nur wenig wahrgenommen. Dasselbe gilt für Bündnispartnerschaften, Anschluss- und Anreizsysteme. HypertextautorInnen bzw. –initiatorInnen genießen vergleichsweise wenig "soziale Prämierung" innerhalb einer scientific community. In diesem Zusammenhang ist es geradezu bezeichnend, dass Hans Ulrich Gumbrecht seinen Hypertext zum Jahr 1926 in Buchform gießt. [28] Mit einer Ausgabe bei suhrkamp lässt sich offensichtlich nicht nur mehr und einfacher verdienen, als mit einem (offenen) Hypertext im WWW, sondern das in traditionelle Kanäle eingespeiste Werk findet auch besseren Anschluss an den Wissenschaftsbetrieb.

Soll die Geschichtswissenschaft Hypertext als Produktions- und Darstellungsmedium ihrer Erzählungen und Diskurse demnach ad acta legen? Bevor dies geschieht, sei zumindest nochmals an Potenziale erinnert, die sich in den wenigen ernst gemeint Hypertextversuchsanordnungen der Geschichtswissenschaft gezeigt haben. Es sind Potenziale, die sich zwar fernab von Heilsversprechungen positionieren, nichts desto trotz gerade auf geschichts- und mediendidaktischen Gebiet nicht zu marginalisieren sind. Am Beispiel eines Hypertext-Projektes zum 16. Jahrhundert, www.pastperfect.at, sei dies abschließend kurz veranschaulicht.

Begehbare Multiperspektivität: Geschichte als Netz

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Hypertext agiert(e) nicht lediglich lautstark auf dem Feld der "diskursiven Inszenierung", einige Projekte, vor allem jene jüngeren Datums, zeigen klar, dass sich mit Hypertext verbundene Ideale – wie etwa das der freien, offenen Kooperation – technisch wie sozial in größerem Maßstab verwirklichen lassen. Wikipedia, das hypertextuelle, kooperativ wachsende Online-Lexikon, sei hier genannt. Freilich: Wie jedes Lexikon hat dies mit Wissenschaft im engeren Sinn, ihren langen Argumentationsketten und forschenden Theorie-Erzählungen, nur marginal zu tun; es dient ihr höchstens als Basis, in diesem Fall dem strukturierteren Einstieg in die Online-Suche. [29]

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Ein anderes, wenn auch viel kleineres Hypertext-Projekt zum 16. Jahrhundert, www.pastperfect.at , fokussiert Potenziale für die Rezeption der historischen Erzählung und sei abschließend noch skizziert. Ziel war es, auf Basis der Potenziale eines "Hypertext-Netzwerkes” europäische Geschichte der Frühen Neuzeit perspektivenreich für ein breites Publikum zu erzählen. Mehr als 600 Originalbeiträge von etwa 60 AutorInnen, die auf das verwendete Hypertextmodell abgestimmt sind, bilden hierfür die inhaltliche Basis. Durch dieses Netz führt nun nicht mehr ein durch eine/n AutorIn präfigurierter Argumentationsstrang – Lesende, Stöbernde sind vielmehr dazu aufgerufen, sich von einer kohäsiv geschlossenen Informationseinheit zu einem der jeweils verknüpften Knoten zu bewegen; je nach Assoziation und Interesse können Kohärenzstrukturen, "rote Fäden" zwischen den Informationseinheiten aufgebaut werden. Gefordert sind freilich ausdauernde LeserInnen, die sich selektierend durch das Netz bahnen und die "informationellen Einheiten" zu eigenen Geschichten und kohärenten, in sich stimmigen Erzählungen verknüpfen und zu argumentieren wissen.

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Erfahrungen mit SchülerInnen und Studierenden, die pastperfect.at im Unterricht anwendeten, zeigen, dass dies Früchte tragen kann. So erzählen UserInnen am Ende einer Lesereise durch pastperfect.at – selbst wenn sie mit dem gleichen Text begonnen haben – je andere Geschichten. Da sie unterschiedlichen Pfaden durch die Website gefolgt sind, stellen sie unterschiedliche zeitliche, räumliche, personen- und begriffsbezogene sowie thematisch-kausale Bezüge her. Indem unterschiedliche Pfade und unterschiedliche Zusammenhänge zwischen den Informationseinheiten erzählt werden, treten auch unterschiedliche Blickwinkel und Perspektiven auf die Vergangenheit klar zu Tage. Die Bedeutung und Sinnhaftigkeit des Nebeneinanders unterschiedlicher wissenschaftlicher und "persönlicher" Zugänge wird durch die vorher beim Reisen durch pastperfect.at entstandenen Geschichten, die in sich Sinn ergaben, anschaulich und verstehbar gemacht. Die Unterschiedlichkeit wird infolge dessen nicht (mehr) als "lästig", "unverständlich" oder Ausdruck mangelnder Wissenschaftlichkeit – "es kann doch nur ein Ergebnis richtig sein…!" – verstanden, sondern als produktiver kulturwissenschaftlicher Ansatz, der weiter reichende Erkenntnisse ermöglicht als jeder monokausale Schematismus. Die Konfrontation unterschiedlich durchlaufener Wege durch pastperfect.at macht spielerisch mit dem grundlegend diskursiven und prozessualen Charakter der Geschichtswissenschaften vertraut(er). [30]

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Hypertext, der die ästhetisch-didaktischen Inszenierungsmöglichkeiten am Interface nicht vernachlässigt, kann das Netzwerk an argumentativer Vielstimmigkeit augenfällig abbilden; er bietet zudem wachsenden Kollektiven einen Raum, in dem sie sich ausbreiten und vernetzen können und das in ein und derselben Publikationsumgebung. [31] Gleichzeitig kann Hypertext die entstehende Multiperspektivität rezipierbar halten, sie "begehbar" machen. Als Erfahrungsraum für "Perspektivenvielfalt und Heterogenität" [32] vergegenständlicht Hypertext die vernetzte Wissenschafts- und Diskurslandschaft. Hypertext kann in didaktischer Absicht helfen, sich vergangene Wirklichkeit vielmehr als dicht verwobenes Netz vorzustellen, und nicht als rein chronologische Abfolge von "wichtigen" Ereignissen, die in Richtung Gegenwart und Zukunft streben. Hypertexte ohne Zentrum können mit dem Bild brechen, dass die Geschichte einen zentralen Motor hat, der sie bewegt, dass sich Geschichte auf eine Erzählung hinunter brechen lässt. Hypertext lässt Ambivalenzen Raum, er drängt zu keinem Ende, keiner Conclusio, – er lässt Platz für kommende Geschichten. Die prinzipielle Anerkennung von Differenz und Ambivalenz führt dazu, dass eine "Vielheit von Wahrheiten" [33] entdeckt werden kann, Wahrheiten/Geschichten, die mit- und nebeneinander Geltung haben. So gesehen lässt sich mit Hypertext im Kleinen gegen Strukturen von "großen Erzählungen" revoltieren. In der Tat also scheinen sich einige bereits im Zuge der "primären Intermedialität" artikulierten Potenziale von Hypertext für die Geistes- und Kulturwissenschaften realisieren zu lassen.

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Zweifellos käme es einem Schattenboxen gleich, dies erst mithilfe von Hypertext realisiert zu sehen. Längst haben sich diese epistemologischen Prämissen in der akademischen Welt verfestigt. Zweifellos auch können perspektivische Bahnen in monosequenzierter Buchform erzählt werden. Gerade aber für den (hoch-)schulischen Unterricht, an der Schnittstelle von Geschichts- und Mediendidaktik, bieten sich vielerlei Einsatzmöglichkeiten. [34] Nicht zuletzt bietet Hypertext einem AutorInnenteam zahlreiche technische Möglichkeiten, die in alle Richtungen ausgreifenden "Kohärenzcluster" [35] bei ihrem Wachstum zu unterstützen und "begehbar" zu machen. Erzählgerüste, also Theoriekonstruktionen können sich in der Architektur von Hypertext, die wichtiger Teil seines Inhaltes ist, wieder finden. Er drängt das Produktionsteam dazu, sich über Begrifflichkeiten und Konzeptionen zu verständigen, er regt Kommunikation an, weil er die Versprechung in sich trägt, vor sich hin wuchernde Assoziationen auch abbilden zu können. Es soll nicht Schlimmeres geschehen, als dass dadurch das persönliche Gespräch, ein Diskurs von Angesicht zu Angesicht gestärkt wird, – unter allen fein ziselierten mediendidaktischen Modellen und Methoden bleibt die face-to-face-Kommunikation weiterhin ein Schwergewicht. [36]

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Ein letzter Punkt: Die "Pragmatik des Links" führt dazu, dass Texte tatsächlich aufeinander treffen, im Gegensatz zur Fußnote ist ein Link nicht eine Referenz, eine Anspielung, sondern ein tatsächliches Sprungbrett: Jean François Lyotard nennt die Fähigkeit, das "zusammen zu artikulieren, was nicht zusammen war", schlicht Phantasie – ein Phantasie, die es erlaubt auf dem Spielfeld Wissenschaft einen neuen Spielzug durchzuführen. "Die Geschwindigkeit ist eine ihrer Eigenschaften." [37] Durch die bequeme, konkrete und temporeiche Pragmatik des Links, die "Poetik des konkreten Transports" [38], hat Hypertext zwar kein ausschließliches Pachtrecht darauf, sich als singuläre Phantasieankurbelungsmaschine am medialen Markt zu gebärden, hervorragende mediale Möglichkeitsbedingungen sind dafür allerdings gegeben. www.pastperfect.at hat allein 78.000 solcher potenzieller Phantasieanreger namens Links: wenn nur ein geringer Prozentsatz dazu tatsächlich anleitet, ist bereits viel gewonnen, nicht zuletzt ein Mehr an "narrativer Kompetenz".

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Das sind freilich lediglich Potenziale, eher im Sinne von möglichen Zukunftsaufgaben und Herausforderungen an die eigene Zunft, denn Vorhersagen von Trends. Denn all das ist freilich nicht vorprogrammiert, diese Potenziale erfüllen sich weder automatisch noch wie von medialer Geisterhand. Es reicht nicht aus, Informationen ins Netz zu hängen und zu warten bis sich RezipientInnen etwa Diskursivität abholen. Alle am Hypertext Beteiligten, sowohl HypertextdramaturgInnen, AutorInnen und LeserInnen müssen angesichts von Hypertext Herausforderungen meistern und sich auf Experimente einlassen. Gerade was die Präsentation und Erzählung von (geschichtswissenschaftlichen) Inhalten betrifft, ist Hypertext weit davon entfernt, erschöpfend erprobt zu sein. Das ist durchaus positiv zu sehen, zumal es den Raum für experimentelle Gestaltungsspielräume weit öffnet. HistorikerInnen selbst sind also aufgefordert, diese Räume mitzubestimmen und Entscheidungen nicht auszulagern – damit ist auch eine Gunst der Stunde benannt: Nämlich nicht nur Inhalte zu produzieren, sondern auch das Medium selbst mitzugestalten.

Abbildungen

Abb.1
www.pastperfect.at : Erfahrungsraum für "Perspektivenvielfalt und Heterogenität"

Autor:

Dr. Jakob Krameritsch
Akademie der bildenden Künste Wien
Schillerplatz 3
A-1010 Wien
j.krameritsch@akbild.ac.at



[1] Werner Rolevinck: Fasciculus temporum, Straßburg (Prysz), 1488, Blatt 89b in der Übersetzung von Hans Widmann: Der deutsche Buchhandel in Urkunden und Quellen, 2 Bde., Hamburg 1965. hier: Bd. 1, 18. hier zit. nach: Michael Giesecke: Der Buchdruck in der Frühen Neuzeit. Eine historische Fallstudie über die Durchsetzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, 2. Aufl., Frankfurt a. M. 1998, 147ff.

[2] Zur Einführung siehe: Rainer Kuhlen: Hypertext. Ein Medium zwischen Buch und Wissensbank, Berlin 1991 und Stefan Iske: Vernetztes Wissen. Hypertext-Strukturen im Internet (= Norbert Meder (Hg.): Wissen und Bildung, Bd. 5), Bielefeld 2002.

[3] Vgl. Angelika Storrer: Kohärenz in Text und Hypertext, in: Henning Lobin (Hg.): Text im digitalen Medium. Linguistische Aspekte von Textdesign, Texttechnologie und Hypertext Engineering, Wiesbaden 1999, 33-65.

[4] Monosequenzierte Texte: Hier plant die/der Autor/in einen thematisch kontinuierlichen Leseweg. Diese Texte sind auf eine vollständige Lektüre von Anfang bis zum Ende auf dem von der/vom Autor/in gelegten Pfad ausgerichtet. Die Textsegmente lassen sich nicht ohne Risiko für das Verständnis umstrukturieren oder austauschen.

Mehrfachsequenzierte Texte sind nicht mehr auf eine Lektüre von Anfang bis Ende ausgelegt. Es gibt verschiedene Lesewege, aus denen die LeserInnen diejenigen auswählen, die ihrem Vorwissen und ihrem aktuellen Informationsbedarf am besten entsprechen. Diese Texte sind also darauf ausgerichtet, ein bestimmtes Thema so abzuhandeln, dass der Text zu verschiedenen Zwecken je abschnittsweise gelesen werden kann.

Unsequenzierte Texte können ohne Schaden für das Verständnis in gänzlich beliebiger Abfolge gelesen werden. Der Einstieg kann frei gewählt werden und von diesem ausgehend einem Lesepfad gemäß dem eigenem Interesse gefolgt werden. Unterstützend hierfür sind die Textbausteine meist durch Verweise miteinander verknüpft. LeserInnen können sich so „kreuz und quer“ durch die Materie bewegen, vgl. Storrer: Kohärenz. (wie Anm. 3).

[5] Theodor Holm Nelson: A file structure for the complex, the changing and the indeterminate. in: Association for Computing Machinery (ACM) Proceedings 20. New York 1965. 84-100, hier 96.

[6] George P. Landow: What's a Critic to Do? Critical Theory in the Age of Hypertext, in: ders (Hg.), Hyper/Text/Theory, London/Baltimore 1994, 1-47, hier 14.

[7] Christiane Heibach: Literatur im elektronischen Raum, Frankfurt a. M. 2003.

[8] Stuart Moulthrop: In the Zones. Hypertext and Politics of Interpretation, unter URL: http://iat.ubalt.edu/moulthrop/essays/zones.html (Februar 1989).

[9] George P. Landow: Hypertext 2.0. Being a revised, amplified edition of Hypertext: The Convergence of Contemporary Critical Theory and Technology, Baltimore/London 1994, 2.

[10] Jay D. Bolter: Writing Space. Computers, Hypertext, and the Remediation of Print, Mawhah/New Jersey 2001, 204.

[11] Robert Coover: Goldene Zeitalter. Vergangenheit und Zukunft des literarischen Wortes in den digitalen Medien, in: Text+Kritik. Digitale Literatur. 152 (2001), 25; vgl. dazu Rainer Kuhlen: Informationsethik. Umgang mit Wissen und Information in elektronischen Räumen, Konstanz 2004, 133.

[12] Norbert Bolz: Am Ende der Gutenberg Galaxis. Die neuen Kommunikationsverhältnisse, 2. Aufl., München 1995.

[13] "Mit dieser These erhielt die Relativitätstheorie der Sprache, die auf Humboldt zurückgeht [...], eine neue, radikalere Form: als Relativitätstheorie der Medien. Nicht mehr die Sprache, in der wir denken, sondern die Medien, in denen wir kommunizieren, mobilisieren unsere Welt. Medienrevolutionen sind deshalb Sinnrevolutionen, sie re-modellieren die Wirklichkeit und schaffen eine neue Welt." Aleida Assmann / Jan Assmann, Schrift – Kognition – Evolution, in: Eric A. Havelock (Hg.): Schriftlichkeit. Das griechische Alphabet als kulturelle Revolution, Weinheim 1990, 2f.

[14] Vgl. Sybille Krämer: Das Medium als Spur und als Apparat, in: dies. (Hg.): Medien, Computer, Realität. Wirklichkeitsvorstellungen und Neue Medien, Frankfurt a. M. 1998, 83-94, hier: 83f.

[15] Im Unterschied zu Werkzeugen bzw. Maschinen, die lediglich als Instrumente zur Leistungssteigerung von Arbeit eingesetzt werden, wird hier von Medien insofern gesprochen, als wir mit diesen künstliche Welten erzeugen können, die neue Erfahrungen und Operationsweisen eröffnen, die ohne diese nicht zugänglich wären. "Nicht Leistungssteigerung, sondern Welterzeugung ist der produktive Sinn von Medientechnologie." Krämer: Medium (wie Anm. 14), 85.

[16] Siehe dazu beispielhaft: "Assoziations-Blaster": unter: URL: www.assoziations-blaster.de/ oder "snowfield": unter URL: www.art-bag.org/snowfields/

[17] Vgl. für ein aktuelles und facettenreiches Panorama über das Spannungsfeld digitaler Medien und Geschichtswissenschaft auch: Peter Haber: Geschichtswissenschaft im digitalen Zeitalter. Eine Zwischenbilanz, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 56 (2006)/ 2, 168-183, siehe dazu auch weitere Materialien unter: http://www.hist.net/haber/focus_m.html

[18] Marshall McLuhan: Die Gutenberg-Galaxis. Das Ende des Buchzeitalters, Düsseldorf 1968 und ders.: Die magischen Kanäle. Understanding Media, Düsseldorf u.a. 1992.

[19] Markus Krajewski: Zettelwirtschaft. Die Geburt der Kartei aus dem Geiste der Bibliothek, Berlin 2002.

[20] Rainer Leschke: Einführung in die Medientheorie, München 2003.

[21] Elisabeth Nemeth: Einleitung, in: Volker Thurm (Hg.): Wien und der Wiener Kreis. Orte einer unvollendeten Moderne. Ein Begleitbuch, Wien 2003, 9-16, hier 15.

[22] Hartmut Winkler: Die prekäre Rolle der Technik. Technikzentrierte versus 'anthropologische' Mediengeschichtsschreibung, unter URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/2/2228/1.html

[23] Heibach: Literatur (wie. Anm. 7), 22.

[24] Giesecke: Buchdruck (wie Anm. 1) und ders.: Von den Mythen der Buchkultur zu den Visionen der Informationsgesellschaft. Trendforschungen zur kulturellen Medienökologie, Frankfurt a. M. 2002.

[25] Michael Nentwich: Cyberscience. Research in the Age of the Internet, Vienna 2003.

[26] Jakob Krameritsch: Geschichte(n) im Netzwerk. Hypertext und dessen Potenziale für die Produktion, Repräsentation und Rezeption der (historischen) Erzählung, Münster 2006 (in Vorbereitung).

[27] Exemplarisch sei hier genannt: Richard S. Schifman/Günther Heinrich: Multimedia-Projektmanagement. Von der Idee zum Produkt, Berlin u. a. 2000. Ein über übliche Projekthandbücher hinausgehendes, weil Leistungen des Mediums stark reflektierendes Buch, das zudem an einem realisierten Projekt den Entwicklungsprozess dokumentiert, ist: Ursula Hentschläger / Zelko Wiener: Webdramaturgie. Das audio-visuelle Gesamtereignis, München 2002.

[28] Hans Ulrich Gumbrecht: 1926. Ein Jahr am Rand der Zeit, Frankfurt a. M. 2001.

[29] Vgl. Jan Hodel: Historische Online-Kompetenz. Überlegungen zu einem hybriden Kompetenzmodell. in: Peter Haber / Angelika Epple (Hg.): Vom Nutzen und Nachteil des Internets für die historische Erkenntnis Version 1.0 (= Geschichte und Informatik/Histoire et Informatique 15), Zürich, 139-161. vgl. dazu auch weitere Gedanken in Jan Hodels Weblog unter URL: http://hodel-histnet.blogspot.com/ .

[30] Jakob Krameritsch / Wolfgang Schmale: www.pastperfect.at Didaktische Potenziale des Schreibens und Lesens von Hypertext, in: Arthur Mettinger / Petra Oberhuemer / Charlotte Zwiauer (Hg.): eLearning an der Universität Wien. Forschung – Entwicklung – Einführung, Münster 2006. 284-304.

[31] Vgl. dazu auch Nentwich: Cyberscience (wie Anm. 25), hier: 270ff. Nentwich skizziert das Bild von fünf zukünftig möglicher CMS-gestützter Kooperations- bzw. Hypertextszenarien.

[32] Susanne Gudowius: And the winner is … Der Mediendidaktische Hochschulpreis, in: Achim Zechner (Hg.): E-Austria-Guide. E-Government, E-Learning, E-Health, E-Business, Wien 2005, 89-101.

[33] Wolfgang Welsch: Unsere postmoderne Moderne, 5. Aufl., Berlin 1997, 33.

[34] Vgl. Wolfgang Schmale: E-Learning Geschichte, Wien 2006 (in Vorbereitung).

[35] Wolfgang Schmale: Kulturtransfer und der Hypertext der Geschichte, in: Helga Mitterbauer / Katharina Scherke (Hg.): Ent-grenzte Räume. Kulturelle Transfers um 1900 und in der Gegenwart, Wien 2004, 215-226, hier 224.

[36] Martin Gasteiner / Jakob Krameritsch: Freiraum Hypertext? Oder: Die Überwindung des Eindimensionalen, in: Ullrich Dittler / Michael Kindt / Christine Schwarz: Online Communities als soziale Systeme, Münster 2007 (in Vorbereitung).

[37] Jean François Lyotard: Das postmoderne Wissen. Ein Bericht, Wien 1994, 152. Vgl. dazu auch Niklas Luhmanns berühmte Reflexionen über seinen Zettelkasten: Niklas Luhmann, Kommunikation mit Zettelkästen. Ein Erfahrungsbericht, in: ders.: Universität als Milieu. Kleine Schriften (hg. von André Kieserling), Bielefeld 1992, 53-61.

[38] Heiko Idensen: Schreiben/Lesen als Netzwerk-Aktivität. Die Rache des (Hyper-)Textes an den Bildmedien, unter URL: www.hyperdis.de/txt/alte/rache.htm .

Empfohlene Zitierweise:

Jakob Krameritsch : Herausforderung Hypertext , in: zeitenblicke 5 (2006), Nr. 3, [2006-12-03], URL: https://www.zeitenblicke.de/2006/3/Krameritsch/index_html, URN: urn:nbn:de:0009-9-6516

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