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Restauratorische Untersuchungen an Schloss Schönhausen wurden vor und während der Baumaßnahmen parallel zur Bauforschung durchgeführt. Restauratoren und Bauforscher haben dabei ein Gebäudebuch erarbeitet, in dem alle Ergebnisse ihrer Befunderhebungen, Forschungen und Analysen zusammengefasst sind.

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Bei den anfänglichen Rückbau- und Abbrucharbeiten an der Fassade wurden die erst in den 1980er Jahren hinzugefügten Elemente wie zum Beispiel der Sockel aus Granitplatten, die Sandsteinfensterbänke, die als Ersatz für die Putzquaderung angesetzten Waschbetonplatten und der bis zum Beginn der Sanierungsarbeiten allerhand verdeckende “Glaskröselputz“ entfernt. Zur Wiederherstellung der Wasserdampfdiffusionsfähigkeit wurden große Teile des Fassadenmauerwerkes freigelegt.

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Anhand des Schichtenaufbaus war zu erkennen, dass nicht die gesamte Fassade im 20. Jahrhundert neu verputzt wurde. Größere Bereiche bauzeitlicher Pilaster und Gesimse und fast der gesamte Putz des gartenseitigen Mittelrisalits waren unter den vielen Renovierungsschichten erhalten geblieben. Es war deshalb von Beginn der Sanierung an das Ziel, nicht den gesamten Putz zu entfernen, sondern Teilbereiche zu erhalten.

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Aus den Befunden wurden Farbentwürfe, Probeflächen für Putz- und Farbmuster angelegt und auf der Fassade umgesetzt. Die Fassade wurde überwiegend in Freskotechnik hergestellt, das heißt Kalkfarbe in Handausmischung in den frischen Kalkputz gestrichen.

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Bei den Untersuchungen im und am Gebäude wurden durch Bauforscher und Restauratoren alle erkennbaren Bauphasen dokumentiert und in Pläne eingetragen. Die erste für Schönhausen erwähnte Bautätigkeit am Schloss in der Zeit um 1662, also der Zeit der Errichtung des “Petit Palais“ der Gräfin zu Dohna, ließ sich am Gebäude nicht nachweisen. Die neuen Befunde im Gebäude stimmen überein mit einer Grundrisszeichnung des französischen Architekten und Kupferstechers Jean-Baptiste Broebes, deren Richtigkeit bisher angezweifelt wurde. Sie zeigt das Königliche Schloss Anfang des 18. Jahrhunderts.

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Reste der Ofenöffnung in der damaligen Ostwand des Flures (jetzt Teil des Treppenhauses) kamen bei der Freilegung eines Versorgungsstranges zum Vorschein. Schon um 1700 wurden beim Einbau von neuen Kaminen die nicht mehr benötigten Heizöffnungen zugesetzt, teilweise entfernt und überputzt.

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Zu Beginn des 18. Jahrhunderts erfolgte ein Umbau im Innern des Hauses. Es entstand ein Festsaal, der sich über drei Geschosse erstreckte. Zu dieser Zeit wurden die großen, mit Marmorimitation gefassten Sandsteinkamine an der Westwand des jetzigen Gartensaales eingebaut. Ebenfalls aus dieser Phase stammen noch drei der ursprünglich vier Zimmerdecken im ersten Obergeschoss. Diese frühen Stuckdecken wurden bei Renovierungsarbeiten im 20. Jahrhundert stark überarbeitet, die Putzflächen vollkommen erneuert und der plastische Dekor geglättet.

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Vor dem Einzug Königin Elisabeth Christines in Schönhausen 1740 wurde das kleine Schloss neu dekoriert. Zunächst geschah dies direkt auf dem Putz. So wurden beispielsweise in dem damals noch über drei Geschosse reichenden Festsaal die Wände mit Architekturmalerei versehen, um dem hohen und dunkel dekorierten Saal schnell ein frisches, modernes Aussehen zu verleihen.

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Es kamen auch Dekorationsformen mit höherem Gestaltungs- und Qualitätsanspruch zur Ausführung. In diesem Fall handelt es sich um eine Malerei, deren gemalte Lichtreflexe mit Gold angelegt sind.

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In den Räumen neben dem Festsaal wurden in dieser ersten Phase der Ausgestaltung zum Sommersitz der Königin sowohl einfache Flächendekors als auch sehr filigrane florale Gestaltungen direkt auf den Putz gemalt. Seither wurden die meisten Räume vertäfelt. Die später angebauten Wandvertäfelungen und Spiegel verdeckten diese Fassungen bis heute. Die im Haus noch vorhandenen Vertäfelungen, Türen und Fenstertürläden waren im 18. Jahrhundert farbig gefasst. Leider wurden die ursprünglichen Kreidegrund-Fassungen bei den Renovierungen im 20. Jahrhundert mit Wasser nahezu vollständig entfernt. Eine Ausnahme bildeten lediglich einige Holzbauteile des Gartensaales. Dieser Raum ist bei der Renovierung in den 1930er Jahren geschont worden, weil man die zum Teil profilierten Vertäfelungen mit Pappe überklebt und mit Leinwand bespannt hat. Unter den vielen Schichten Stoff, Pappe und Holzleisten haben sich an der Fensterwand und an den Supraporten die Farbfassungen des späten 18. Jahrhunderts erhalten. Das Foto zeigt einen probeweise freigelegten Spiegelrahmen der Kaminachse in seiner polychromen Erstfassung. Später aufgebrachte Vergoldungen (gegebenenfalls Versilberungen) stammen bei allen (30 Stück) noch erhaltenen Spiegelrahmen des Hauses erst aus dem 20. Jahrhundert.

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In dieser ersten, skizzenhaften Darstellung der Westwand werden als Resultat aus Restaurierung und Rekonstruktion die Farbverteilung und die Raumwirkung simuliert. Die an den Fensterpfeilern und Supraporten noch erhaltene Dekorationsmalerei müsste an den nachgebauten Paneelen, Türen, Fenstertürläden und an den Kaminachsen wiederholt werden.

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Mit Ausnahme zweier stuckierter Säle im Obergeschoss oder der vertäfelten Zimmer waren die Wände der meisten Schlossräume im späten 18. Jahrhundert mit Papiertapeten versehen. Im Depot hat sich die Tapete der Vorkammer zum Audienzzimmer erhalten. Diese soll nach der Restaurierung wieder an die alte Stelle zurückkehren und würde zusammen mit zwei Supraporten, den Spiegelrahmen und einer sparsamen Möblierung einen relativ authentischen Raumeindruck vermitteln.

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Von der hier im Spiegel fotografierten Print-Room-Tapete sind Fragmente unterschiedlicher Größe erhalten. Die ursprünglich aufgeklebten Landschaftsbilder wurden vermutlich in den 1930er Jahren aus den Tapetenflächen herausgetrennt und gelangten ins Depot. Wünschenswert ist die Anbringung der Fragmente im Raum, wobei hierfür zunächst die Art der Präsentation und eine darauf abgestimmte technische Lösung gefunden werden müsste.

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Die innenliegenden Wandoberflächen derjenigen Ausstellungsräume, aus denen keine Wanddekoration erhalten ist, sollen eine mit Papier tapezierte und mit Leimfarbe gestrichene Leinwand-Bespannung erhalten. Auf diese Weise sollen die Wandoberflächen zumindest materialgerecht wieder hergestellt werden.

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Die nach 1763 entstandene Zederngalerie an der Südseite des Schlosses ist nach den vielen Überarbeitungen im 20. Jahrhundert nicht mehr in einen früheren Zustand zurückzuversetzen. Die Fensterwände bestehen überwiegend noch aus dem Material des 18. Jahrhunderts; hier besteht großer Bedarf an konservierenden Maßnahmen. Zwei Säle im Obergeschoss des Gebäudes stechen durch ihre Gestaltung, aber auch durch Vollständigkeit und Dichte ihrer erhaltenen Substanz im Verhältnis zu den übrigen Räumen des Gebäudes besonders hervor. Die über der Zederngalerie befindliche Marmorierte Galerie ist ein Stuckmarmorensemble, dessen Wandflächen noch vor kurzem vollständig mit diversen Öl- und Dispersionsfarbschichten überfasst waren. Eine vorsichtig gereinigte Teilfläche des Stuckmarmors lässt erahnen, wie sich die Wandoberflächen nach der Restaurierung präsentieren könnten.

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Hauptsächlich aus konservatorischen Gründen ist es unbedingt erforderlich, die diffusionsdichten Dispersionsfarbanstriche von den Stuckaturen zu entfernen. Probefreilegungen haben ergeben, dass die hochempfindlichen Stuckarbeiten nur sehr schwer von diesen Überstrichen getrennt werden können. Der nach wie vor extrem wasserempfindliche Antragstuck kann deshalb nur mit einem sehr hohen manuellen Aufwand von seiner Plastikhaut befreit werden. Die äußerst filigranen Stuckarbeiten werden Johann Michael Graff zugeschrieben, der im Anschluss an die Arbeiten in Schönhausen ab 1765 einen weitaus größeren Auftrag vom kurländischen Herzog Ernst Johann in Schloss Rundale im heutigen Lettland erhielt.

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In seiner Einzigartigkeit nach wie vor erlebbar ist der Festsaal im ersten Obergeschoss – obwohl auch hier durch diverse Überfassungen die eigentliche Qualität der Stuckarbeiten im Verborgenen bleibt. Die Befunde zu Decke, Volute und Wänden belegen eine vollkommen andere Farbfassung als die jetzt sichtbare. Die Farbskizze zeigt die Gestaltung nach den Erkenntnissen der Fassungsuntersuchung. Die freigelegten Stuckmarmor-, Stuck- und Putzoberflächen bezeugen die äußerst hohe Qualität des Originals und bestärken die Notwendigkeit einer Freilegung und Restaurierung.

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Wie die Fußbodenbeläge der oberen Etagen wurde auch das Parkett des Festsaales zum Zwecke der Dekontaminierung der Deckenbalken aufgenommen. Dabei konnte ein bisher nur in Texten überlieferter Zustand anhand von Befunden an der Wand bestätigt werden. Die im Gartensaal auf den Putz gemalten, kannelierten Pilaster sind auch im Bereich des Streichbalkens der Geschossdecke nachweisbar, sie reichten also bis in das Obergeschoss. Damit ist der Nachweis für die Existenz des sich über drei Geschosse erstreckenden Saales erbracht.

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Eine der letzten Ergänzungen des Gebäude geschah 1935 in einer Phase, in der unter dem Baurat Erich Schonert eine Decke aus dem “Hohen Hause“, der alten markgräflichen Residenz in Berlin (in der Klosterstraße), gerettet und im Schloss Schönhausen eingebaut wurde. Dafür ist das boisierte Eckkabinett mit den sogenannten “watteauschen“ Szenen in das Obergeschoss “gewandert“ und wurde nun zur reinen Dekoration “degradiert“. Das ebenfalls von einer Decke aus dem “Hohen Hause“ stammende kurfürstliche Stuckwappen hängt seit 1964 am Kamin im Kabinett neben dem Gartensaal. Nun schon an seinem zweiten Platz in Schönhausen, soll, wenn aus denkmalpflegerischen und restauratorisch-handwerklichen Gründen nichts dagegen spricht, das Wappen noch einmal seinen Standort wechseln und in dem Raum mit der reichen Stuckdecke gezeigt werden.

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Autor

Thomas Tapp, Diplom Restaurator (FH)
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin – Brandenburg
Abteilung Restaurierung, Fachbereich VI 3:
Architekturfassung/Wandbild für die Berliner Schlösser (außer Glienicke)
und die Schlösser Paretz und Caputh
e-mail: th.tapp@spsg.de

Empfohlene Zitierweise:

Thomas Tapp : Ergebnisse der restauratorischen Voruntersuchung des Schlosses Schönhausen und erste Schritte zur Umsetzung eines Restaurierungs- und Farbkonzeptes , in: zeitenblicke 7 (2008), Nr. 1, [05.06.2008], URL: https://www.zeitenblicke.de/2008/1/tapp/index_html, URN: urn:nbn:de:0009-9-13576

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