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Zeugung und Schwangerschaft als Dokufiktion

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Im März 2005 lief unter dem Titel “Life before Birth – In the Womb” ein Dokumentarfilm im amerikanischen Fernsehen (National Geographic Channel), der in knapp zwei Stunden die Geschichte eines Mädchens, von der Zeugung bis zu seiner Geburt, erzählte. [1] Dank neuester Entwicklungen des 3-D und 4-D Ultraschalls und mithilfe von Computeranimationen, so hieß es im Vorspann, könne man nun in Farbe und Stereo die phantastische Reise des Menschen vor seiner Geburt erleben. In der Tat, eine fiktive Kamera macht den Zuschauer zum Zeugen der Penetration einer Eizelle durch ein Spermium. Er begleitet die Blastozyste auf ihrem Weg durch die Eileiter, beobachtet ihre Einnistung in der Gebärmutterschleimhaut, wie sich die Nervenzellen bilden, das Rückenmark, das Herz, das Gehirn. Kontinuierlich wächst der Embryo zum Foetus, entwickelt Verhalten, schmunzelt, schläft, träumt und schneidet Grimassen. Biologische Mikrowelt und soziale Makrowelt werden miteinander verschmolzen. Szenen “erlebter“ Schwangerschaft (Frau unter der Dusche, Gebärende und Hebamme im Kreissaal) wechseln sich mit Bildmaterial über zell- und organbiologische Entwicklungen ab. Auf der sozialen Ebene ist die Rahmenhandlung individualisiert. Erzählt wird die Geschichte einer konkreten Schwangerschaft, die in einer spektakulär inszenierten Geburt endet. Der Zuschauer kann zwischen der Perspektive der kreißenden Mutter und derjenigen des noch im Uterus gefangenen, aber fertig entwickelten Kindes hin und her wechseln. [2] Fast ebenso dramatisch ist eine Filmsequenz über eine Operation am offenen Uterus, eine sogenannte “keyhole surgery“. Im Moduswechsel zwischen Alltagsszenen und der Animation betont ästhetisierter, biomedizinischer Fakten bietet der Film eine vielschichtige und phantasiereiche Wahrnehmungs- und Rezeptionsform bekannten Wissens.

Abb. 1

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Der Erfolg dieser preisgekrönten filmischen Inszenierung hat die weltweit größte, in 170 Ländern aktive Non-Profit-Organisation der Wissenschaftsvermittlung, die National Geographic Society, dazu bewogen, zwei weitere Filme nachzulegen und ebenfalls als DVD zu vermarkten. [3] Ein Film informiert in gleichem Stil über Säugetiere, genauer gesagt über die Geburt eines Golden Retrievers, eines Elefanten und eines Delphins; der zweite konzentriert sich auf Zwillings-, Drillings- und Vierlingsschwangerschaften. Die drei mittlerweile als Paket auch auf Deutsch vorliegenden DVD’s führen auf avancierteste Weise vor, was weltweit von Fernsehsendern und Filmproduzenten ausgestrahlt wird, [4] in Bildbänden und in Museumsausstellungen zweitverwertet wird und im Internet zirkuliert. Zwischen dem Innen und dem Außen des menschlichen Körpers, dem Leben vor und nach der Geburt oder dem Ganzen und seinen Teilen, so die Botschaft, gibt es keine Grenzen mehr. Alle natürlichen Barrieren in Raum und Zeit sind überwunden; die Transparenz des menschlichen Körpers ist vollkommen.

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Was sich im Körper einer Schwangeren abspielt, eignet sich fortan für spielerische Inszenierungen und verschiedenste Filmformate. Schon der Vorführungskontext zeigt, dass die bislang existierenden Filme nicht klinisch oder didaktisch, sondern unterhaltend angelegt sind. Weder sollen sie der medizinischen Diagnostik dienen, noch geben sie sich den Anschein einer nüchtern-sachlichen Populärwissenschaft. Wir haben es hier nicht mit Lehrfilmen im klassischen Wortsinn zu tun, sondern mit fiktional-dokumentarischen Digitalfilmen, die den kometenhaften Aufstieg einer kapitalkräftigen und experimentierfreudigen Popular - Science - Branche widerspiegeln. Seit den 1990er Jahren konnte diese im Big Business der Massenmedien zunehmend Marktanteile gewinnen. Allen voran die beiden größten Medienunternehmen National Geographic Channel und Discovery Communication zeigen, dass sich auf dem hoch kompetitiven Dokumentarfilmmarkt Umwelt, Natur und Medizin besonders gut dafür eignen, auf unterhaltsame Art die neuesten technischen Möglichkeiten digitaler Bildbearbeitung vorzuführen. [5]

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Fernsehsendern und Produzenten ist es ein besonderes Anliegen, ihre Produkte als Dokumentarfilme verstanden zu wissen. Zu diesem Zweck dokumentieren sie die Zusammenarbeit mit Ärzten und medizinischen Institutionen und ergänzen die Ausstrahlung der Filme mit zusätzlichem Material. [6] Zugleich machen sie keinen Hehl daraus, dass die dargestellte Wirklichkeit eine mediale Wirklichkeit ist, ein Effekt der eingesetzten Techniken. Das Leben im Uterus sinnlich erfahrbar machen und die pränatale Entwicklung simulieren, so etwas können die im medizinischen Alltag eingesetzten Verfahren nicht leisten, sagen die Produzenten sehr offen. [7] Über die dazu notwendigen Produktionsressourcen (vom Exposé, Drehbuch bis hin zum Produktionsplan) sowie Kenntnisse im Umgang mit 3D-Animationssoftware, digitaler Bildbearbeitung, Schnitt, Compositing, Matchmoving, Vertonung und Authoring auf DVD verfügen nur Spezialisten. Zudem geht es um Filme im Spielfilmformat. Das medizintechnische Equipment liefert da bestenfalls die Rohdaten, die vom Filmemacher zu hyperrealen Bildern und fiktionalen Erzählungen umgearbeitet werden.

Problematische Indexikalität des digitalen Films

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Dass das neue Sujet der “virtuellen Schwangerschaften“ dennoch authentisch wirkt, ist angesichts der zum Einsatz kommenden Animationstechniken umso überraschender. Medientheoretische Reflexionen der vergangenen Jahre haben betont, dass es um die Indexikalität des digitalen Bildes/Filmes schlecht bestellt ist. War das Verhältnis zwischen äußerer und repräsentierter Wirklichkeit schon bei “konventionellen“ Visualisierungstechniken stets problematisch, so hat es im Zeitalter digitaler Medien weiter gelitten. Wie der Medienphilosoph Claus Pias ausgeführt hat, beruht dies auf der schlichten, aber oft übersehenen Tatsache, dass es im technischen Sinne ein digitales Bild gar nicht gibt. Der fundamentale Unterschied zwischen konventionellen und digitalen Bildwelten besteht darin, dass letztere nicht “Inhalte“ sondern “Daten“ anordnen und verknüpfen – Daten, die als numerische Bildelemente keinen Hinweis mehr auf Bildgebungsverfahren oder Aufzeichnungsmodi liefern. [8] Friedrich Kittler hat dieselbe Beobachtung auf die provokative Formel gebracht: “Computergraphik, weil sie Software ist, besteht dagegen aus Algorithmen und sonst gar nichts.“ In endlosen Folgen von 0 und 1 lässt sich jede, aber auch jede textuelle oder audio-visuelle Aussage ausdrücken, begrenzt alleine durch die Speicher- und Übertragungskapazitäten der Hardware. [9] Und Wolfgang Hagen fügte hinzu, dass das digitale Bild aus der Geschichte quantenmechanischer Messoperationen hergeleitet werden muss; diese seien jedoch jeder Hermeneutik, Ikonographie oder Rezeptionsästhetik vorgängig. [10]

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Die Gameten, Chromosomen, Embryonen, Foeten, Frauen und Männer, die wir in den “virtuellen Schwangerschaften“ erleben, können folgerichtig nicht als Filmdarsteller gelten. Sie sind bloße Optionen, wie es der Filmtheoretiker Lev Manovich ausdrückte, “flache Bilder“ oder “Soft Fuzzies“, die sich technisch durch nichts unterscheiden vom virtuellen 3D-Uterus-Raum, den der Zuschauer “betritt“. Alleine das digitale Compositing (die Kombination mehrerer Bildelemente zu einem Gesamtbild, das nicht mehr als zusammengesetztes Bild erkennbar ist) oder die Techniken des Match Moving (das perspektivisch korrekte Anpassen von virtuellen Daten und Realaufnahmen mit bewegter Kamera) geben dem Filmemacher größtmöglichen Gestaltungsspielraum. “Wenn man nahezu alles, unter Voraussetzung der notwendigen Zeit und des notwendigen Geldes, in einem Computer simulieren kann, ist das Filmen der materiellen Wirklichkeit nur noch eine Möglichkeit.“ [11] Der Filmrealismus selbst wird zur Option. Man kann zwischen Dokumentation oder Fiktion weder anhand der Erzählung und, was noch viel arger ist, auch nicht mehr anhand der Bilder unterscheiden. Zukünftige Generationen von Historikern, so Manovich, werden nicht mehr mit solchen Merkmalen zur Unterscheidung von Filmen arbeiten. Sie werden vielmehr fragen, ob es sich um Aufnahmen der Wirklichkeit handelt, die durch eine Linse aufgenommen oder im Computer hergestellt wurden.

Evidenz als Verfahren

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Wenn Digitalisierung dennoch nicht völlige Beliebigkeit bedeutet und die Filme eine Sprache sprechen, die von einem breiten Publikum verstanden wird, dann stellt sich die Frage: Was ist es, das die intuitive Gewissheit erzeugt, es gebe die dokumentierte Realität, mag sie auch noch so vermittelt oder gar manipuliert sein?

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Das Problem der Evidenz von Bildern hat in den vergangenen Jahren viel historische und kulturwissenschaftliche Aufmerksamkeit erfahren. [12] Bildevidenz, so wurde gezeigt, muss als prinzipiell offenes Phänomen betrachtet werden. Die Überzeugungskraft eines Bildes ist nicht ein für alle mal gegeben, sie muss durch einschlägige Verfahren überhaupt erst hergestellt werden. Die Erzeugung visueller Realitäten und die Eigenschaften dieser Realitäten sind daher kaum voneinander zu trennen. Der ohnehin schwierige Versuch, zwischen authentischen und fiktionalen Bildbeständen zu unterscheiden, wird vollends obsolet. Ertragreicher erscheint die eingehende Betrachtung jener rhetorischen, technischen und sozialen Eingriffe, die Bilder überhaupt erst hervorgebracht und mit Glaubwürdigkeit ausgestattet haben. Eine Analyse von “Evidenz als Verfahren“ (Rüdiger Campe) muss folgerichtig historisch vorgehen. Die Prozesse der Bildgenerierung sind in den Blick zu nehmen.

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Aus der Fülle von Beobachtungen über äußerst disparate Praktiken der Sichtbarmachung sind für mein Thema drei Thesen besonders hervorzuheben. Erstens scheint Sichtbarkeit nicht ohne teils aufwendige Zurichtungen der zu beobachtenden Phänomene erreichbar zu sein. Schon die Frage, was überhaupt als Objekt abgebildet werden soll, ist keineswegs selbstverständlich. Wenig überraschend gilt dies besonders für Dinge, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind. Aber selbst klar definierte Bildobjekte müssen ins “rechte Licht“ gerückt werden, um natürlich zu erscheinen. Im Prozess der Sichtbarmachung wird gestaltet, und im Dienste der Objektivität muss mitunter auch manipuliert werden. [13]

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Die Abhängigkeit des Objektwissens vom Herstellungsverfahren bedeutet zweitens, dass die Visualisierung oft nur das sichtbar macht, was vorgestellt oder entlang existierender Theorien gesucht wurde. Bilder sind meist nicht so radikal neu wie behauptet. Tradierte Denkgewohnheiten und überlieferte Bilder spielen eine entscheidende Rolle. Als archiviertes Wissen ersetzen sie die eigene Inaugenscheinnahme eines Naturphänomens. Für Computergrafiker mit ihrer absoluten Kontrolle über das visuelle Endergebnis ihrer Arbeit ist die Suche nach Vorbildern und Inspirationsquellen unerlässlich. Erst visuelle Erinnerungsstützen, ästhetische Normen und praktische Hilfsmittel, die sie in der Regel bei medialen Vorläufern finden, geben im Wildwuchs von Daten und Datenaustauschformaten eine Orientierung. [14] Zudem kann nur Erfahrungswissen die mit jeder neuen Technik auftretende Frage klären helfen, ob das zu Sehende dem gesuchten Objekt zu eigen oder ein Bildartefakt ist, das durch das Verfahren hervorgerufen wird.

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Drittens schließlich gehört es zu den selbstverständlichen Merkmalen der Bildproduktion, dass die diskreten Schritte des Herstellungsprozesses zum Verschwinden gebracht werden. Niemand würde in Kunst wie Wissenschaft den technisch determinierten Charakter von Abbildungen des Körperinneren bestreiten. Was wir auf Bildern sehen, ist auf Seiten der Bildermacher immer eine Frage des Handwerks. Dennoch wird das Ergebnis selbst für gewöhnlich so beschrieben, als ob die Natur für sich spreche. Um Unmittelbarkeit und Authentizität zu gewährleisten, muss das Wissen über die mediale Inszenierung möglichst verdrängt und alle Bezüge zur Kunstfertigkeit abgeschnitten werden. So wie sich unser Interesse nur dann auf die Brille richtet, wenn sie verschmutzt ist, vergessen wir auch die Apparatur, mit der die Bilder hergestellt wurden.

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Alle drei Phänomene lassen sich in der Geschichte der pränatalen Bildgebung allgemein wie in der Produktion “virtueller Schwangerschaften“ im Besonderen finden. Ich möchte sogar behaupten, dass “virtuelle Schwangerschaften“ Evidenz daraus schöpfen, dass ihre medialen Vorläufer Lösungen für technische Grundprobleme der pränatalen Bildgebung gefunden und eine ganz spezifische visuelle Sprache entwickelt haben, die die Filmemacher kopieren können. Digitale Filme sind keine radikal neuen Medien, sondern Ergebnis vieler intermedialer Bezüge. In ihrer Herstellungspraxis wie in ihrer Bildsprache bedienen sie sich fester Muster, die bis in die Anfänge der pränatalen Bildgebung zurückreichen. Diese These soll im Folgenden an der Mediengeschichte pränataler Bildgebung verifiziert werden. Kursorisch und ohne Anspruch auf Vollständigkeit werde ich die Geschichte nach Ereignissen durchforsten, die für aktuelle Filmproduktionen von Relevanz waren. Ziel dessen ist zu zeigen, dass Kunstfertigkeit und Realitätskonstruktion weder neu noch medienspezifisch sind. Besonders dann, wenn das Darzustellende unzugänglich ist, sind kulturell erprobte und normalisierte Seherfahrungen der Humus, auf dem neue und mitunter präzedenzlose Medien gedeihen können.

Was sichtbar wird und verborgen bleibt

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Zeugung, Fortpflanzung und Schwangerschaft sind grundsätzlich anti-visuelle Körperereignisse, die nicht ohne aufwendige Übersetzungsprozesse in intuitiv verständliche Bilder verwandelt werden können. Frauen fühlen, dass sie schwanger sind, die Menstruation bleibt aus und sie nehmen an Bauchumfang zu; doch was sich in ihrem Inneren abspielt, entzieht sich jedem direkten Blick. Es mag trivial klingen, doch Bilder vom vorgeburtlichen Leben des Menschen sind immer ein Explikat verschiedener Technologien und experimenteller Beobachtungen. Ohne eine irgendwie geartete Überwindung der Körpergrenze lässt sich das Körperinnere nicht erschließen. Und erst das Sichtbargemachte kann helfen, derart bildferne Geschehnisse aufzuklären und Daten bereitzustellen, die dann als optisches Resultat Einsichten über das Unsichtbare geben. [15]

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Vorstellungen über die frühe Schwangerschaft sind von dieser Bedingung besonders betroffen. Bis zum Aufkommen des Mikroskops im 17. Jahrhundert orientierten sich alle, teilweise seit der Antike tradierten Zeugungslehren in Sprache und Bildern an dem, was mit den Sinnen wahrnehmbar war und theoretisch deduziert werden konnte. Aus heutiger Sicht wirkt diese erkenntnistheoretisch grundlegend verschiedene Ausgangslage wie phantasievolles Spekulieren über alle Umstände der Zeugung und der daraus resultierenden Vererbungs- und Verwandtschaftsverhältnisse. [16] Doch Schwangerschaft war mehr eine haptische denn eine optische Gewissheit. Was die Frauen nicht mitteilten, zeigte sich als Abort, bei der Obduktion schwangerer Frauen oder musste als Analogiesetzung durch das Studium von Tierkörpern erschlossen werden. [17]

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Der Übergang von einem haptischen und deskriptiven Wissen zu einer Dominanz des Sehens vollzog sich nur langsam. Noch Mitte des 18. Jahrhunderts sprachen Ärzte und Frauen von Aborten erst dann, wenn die Leibesfrucht einem “Kindchen“ ähnlich sah. Den Begriff “Fehlgeburt“ gab es nicht; es gingen Blutklumpen, Gewächse, Molen ab. Oder die Menstruation war aufgrund von Blutstockungen ausgeblieben. [18] Zeugung und frühe Embryogenese waren weitgehend bildfreie Zonen. Die anatomische Forschung, die naturphilosophische Kontroverse über die Entwicklung neuen Lebens (Epigenese versus Präformationslehre; Animalkulisten versus Ovisten) [19] und das Erstarken einer “männlichen“ Geburtshilfe [20] veränderten erst im Verlaufe des 18. Jahrhunderts die historischen Konstellationen, in denen Bilder von Foeten mehr Interesse gewannen. Das Ungeborene wurde vorerst aber hauptsächlich im Kindchenschema dargestellt. Die typische Gestalt des Embryos tauchte erst als Produkt der Entwicklung einer experimentellen Embryologie an der Wende zum 19. Jahrhundert vermehrt auf.

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Mit der Ausbreitung der Mikroskopie seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts setzte zugleich die Suche nach den Zeugungsstoffen (Eier und Samen) ein, von deren Existenz seit der Antike ausgegangen wurde. [21] Die technischen und erkenntnistheoretischen Probleme waren wegen der Winzigkeit der Gameten aber gewaltig. Das Mikroskop konnte weder den Streit um die Fortpflanzung beschwichtigen noch die Suche nach Eizellen, die in großem zeitlichem Abstand zu Spermien abgebildet wurden, beschleunigen. Während seit den 1670er Jahren Zeichnungen von Spermien kursierten, nachdem Antoni van Leeuwenhoek (1632-1723) sie unter dem Mikroskop gesehen hatte, dauerte es weitere 150 Jahre, bis ein Mensch erstmalig eine Eizelle sichtete. 1826 beschrieb der Botaniker Karl Ernst von Baer (1792- 1876) die Eizellen einer Hündin [22] kurze Zeit darauf folgten weitere Biologen mit Beschreibungen der Chorionhülle, des Zellkerns usw. [23] Doch waren aus solchen Ansichten wenig Einsichten zum Ablauf der Fertilisation zu gewinnen. Auch als Oscar Hertwig (1849-1922) im Jahre 1875 den nächsten Schritt tat und das Eindringen eines Spermiums in eine Eizelle beim Seeigel beschrieb [24] blieben die genauen Umstände der Einnistung des Embryos im Gebärtrakt der Frauen unklar.

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Das sollte jahrzehntelang so bleiben, obwohl alle Visualisierungstechniken, die seit dem 19. Jahrhundert in Biologie und Medizin Einzug hielten, auch zum Studium von Befruchtung, Embryogenese und Schwangerschaftsverlauf eingesetzt wurden. Grafische Abbildungen wurden durch Fotographie, Stereoskopie, Röntgenbild, Celluloidfilm, und nach dem Zweiten Weltkrieg durch Mikrofotografie, Ultraschall, Videomikroskopie und Magnetresonanztomographie ergänzt. [25] Allen Techniken wurde bescheinigt, das Nie-Gesehene sichtbar und studierbar zu machen. Aber trotz allem medientechnischen Aufwand und nach und nach klarer werdenden Detailkenntnissen über die Abläufe der Befruchtung und Embryogenese blieb bis heute ein Ziel unerreicht: Es ist nicht möglich, die Schwangerschaft einer Frau als Kontinuum von der Zeugung bis zur Geburt zu visualisieren. Jede visuelle Repräsentation von pränatalem Wachstum und vorgeburtlicher Entwicklung (digitale Filmproduktionen eingeschlossen) beruht auf dem Trick, dass Schwangerschaft als Beschreibung einer Abfolge von Ereignissen im Körper der Frau durch chronologisch angeordnete Momentaufnahmen wiedergegeben werden muss. Wann, wie und von wem die einzelnen Bilder aufgenommen wurden, ist unerheblich.

Rahmung des Ungeborenen

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Die Frage, welches Bildmaterial die Filmemacher verwenden sollen, ist angesichts dieser Problematik umso dringlicher zu beantworten. Man muss ungefähr wissen, was die Bilder über den langen Zeitraum einer Schwangerschaft zeigen sollen und danach auswählen. Das aber ist eine dramaturgische Entscheidung, oder – im Sinne des Kunsthistorikers Gottfried Boehm – die Rahmung des Bildes. Jedes Bild hat einen Rahmen, der das Geschehen aus- bzw. eingrenzt und den Blick auf das lenkt, worauf sich das Interesse richten soll. Dieses ins-Bild-setzen umfasst aber nicht nur ein dargestelltes Objekt und seine Umgebung, sondern alle textlichen wie audiovisuellen Anteile an einem Bild. [26] So verstanden umfasst die Operation der “Rahmung“ die gesamte Bildinszenierung.

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Die bisherige Forschung hat sich insbesondere für die Frage interessiert, wie das Verhältnis von Ungeborenem und Schwangerer bearbeitet wird. Vor allem von der Frauenforschung inspirierte Untersuchungen der pränatalen Bildgebung haben betont, dass im Laufe der Geschichte die visuelle Individuierung des ungeborenen Menschen und damit die Trennung von Schwangerer und Foetus immer perfekter geriet. Die Frau wurde zum “uterinen Umfeld“ (Barbara Duden), das in den Hintergrund gedrängt wurde. [27] Dieser generelle Trend, das Ungeborene zu fokussieren, variiert jedoch je nach Erkenntnisinteresse, eingesetzten Methoden, Bildtraditionen und den Tücken des Objektes. Und das betrifft nicht nur die dramaturgischen Entscheidungen der heutigen Filmemacher, die mit verschiedenen körperlichen Figurationen (Ei- und Samenzellen, Chromosomensätze, Embryonen und Foeten) operieren.

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Was Mediziner mit Unterstützung von Zeichnern in der Frühen Neuzeit in ein anschauliches Bild kleideten, war wie gesagt Ergebnis einer post mortem – Schau. Oft ganz zufällig und ungeplant brachte diese etwas zum Vorschein, was gar nicht gesucht worden war. So etwa beschrieb Theodor Kerckring (1638-1693) sein Erlebnis mit der Autopsie einer Frau im Jahre 1672, in deren Uterus er “a littel round mass the bigness of a black cherry“ fand. [28] Nach sorgfältiger Öffnung dieser “Schwarzkirsche“ meinte er darin ein winziges kleines Männlein vorzufinden. Fasziniert von dieser Entdeckung setzte er nur dieses – Skelettmännchen – ins Bild. Ein Frauenei wurde separat davon als aufgefaltete Blüte gezeichnet. [29]

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Zeichnungen, die in Verbindung mit dem Aufschwung anatomischer Sektionen seit dem 16. Jahrhundert auftauchten, waren mehr gynäkologischer denn embryologischer Natur, wie Barbara Duden schreibt, der wir die umfassendste Untersuchung der graphischen Embryologie der Frühen Neuzeit verdanken. [30] Die Bildautoren suchten gar nicht zwingend das Ungeborene ins Bild zu setzen. In den Darstellungen des Anatomen William Hunter (1718-1783), so Duden, sollte der Vorgang der Autopsie sichtbar gemacht werden. Der Anatom wollte “nicht nur die aufeinanderfolgenden Schichten der Leiche, sondern auch die aufeinanderfolgenden Akte des Aufschälens und Ausfaltens im Leibesinneren darstellen. Der Betrachter des Atlas soll den Anatomen auf dem Weg in die Tiefe der Leiche begleiten, von Schicht zu Schicht, von Organ zu Organ.“ [31] Für Hunter war das anatomische Besteck selbst schon ein optisches Werkzeug, denn es machte Dinge sichtbar, die mit bloßem Auge nicht zu sehen waren. Die Bilder waren ihm Zeugnis für die Glaubwürdigkeit der Zergliederungskunst. Das Ungeborene dagegen war so selbstredend evident, dass er es auch in seinen Beschreibungen kaum erwähnte. [32]

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Die anatomische und gynäkologische Funktion der Bilder erklärt auch, warum die meisten foetalen Abbildungen der Frühen Neuzeit Foeten in situ zeigen. Untersucht wurde die organologische Architektur eines Schwangerenkörpers. Der Uterus samt Inhalt wurde wie andere Organe, Extremitäten und Gefäße behandelt. Abbildungen freistehender Foeten nahmen erst zu, als seit der Mitte des 18. Jahrhunderts die sich professionalisierende Geburtshilfe, in Hebammenschulen und Gebärkliniken, nach anschaulichen Lehrmitteln verlangte. [33] Die Illustrationen wurden differenzierter und auch Modelle aus Wachs, Holz und Tuch, die “Phantom“-Foeten mit und ohne Körper oder Körperteilen der Frau darstellten, nahmen zu. Was bis dahin als anschauliche und greifbare Beispiele embryonaler Entwicklung in Naturalienkabinetten und Kunstkammern aufgetaucht war, hatte von Missgeburten und “Wundern der Natur“ erzählt. In mit Weingeist gefüllten Glasphiolen war das Besondere ausgestellt worden. [34] Im Zuge der Aufklärung jedoch begann man sich mehr für die Norm und die Normalität zu interessieren.

Fixieren und Modellieren

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Ordnende und gestalterische Arbeit gewann daher einen wichtiger werdenden Anteil am Geschäft der Sichtbarmachung. Das wirkte sich zunächst auf das Verhältnis von Bild und Text aus. In Bildunterschriften und Bildbeschreibungen mussten Leseanweisungen gegeben werden. Das Problem hatte auch schon Leeuwenhoeks. Er hatte eine vertraute Bildsprache genommen, die von ihm entdeckten Spermien in eine phallische Ikonografie eingebettet und sie als Schlangen und Aale gedeutet. [35] Doch die zunehmende Komplexität der Apparate und Experimente rückte deren Erklärung ins Zentrum. Vor allem dann, wenn die eingesetzten Verfahren keine intuitiv verständlichen Bilder lieferten, was mit der Mikroskopie, der vaginalen Endoskopie oder der Röntgenaufnahme gegeben war, wurden technische Informationen mindestens ebenso wichtig wie die Erklärung des Gesehenen.

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Zudem stieg der Aufwand für die Präparation, das Zeichnen und das Modellieren der Studienobjekte. Nur vorbereitende Arbeiten erlaubten es den Forschern, die Vergänglichkeit ihrer Objekte zu überwinden, die Flüchtigkeit eines mikroskopischen Blickes zu fixieren und das neu gewonnene Wissen zu vermitteln. “Will man sich eine erste Anschauung des Eies, dieser schönsten Zellformation des Körpers, verschaffen“, so schrieb etwa der Mikroskopiker Heinrich Frey 1863, dann muss man einem möglichst jungen Säugetierweibchen die Eierstöcke herausoperieren, dann die Follikel mit Hilfe einer gekrümmten Schere aus dem “Stroma“ ausschneiden, vorsichtig auf einer Glasplatte fixieren und eröffnen, anschliessend den oft dicken Überzug der Follikelhaut mit einer feinen Nadel entfernen, bevor schliesslich zum Schutz des geöffneten Eies ein Deckgläschen aufgelegt werden muss.“ Erst dann entdeckt “in dem ausfliessenden, schwach getrübten Inhalt (des Follikels, B.O.) ein scharfes Auge schon ohne weitere Hilfsmittel das Ei als ein kleines weissliches Pünktchen.“ [36]

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Es war das Interesse an der frühen Schwangerschaft, das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Techniken der Präparation beträchtlich beeinflussen sollte. Wie Nick Hopwood an der Arbeit des Physiologen und Embryologen Wilhelm His (1831-1904) beschreibt, setzte sich die visuelle Aneignung menschlicher Embryonen aus einem mehrstufigen handwerklichen Prozess zusammen. [37] Der Abortus wurde zunächst in seiner Gänze fotografiert, bevor er anschließend im geöffneten Zustand zerlegt und der Embryo herauspräpariert, gezeichnet und ebenfalls fotografiert wurde. Dann wurden die haltbar gemachten Embryonen der “Guillotine des Mikrotoms“ (Nick Hopwood) ausgeliefert, ein Instrument, das die Präparate in millimeterfeine Schnitte zerlegte. Diese Schnitte wurden einzeln auf Objektträgern montiert, bevor sie unter dem Mikroskop untersucht und ebenfalls gezeichnet oder fotografiert wurden. Aus den Flächenbildern ließen sich dann Schnittserien bilden. [38]

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Zugleich dienten die zerlegten Embryonen als Vorlage für Wachsmodelle. Im Vergleich zum Embryo in Weingeist hatten diese einige Vorzüge. Erstens verwandelten sie die winzigen, wenig ansehnlichen und oft kaum sichtbaren Objekte in gewaltig vergrößerte Skulpturen. Zweitens ließen sich im Modell allzu offensichtliche Missbildungen wegretuschieren. Es ging jetzt um Normembryonen und weniger um die Authentizität der Natur, um Durchschnittsfiguren statt Individuen. Ein Wachsembryo musste nicht hundertprozentig dem lebenden Original entsprechen. Dem dreidimensional arbeitenden Moulagenbauer reichte es völlig aus, den “lebendigen“ Körper in Farbe und Form so naturalistisch wie möglich wiederzugeben. Es sollten Details hervorgehoben werden, die das Original nicht zeigen konnte. Die Funktion des Modells als Illustration und Lehrmittel bestimmte den Realismus der Anschaulichkeit. Als die Fotografie von den in Glasflaschen eingelegten Embryonen/Foeten den Modellbau seit den 1820er Jahren ergänzte, konnte sie diesen Anspruch des Modellbaus nicht einholen. Die nur schwarz-weiß auf Papier arbeitende Fotografie wurde nicht als annähernd so realistisch angesehen wie die Wachsmodelle. [39]

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Das Bedürfnis, die Anschaulichkeit durch Modellbau zu verbessern, existiert heute wie damals. Auch die Produktionsfirma “Pioneer Productions“, die im Auftrag von National Geographic die “Inside the Womb“-Filme drehte, befand die ihr zur Vorlage gelieferten 3D-Ultraschallabbildungen für nicht realistisch genug. Sie beauftragte die auf Spezialeffekte für Kinofilm- und Werbeproduktionen spezialisierte Firma ARTEM, aus den von dem Londoner Gynäkologen Stuart Campbell gelieferten Ultraschall-Aufnahmen Foeten in verschiedenen Stadien und Positionen zu bauen. Modelliert wurden die Phantom-Foeten (einschließlich Plazenta, Nabelschnur und Chorion-Häuten) aus Silikon. Um den naturalistischen Effekt zu vergrößern, wurden die Modelle in Hautfarben bemalt und spezielle Fasern für feinste Härchen und Blutgefässe entwickelt. Verschieden große Gehäuse in Höhlenform, die mit feinstem, handkoloriertem Silikon ausgekleidet noch lichtdurchlässig waren, symbolisierten die Gebärmutter. In diesen riesigen Wassertanks wurde das Leben im Uterus abgefilmt. Nylonfäden waren an die Gliedmaßen geknotet; an ihnen konnten die Filmemacher wie an Marionetten ziehen. Weil unter Wasser gedreht wurde, wirken die Bewegungen sehr flüssig. Die Aufnahmen, die auf diese Weise entstanden, umfassten immerhin 20 Minuten des Filmes. Die Firma ARTEM erhielt dafür 2006 einen Preis. [40]

Kumulative Optik

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Es bleibt dahin gestellt, ob die Firma ARTEM eine weitere Verwendung für ihre Exponate findet. Grundsätzlich können Präparate und Modelle beliebig oft vorgezeigt, untersucht, beschrieben, systematisiert, ausgestellt werden. Schon die kunstvoll hergerichteten Weingeist-Foeten und Wachsmodelle bewiesen eine enorme Lebensdauer in anatomischen Sammlungen, Kunstkabinetten, Museen, medizinischen Fakultäten und Hebammenlehranstalten. Mediziner nutzten sie im Unterricht, in der Schwangerenbetreuung, in Abtreibungsprozessen vor Gericht und in den politischen Auseinandersetzungen um den Schwangerschaftsabbruch. Embryonen wurden auf Jahrmärkten gezeigt oder in den Panoptiken der Großstädte. Selbst Pappmachémodelle wurden ausgangs des 19. Jahrhunderts in Massenproduktion hergestellt. [41] Das Geschäft mit den teils kostbaren Wachsfiguren lag im Interesse der kommerziell arbeitenden Modellbauer. Doch es bediente auch die politischen Anliegen der Sozialdarwinisten und führenden Vertreter der Evolutionstheorie. Keimesgeschichte und Stammesgeschichte, so hatte Darwin gelehrt, hängen aufs Engste zusammen. Am Embryo ließ sich eine Vorstellung von der Urform aller großen Tierklassen gewinnen. [42]

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Die visuelle Karriere der Modelle war damit nicht beendet. Haltbar gemachte Objekte können selbst wieder Modell stehen für die Reproduktion in einem neuen Medium. Zeichnungen, Fotografie, Stereoskopie, Malerei, Film und auch die digitalen Bildgebungsverfahren, wie die Magnetresonanztomografie, müssen keineswegs Naturobjekte abbilden. Im Gegenteil erweist sich die Geschichte der pränatalen Bildgebung als inflationäre Verwendung einmal eingeführter embryonaler Darstellungen. [43] Verschiedene optische Techniken griffen ineinander und sorgten für eine mediale Vervielfältigung ein und desselben Objektes. Auch Wissenschaftler produzieren nicht ständig neue Bilder, sie greifen in ihren Veröffentlichungen auf existierendes Material zurück, kopieren dieses für ihre Zwecke oder lassen sich von ihm inspirieren.

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So entstanden Bildtraditionen, die die Sicht nachfolgender Generationen präfigurierten. Beispiele einer solchen Interaktion finden sich in der Wissenschaftsgeschichte von Zeugung und Fortpflanzung vielfach. Generationen von Ärzten und Geburtshelfern haben “ihr“ Bild vom schwangeren Leib durch die unzähligen Plagiate, Kopien und verkleinerten Nachstiche der Grafiken aus dem Atlas William Hunters von 1751 erhalten. [44] Die Wachsembryonen, sowie die Flächenbilder und Schnittserien aus dem anatomischen Atlas von Wilhelm His (1880-1885) dienten ebenfalls zahlreichen Embryologen als Vorlage. Das “kärgliche Material für die Embryologie des Menschen“ müsse vollkommen genutzt werden, so der Basler Anatom Kollmann. Er habe daher die Abbildungen in seinem Lehrbuch als eine “plastische Rekonstruktion”, das heißt dreidimensionale Grafik der His’schen Schnittserien und Modelle neu gezeichnet. [45]

Montage von Entwicklungsstadien

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Solche handfesten Druck-, Präge- oder Nachbauprozesse mögen heute der Vergangenheit angehören. Im Filmgeschäft, auf das ich jetzt wieder zu sprechen kommen möchte, sind die visuellen Hinterlassenschaften mit bildschirmfüllenden Techniken zu bearbeiten: Zoom, Überblendung, Großaufnahme oder rasch wechselnde Einstellungen und Figuren. Trotz digitaler Schnittsysteme sind die in der Zelluloid-Ära entstandenen Montageformen nicht überflüssig geworden. [46] Sie entscheiden, wie die Einzelbilder, aus denen jeder Film besteht, Struktur, Dramatik und Rhythmus bekommen. Dass Film bewegtes Einzelbild ist, macht nichts so prägnant sichtbar wie das Daumenkino. Gilles Deleuze hat für die daraus resultierenden Denkfiguren zwischen dem “Bewegungs-Bild“ (Erzählung ist Bewegung über die Zeit) und dem “Zeit-Bild“ unterschieden. [47] Mit dem Begriff “Zeit-Bild“ erfasste Deleuze jene Montagetechniken, die die Zeit selbst zum Gegenstand der Darstellung machen. Im klassischen Kino sind dies etwa die Rückblende oder Parallelmontage.

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Betrachtet man die “virtuellen Schwangerschaften“ unter diesem Gesichtspunkt, so wird ihr Charakter als “Zeit-Bilder“ offensichtlich. Hier geht es um eine Erzählung, die Zeit selbst zum Gegenstand hat. Der Anblick der Hauptfiguren ist nicht einfach Ausdruck einer simplen Beobachtungssituation. Die wechselnde Gestalt der gezeigten Figuren steht für die Veranschaulichung ihres Wachstums und ihrer Entwicklung. An ihrem Aussehen und ihrer Gestalt erkennt der Betrachter verschiedene Stadien, bei denen das Erscheinungsbild, etwa die Anzahl der Zellen einer befruchteten Eizelle, ein Indikator für das Alter des Ungeborenen ist. Der Betrachter macht sich also sowohl ein Bild von einem Zellhaufen wie von einem Entwicklungsstadium. Diese Korrespondenz gibt in entscheidendem Maße den Plot der Filme vor. Als Denkschema pränataler Entwicklungen werden sie jedoch nicht von den Filmemachern entworfen, sondern als tradiertes Wissen den Filmen unterlegt.

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Gemälde oder Druckgraphiken der Schwangerschaft, die bis zum Ende des 18. Jahrhunderts angefertigt worden waren, bildeten kein Entwicklungsparadigma ab. Mochten Epigenetiker und Präformationisten über die schrittweise Entwicklung oder Aus-Wickelung des Keimes streiten, ein lineares Entwicklungsdenken gehörte noch nicht zu den vorherrschenden Regeln wissenschaftlicher Erkenntnis. Die Grundidee des modernen Entwicklungsdenkens, der zufolge das vorgeburtliche Leben auf einer linearen Zeitachse angesiedelt und durch entsprechende Abbildungen visualisiert werden kann, findet sich erstmalig bei dem Göttinger Anatomen Samuel Thomas Soemmerring (1755-1830). [48] Im Sommer 1799 erschienen die Icones embryonum humanorum, ein Bildwerk in den stattlichen Ausmaßen von 47 x 63 cm, das insgesamt 22 Figuren unterschiedlich entwickelter Embryonen von der dritten Woche bis zum sechsten Monat enthielt. [49] Die zeitliche Zuordnung von Entwicklung erfolgte durch morphologische Vergleiche (der Nabelschnur, Eihülle etc.) und Vermessung der Gestaltformen. Mit ausgefeilter Präparationstechnik konzentrierte sich Soemmerring auf anatomische Details in mikroskopischer Größe, um anschließend die Embryonen nach ihrer “elegantia“ zu ordnen. Präzision war oberstes Gebot, und so entstand eine erste Foetenserie more geometrico (Barbara Duden).

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Vergleich, Gegenüberstellung, Reihung, kurz: die Suche nach Archetypen einer normalen Entwicklung sollte zur Hauptaufgabe der wissenschaftlichen Embryologie des 19. Jahrhunderts werden. [50] Das subjektive Element musste zurückgedrängt werden, während eine möglichst dichte Folge von Zeitpunkten durch die Auswahl und Ordnung typischer Exemplare abgebildet werden sollte. Doch das Ressourcenproblem der Embryologie blieb bestehen. Nur wenige Embryologen, darunter Wilhelm His (1831-1904), Franz Keibel (1861-1929) und Franklin Paine Mall (1862-1917), unterzogen sich der Mühe, menschliche Aborte zu sammeln, um an ihnen Entwicklungsserien des menschlichen Embryos zu entwerfen. [51] Unter Aufwendung einer ungeheuren Zahl von Arbeitsstunden sollte Wilhelm His der erste sein, der so viele Präparate sammelte, dass er die besten als Normtypen für eine Entwicklungsreihe auswählen und eine Normentafel von 25 Embryonen vom Ende der zweiten Schwangerschaftswoche bis zum Ende des zweiten Monats der Schwangerschaft zusammenstellen konnte. [52] Auf einem einzigen Blatt angeordnet, übertrug sein Zeichner die Idealtypen in der Reihenfolge ihrer Entwicklung in Seitenansicht und vergrößerte sie dabei maßstabsgerecht. Die so entstandene Normentafel diente dem Wachsmodellstudio von Adolf und Friedrich Ziegler als Modellbau-Vorlage.

Analoge und digitale Normembryonen

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Die His-Ziegler-Serie verlangte vom Betrachter eine Art proto-digitales Morphing; der Betrachter musste die Übergange zwischen den Serienbildern und -modellen gedanklich nachvollziehen. Sein Auge musste bildliche Lücken überspringen und selbsttätig die Regelhaftigkeit einer “normalen“ Entwicklung erzeugen. [53] Nur dank seiner Einbildungskraft konnte der Betrachter die in der Gestalt des Embryo vergegenständlichte Definitionsarbeit des Embryologen negieren, um die Normen der Natur zu entdecken. Die einzelne Gestalt der in Reihe gesetzten Idealtypen repräsentierte nur einen berechneten Punkt auf einer Zeitskala. Der Abort, den Anatomen gesehen, Zeichner gemalt und Modellbauer in Wachs geformt hatten, war ohnehin nicht mehr rekonstruierbar. In eine neue Ebene embryonaler Identität transformiert, vermittelte die Anordnung der Modelle vielmehr den Eindruck, es handele sich um die Entwicklungsstadien eines einzigen Embryos.

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Diese Denkweise sollte sich nach und nach verselbstständigen. Im jahrzehntelangen Gebrauch verblasste die Geschichte der Herstellung der Normembryonen. Kaum deutlicher zeigt dies die heute weltweit größte, aus weit über 10.000 Embryonen und Foeten bestehende Sammlung des amerikanischen National Institute of Child and Human Development. [54] Der Grundbestand dieser riesigen Sammlung wurde zwischen 1887 und 1917 von dem His-Schüler Franklin Paine Mall an der Carnegie Institution of Washington, Department of Embryology, gesammelt und bis in die 1950er Jahre ständig erweitert. [55] In Verbindung mit verfeinerten gynäkologischen Methoden der Eigewinnung (Ausschabung, Tubenoperationen, Fehlgeburten oder Aborte) sammelten Frauenärzte und Embryologen im Laufe von Jahrzehnten auf dem gesamten Globus tausende von Embryonen jeden Alters, die aus ihrem Chorion oder Amnion herausgeschält, vermessen, gezeichnet, paraffiniert, in Spiritus oder Formalin eingelegt wurden und einen Platz in einer Entwicklungsreihe zugewiesen bekamen. Nach und nach wurden 23 Entwicklungsstufen bis zum Abschluss der Embryonalperiode (8. Woche nach der Befruchtung) untergliedert. Als sogenannte Carnegie-Stadien sind sie heute das weltweit verwendete Referenzmodell der embryologischen und reproduktionsbiologischen Forschung. Die Carnegie-Stadien 1-3 stehen für das sogenannte Präimplantationsstadium (die Tage 0-4,5), die Carnegie-Stadien 4-23 werden als Implantationsstadium bezeichnet und umfassen den Zeitraum bis zum Abschluss der 8. Woche. [56]

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Die solide Ordnung und beeindruckende Standardisierung der Carnegie-Collection legte die Konvertierung der verfügbaren Informationen in digitale Daten nahe. Um das nationale Erbe der Carnegie Institution nicht dem Vergessen anheim fallen zu lassen, lancierte Adrienne Noe, Direktorin des Museums of Health and Medicine in Washington und des diesem angeschlossenen Human Developmental Anatomy Center, 1993 das ambitionierte Visible Embryo-Projekt zur Digitalisierung der Carnegie-Embryonen. [57] Weitere Projekte wie das Multidimensional Embryo Project in Großbritannien sollten daran anschließen. [58] In einem überinstitutionellen, interdisziplinären “Metacenter“ wurden in den folgenden Jahren medizinische Bildungseinrichtungen und die interessierte Öffentlichkeit via Internet mit virtuellen Embryonen-Datenbanken versorgt. Zunächst aber war das Projekt ein Unternehmen für die Entwicklung digitaler Expertensysteme und Netzwerkstrukturen für die Biomedizin. Das hatte einen schlichten technischen Grund. Denn Anfang der 1990er Jahre konnten die erwarteten gewaltigen Datenmengen nur im Netzwerk erhoben, bearbeitet und archiviert werden. Zudem mangelte es an Browsern, die textbasierte Bild-, Audio- und Videodateien verarbeiteten. Neben dem Museum als Datenbankhost waren daher weitere zwanzig Universitäten und Computerfirmen in den USA beteiligt. [59]

Embryo Nr. 836

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Nachdem der Aufbau eines funktionstüchtigen Rahmens die ersten Jahre des Projektes in Anspruch genommen hatte, konnte ab 1994/5 damit begonnen werden, sämtliche mikroskopische Querschnittsbilder der Carnegie-Collection zu digitalisieren. Damit schlug erneut die Stunde eines der berühmtesten, weil am häufigsten beschriebenen Präparate der Sammlung, dem Embryo Nr. 836. 1914 war er bei einer Hysterektomie im Uterus einer Mrs. R. zufällig gefunden worden, was äußerst selten geschah. [60] Doch nicht nur deswegen war Nr. 836 ein kostbarer Fund. Geschätzte 28 Tag alt, keine 5 mm lang, aber in makellosem Zustand blieb er lange Zeit das jüngste Exemplar der Sammlung. Wie alle anderen Embryonen so wurde auch der neue Fund mit Fixiermitteln behandelt, in alkoholische Lösungen eingelegt und im Laufe mehrerer Tage erhärtet und in einen Paraffinblock eingeschlossen. Um das Innenleben dieses kaum mit bloßem Auge erkennbaren Präparates besser studieren zu können, stellte man den Block in ein Mikrotom, wo es in 247 hauchdünne Gewebeschnitte zerlegt wurde. Jeder dieser auf Glas aufgetragenen Schnitte wurde fotografiert, gezeichnet und einem Daumenkino gleich wieder als Papierkalender zusammengeführt. Zum Prototypen der Carnegie-Stufe 13 auserkoren, diente Nr. 836 über 50 Jahre der anatomischen Forschung und Ausbildung. Dann verschwand er in den Stauräumen des Archivs und wurde erst wieder hervorgeholt, als jeder der 247 Schnitte mit der Magnetresonanz-Mikroskopie gescannt und digitalisiert wurde. [61]

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Mit der Magnetresonanztomografie eröffnen sich nun viele neue, perspektivisch ungewöhnliche Darstellungsweisen; man kann sagittale, coronale und transversale Schnittbilder durch das Objekt erzeugen, den Wachsembryo also gleichsam von oben und unten, von vorne und hinten, von allen Seiten bewundern. Man kann außerdem seine Oberflächen transparent erscheinen lassen, um die inneren Strukturen sichtbar zu machen. Studenten der Medizin, so Bradley F. Smith, ein britischer Radiologe und Mitglied des Virtual-Embryo-Projektes, böte die Online-Datenbank virtueller Embryonen die Möglichkeit, an Stelle von zweidimensionalen Bildern in medizinischen Atlanten am Bildschirm simulierte Zeitreisen durch die frühesten Phasen menschlicher Entwicklung vorzunehmen. [62]

Narrativ der Zeitreise

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“Zeitreise“, das ist der Schlüsselbegriff des digitalen Genre, mit dem die Simulation von Wachstum und Entwicklung beworben wird. Nicht nur in digitalen Atlanten und Internet-Tutorials “wachsen“ die zum Visible Embryo mutierten Modelle der Carnegie-Collection und entwickeln sich im Zeitraffer vom Zellhaufen zum Foetus. Man trifft sie auch im Verbund mit Daten von Ultraschallbildern, Mikrofotographien, rastertunnelmikroskopischen Aufnahmen und animierten Silikonmodellen in den “Life before Birth“-Filmen an. Ihr digitales Größerwerden übertrifft noch die Illusion dreidimensionaler Natürlichkeit des einzelnen Modells. Dieser Effekt der im Film “lebendig“ gewordenen Bildobjekte funktioniert nur mit einer überzeugenden Inszenierung. In der Dramaturgie der “virtuellen Schwangerschaften“ wird dies durch das Narrativ der Zeitreise gewährleistet. Doch selbst das ist nicht neu, sondern hat eine Geschichte, die abschließend gestreift werden muss.

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Exakt im selben Jahr, 1965, als die ersten Ultraschall-Prototypen in der Geburtshilfe getestet wurden [63] veröffentlichten die Magazine “Life” und “Stern” Fotoserien von Embryonen, die der schwedische Fotograf Lennart Nilsson (geb. 1922) hergestellt hatte. Mit einer einfachen Spiegelreflexkamera, Beleuchtungstechnik und viel Geduld war der Pionier der Embryonenfotografie über Jahre hinweg etliche Male bei Operationen von Bauchhöhlen- oder Eileiterschwangerschaften im Karolinska Institutet in Stockholm zugegen gewesen. Die Organteile, die den Frauen entfernt worden waren, hatte er anschließend – wie die Anatomen der Jahrhunderte zuvor – vorsichtig durchsucht, um Embryonen zu finden, herauszupräparieren und für eine Aufnahme herzurichten. Nur wenige Male konnte er durch das ärztliche Endoskop mit einem speziell für diesen Zweck gebauten Weitwinkelobjektiv und winzigem Blitz in die Gebärmutter einer Schwangeren schauen. Ein mit dieser Apparatur erzeugtes Foto prangte auf der Coverseite des Life-Magazins, alle anderen Aufnahmen im Heft stammten von präparierten Leichnamen. In nur wenigen Tagen war das Heft restlos ausverkauft. Noch 1965 kam die erste Auflage des Weltbestsellers “A Child is born“ auf den Markt, das im Laufe der Jahre in 20 Sprachen übersetzt wurde. [64]

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Diese Geschichte ist viele Male erzählt worden. [65] In der Genealogie virtueller Schwangerschaften interessiert Nilsson jedoch aus einem weniger beachteten Grund. Der Fotograf, der lange Jahre mit der National Geographic Society zusammenarbeitete, entwickelte jenes Narrativ der Zeitreise, welchem noch die virtuellen Ansichten von Schwangerschaften folgen. Meistens faszinierte die fotorealistische Darstellung des Embryos als einsamem Astronauten im Weltall. Doch bereits das 1966 aus den einzelnen Bildern produzierte Buch “A Child is born“ war als Reportage, medizinischer Sachbericht und Schwangerschaftsratgeber verfasst, der die Zeitspanne von der Zeugung bis zur Geburt ins Bild setzte. Dieser Stil, den Nilsson selbst als einen journalistischen bezeichnet hat, rückte nicht mehr den Schnappschuss, sondern die Zeitreise ins Zentrum. [66] Was als aufklärende Bilddokumentation gedacht war, wurde unverkennbar auf die cineastischen, belletristischen und populärwissenschaftlichen Diskurse des Abenteuer- und Entdeckergenre rückbezogen. Auch im 1982 produzierten, vom Fernsehsender NOVA ausgestrahlten gleichnamigen Videofilm war die Referenz an den klassischen Abenteuerfilm nicht mehr zu übersehen. [67]

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Da wurden Spermien, Zervikalschleim oder der “rosig zottelige Chorionsack“ wie unbekannte Planeten unter dem Mikroskop beschrieben, oder Chromosomen – “diese Gebilde, die wie kleine schwimmende Figuren in einer prähistorischen Höhlenmalerei aussehen“ – entdeckt. [68] “The drama of life before birth“, dieser Teil des Untertitels von Nilssons Bestseller trat zunehmend in den Vordergrund und Nilsson wurde als Entdeckertyp stilisiert. Bis heute feiern Verlage und Presse ihn als Beispiel jener Reisenden, die aufgebrochen sind, um unbekannte Welten zu entdecken.“ [69] Gemeint ist damit nicht ein verschrobener Forscher, der einsam durch unbekanntes Terrain zieht. Nilsson entspricht dem prototypischen National Geographic Forscher, ein aufgeschlossener Abenteurer, der mit Ärzten, Wissenschaftlern und Ingenieuren beharrlich an der Weiterentwicklung des Wissens und der Technik arbeitet.

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Dieses Image pflegt National Geographic seit seinen Anfängen und man versteht nun, warum vorgeburtliche Bilder und Filme ausgerechnet von einer Gesellschaft popularisiert werden, die ihre Herkunft der geografischen Erkundung des Erdballs verdankt. [70] Die metaphorische Verbindung liefert die Perspektive des Raums. Als in den 1960er Jahren auf der Erde praktisch nichts mehr zu entdecken war, widmete sich National Geographic zunächst dem Weltall und der Weltraumforschung. Doch auch diese büsste an Attraktivität ein. Die Lücke schloss die Medizin, die mit einer wachsenden Zahl an Visualisierungstechniken das Territorium des menschlichen Körpers eroberte und nie gesehene Objekte entdeckte. [71]

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Spätestens Ende der 1960er Jahre zu einem feststehenden Topos geworden, boten “Reisen in das Innere des menschlichen Körpers“ einen bunten Metaphernschatz an, der sich unter Medizinern und Ingenieuren, Fotojournalisten oder Science-Fiction-Autoren größter Beliebtheit erfreute. In mehreren Wellen und in verschiedenen medialen Formaten sollten Reiseberichte in den darauf folgenden Jahrzehnten neueste Entwicklungen im medical imaging wie virtuelle Endoskopie oder 3D und 4D-Ultraschall ebenso begleiten wie Flugsimulatoren oder Computerspiele von Walt Disney oder Time Warner Electronic Publishing. Als 1997 die National Library of Medicine die CT und MRI-Schnittbilder vom Kadaver des hingerichteten Joseph Paul Jernigan für die Herstellung eines Filmes zur Verfügung stellten, wurde die CD-ROM wie selbstverständlich unter dem Titel “Body Voyage“ verkauft. [72]

Fazit: Digitale Symbiose von Kunst und Medizin

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Die Produzenten “virtueller Schwangerschaften“ bedienten sich also eines lange erprobten Narrativs, als sie nach der Jahrtausendwende mit Filmtiteln wie “Life’s greatest miracle” oder “l’Odyssée de la vie“ (in Spanien unter der Überschrift “Un marathon uterino” beworben) aufwarteten. Das naturwissenschaftliche Entwicklungsparadigma der Embryologie, die Faszination der photorealistischen Sichtbarmachung des Ungeborenen und das Narrativ der Zeitreise ließen sich mühelos zusammenführen. Eine neue Mischung aus Abenteuergenre und puristischer Darstellungspraxis der Wissenschaft entstand vor einem kulturellen Hintergrund, in dem auch der selbstverständlich gewordene Einsatz des Ultraschalls in der Schwangerenbetreuung einige dramatische Veränderungen in Richtung “Babyfernsehen“ erfuhr. Was ehemals als medizinische Diagnostik gedacht war, wird zu einer medizinisch nicht induzierten individuellen Gesundheitsleistung (IGEL), die keinem anderen Zweck dient als demjenigen, filmartige und emotional hoch aufgeladene Ansichten vom zukünftigen Stammhalter zu bieten. [73]

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Verschiedene Darstellungspraktiken verstärken sich wechselseitig, ohne sich freilich zu ersetzen. Weder werden die “virtuellen Schwangerschaften“ in die Pränataldiagnostik einziehen, noch werden medizinische Bilder mehr als Inspirationsmaterial für die Digital-Body-Künstler sein. Und dennoch, betrachtet man die selbstbewusste Geschmeidigkeit, mit der einzelne Protagonisten der digitalen Bildkunst zwischen den verschiedenen Praktiken pränataler Bildgebung hin- und herwechseln, so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass auf epistemischer Ebene längst eine Synthese von Wissenschaft, Kunst und Medizin stattgefunden hat. Vom Aufeinanderprallen verschiedener Bildgebungskulturen kann keine Rede sein, nicht nur, weil wissenschaftliche Bilder durch die Öffentlichkeit zirkulieren. [74] Wie die Rezeption der “virtuellen Schwangerschaften“ zeigt, ist die Bereitschaft zur Indexikalisierung des digitalen Films generell sehr groß. Konsequent werden die Filme in eine “Schau mal“-Rhetorik eingebunden, wie sie sich zeitgleich im Umgang mit dem 3D- und 4D-Ultraschall etablierte. [75] Die öffentliche Überzeugungskraft der Filme reicht sogar so weit, dass deren Produzenten medizinische Kompetenz zugesprochen wird, auch wenn sie niemals eine medizinische Ausbildung genossen haben.

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Das gilt für Alexander Tsiaras, dessen New Yorker Firma “Anatomical Travelogue“ die Reisemetapher bereits im Branding verwendet. Von Hause aus Fotojournalist hat er sich als Autodidakt die nötigen Kenntnisse in Mathematik, Informatik und Gesundheitsmarketing selbst beigebracht, um gemeinsam mit Programmierern und Grafikdesignern die Daten von MRI-Scans, Spiral CT und Ultraschall in digitale Körper-Erlebnisse zu verwandeln. [76] Tsiaras beschreibt seine Filme als “’Fantastic Voyage’ meets the TIME LIFE book series“. Mit “Fantastic Voyage“ referenziert er jenen viel zitierten Kinofilm des Jahres 1966, in dem der Zuschauer mithilfe eines miniaturisierten U-Bootes eine Reise im Inneren des menschlichen Körpers unternimmt. Der Verweis auf den TIME LIFE-Fotorealismus eines Lennart Nilsson macht dagegen klar, dass es Tsiaras nicht um einen Science-Fiction-Thrill, sondern um seriöse Populärwissenschaft geht. Sein Buch “From Conception to Birth“ aus dem Jahr 2002, teilweise abgedruckt in TIME, stellt sich ganz in die Sachbuchtradition der Schwangerschaftsratgeber. Mal betrachtet sich Tsiaras als Erbe der Tradition der Renaissance-Anatomie und zitiert deren Heroen Leonardo da Vinci und Andreas Vesalius. Ein anderes Mal vergleicht er sich mit dem Filmemacher George Lucas, der mit seinem Studio für Tricktechnik und der Star-Wars-Trilogie Ende der 1970er Jahre die Ära des digitalen Kinos einläutete.

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Dieses konsequente Anything goes im Verhältnis von Kunst und Medizin zahlt sich aus. Tsiaras hat es geschafft, wie er behauptet, die weltweit größte Bibliothek an hochaufgelösten Volumendaten des menschlichen Körpers aufgebaut zu haben. Mit diesem Datenmaterial lässt sich die interaktive Visualisierung des Körpers unerschöpflich weitertreiben. Schon heute produziert Anatomical Travelogue anatomische Spots für Sportausrüster ebenso wie für die pharmazeutische Industrie, Fernsehprogramme oder Gesundheitsratgeber. “After celebrity, health is the big thing in America. It’s a $ 1.7 trillion industry, and only 10 percent of that is spent on information“ sagt Tsiaras und hat ambitiöse Pläne für die Zukunft. ”We want to become the premier health and wellness storytellers in the world, and take over that space.“ [77]

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Die Digitalisierung des Wissens, so lässt sich resümieren, scheint die Beziehung zwischen Kunst und Wissenschaft/Medizin neu zu formatieren. Die beiden Unternehmungen werden auch weiterhin nicht zu einem einzigen werden, dennoch verlieren sich ehemalige Oppositionsstellungen. Im digitalen Bildformat sind Kunst, Wissenschaft und Medizin nicht mehr zu trennen. Noch ist nicht absehbar, wie diese Kreuzung sich auf die medizinische und wissenschaftliche Behandlung des vorgeburtlichen Lebens weiter auswirken wird. Bislang sind es hauptsächlich populärwissenschaftliche Produktionen, die höchst kreativ ein visuelles Erbe verwalten, dessen Herkunft immer weniger ersichtlich wird.

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Wie auch immer: In den “virtuellen Schwangerschaften“ sind tote und lebendige Frauen, Zellen und Foeten, anatomische Sammlungen und Silikonmodelle, verschiedene historische Zeitpunkte und Kontexte der Bildentstehung, variierende Visualisierungstechniken, Bildinszenierungen und Ästhetiken miteinander vermengt. In diesem Datengebräu ist die Schwangerschaft (wie der Körper allgemein) zu einem multifunktionalen Denkmodell für die Organisation von Datenströmen geworden. Für welche Zwecke diese aufbereitet und genutzt werden, ist eine Frage der Ästhetik und des Informationskontextes – in technischem Sinne ändert sich nichts.

Autorin:

Dr. Barbara Orland
Universität Basel
Programm für Wissenschaftsforschung
Missionsstraße 21
CH-4003 Basel
barbara.orland@unibas.ch



[1] Es war mir bis Redaktionsende nicht möglich, die Abdruckrechte für Bilder und Filmausschnitte der hier besprochenen Produktionen zu erhalten. Um möglichen Copyright-Konflikten aus dem Weg zu gehen, werde ich darauf verzichten, diesem Text Bildbeispiele aus dem Internet hinzuzufügen. Ebenfalls werden keine Links auf die Websites der Produzenten gesetzt. Um dem Leser die Möglichkeit zu geben, das besprochene Material dennoch zügig zu finden, werde ich in den Fußnoten erläuternde Hinweise geben. Im Oktober 2008 ist am History and Philosophy of Science-Department der Universität Cambridge die Online-Ausstellung “Making Visible Embryos” von Tatjana Buklijas and Nick Hopwood aufgeschaltet worden. Aufgrund des vorzüglichen Bildmaterials, das dort versammelt ist, habe ich auch von der Veröffentlichung historischer Beispiele abgesehen und werde im Text auf die entsprechenden Seiten der Ausstellung verweisen. URL: http://www.hps.cam.ac.uk/visibleembryos/s5_3.html <zuletzt eingesehen am 31. Oktober 2008>.

[2] National Geographic Channel hatte bis Anfang 2008 einen Trailer auf seiner Website, der die Geburtsszene zeigte. Zwischenzeitlich von der Website genommen, kann man noch unter Youtube Filmausschnitte finden, die diese Szene zeigen. Weitere Clips befinden sich auf der Website des Dokumentarfilmers und Regisseurs von “Life before Birth” Toby MacDonald.

[3] Alle drei Filme wurden von Pioneer Productions im Auftrag von National Geographic Channel hergestellt. In der deutschen Fassung sind sie als DVD-Box unter dem Titel “Das Wunder des Lebens” seit 2007 erhältlich.

[4] Erwähnt seien der von Mona-Lisa-Productions (Lyon) hergestellte Digitalfilm “The Inner Adventure”, der von 18 Fernsehsendern ausgestrahlt wurde, darunter France 2, NDR, Télé Québec. Für Discovery Channel vom Digitalkünstler Alexander Tsiaras produziert und als DVD vermarktet existiert der 2005 entstandene Film “From Conception to Birth”. Als Kooperation von France 2 und Transparences Productions entstand der 2006 produzierte Film “L’Odyssée de la vie”, aus dem ebenfalls eine DVD und zwei Aufklärungsbücher für Kinder entstanden. Der Regisseur Nils Tavernier war bis zu dieser Produktion als Schauspieler tätig. Weitere auf dem deutschen Markt erhältliche DVD’s sind u.a. die BBC-Serie “Wunderwerk Mensch” oder auch die Produktion von Discovery Channel “Alles über Schwangerschaft” von 2003. Das älteste Beispiel dieses Genres stammt aus dem Jahr 2001 und wurde von dem amerikanischen Popular Science Fernsehsender Nova als digitale Überarbeitung eines noch im analogen Zeitalter produzierten Video-Filmes (1983) ausgestrahlt. “The Miracle of Life” beruht auf den Mikrofotographien des schwedischen Fotojournalisten Lennart Nilsson und wurde unter dem Titel “Faszination Liebe – das Wunder des Lebens” im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom ZDF ausgestrahlt. 2003 wurde die digitale Version mit dem Emmy Award ausgezeichnet. Vgl. die eigens für diesen Film hergestellte Website: http://www.pbs.org/wgbh/nova/miracle/program.html <23. 7. 2008>.

[5] National Geographic Channel, ein Joint Venture mehrerer amerikanischer Fernsehsender, startete 2001 mit rund 10 Millionen Zuschauern und gehört seither zu den am schnellsten wachsenden Popular Science-Sendern. 2005 erreichte der Sender rund 52 Mio. Zuschauer in den USA, weltweit soll er 2007 in 250 Millionen Haushalten in 166 Ländern und 34 Sprachen gesehen worden sein. Ein noch größerer Popular Science-Gigant ist Discovery Communications, das nach eigenen Angaben mit den Dokumentations- und Spartenkanälen wie Discovery Channel, Animal Planet, Travel Channel, Discovery Kids weltweit rund 1,2 Mrd. Menschen erreichen will. Vgl. Lutz Hachmeister / Günther Rage: Wer beherrscht die Medien, Die 50 größten Medienkonzerne der Welt, München 2000, 178. Zum Genre der Dokufiktion: Gary D. Rhodes / John Parris: Docufictions: essays on the intersection of documentary and fictional filmmaking, Jefferson 2006.

[6] Das Schweizer Fernsehen strahlte neben der deutschen Fassung von “L’Odyssée de la vie” im Mai 2006 einen Kurzfilm aus, in dem der an der Filmproduktion beteiligte Fortpflanzungsmediziner René Frydmann erklärte, wie die Bilder am Computerbildschirm entstanden sind. http://www.sf.tv/sf1/dok/index.php?docid=20060525_2000_SF1 <30. 6. 2008>.

[7] “Fuzzy sonograms and doctor’s explanations can provide basic information, but through Alexander Tsiaras’ remarkable achievements in medical imaging technology, parents can see, for the first time, the awe-inspiring process of a new life unfolding, in stunning, vivid detail.” So der Werbetext zur Veröffentlichung eines Fotobandes von Alexander Tsiaras: From conception to birth. A life unfolds (Text: Barry Werth), New York 2002.

[8] Claus Pias: Das digitale Bild gibt es nicht – Über das (Nicht-)Wissen der Bilder und die informatische Illusion, in: zeitenblicke 2 (2003), Nr. 1, http://www.zeitenblicke.de/2003/01/pias/index.html <8.7.2008>.

[9] Friedrich Kittler: Computergraphik. Eine halbtechnische Einführung, in: Herta Wolf (Hg.): Paradigma Fotografie. Fotokritik am Ende des fotografischen Zeitalters (Band I, Frankfurt a. M. 2002, 178-194.

[10] Wolfgang Hagen: Die Entropie der Fotografie. Skizzen zu einer Genealogie der digital-elektronischen Aufzeichnung, in: Herta Wolf (Hg.): Paradigma Fotografie. Fotokritik am Ende des fotografischen Zeitalters, I, Frankfurt a. M. 2002, 195–235.

[11] Lev Manovich: Was ist digitaler Film?, Online-Artikel übersetzt v. Florian Rötzer, 1997. URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/6/6109/1.htmel <23. 6. 2008>. Mit ähnlicher Argumentation: Almuth Hohberg: Film und Computer. Wie digitale Bilder den Spielfilm verändern, Frankfurt a.M. / New York 1999.

[12] Ich übernehme den Titel von Rüdiger Campe: Evidenz als Verfahren. Skizze eines kulturwissenschaftlichen Konzepts, in: Vorträge aus dem Warburg-Haus 8 (2001), 105-134. Als Auswahl einer wachsenden Literatur: Bettina Heintz / Jörg Huber (Hg.): Mit dem Auge denken. Strategien der Sichtbarmachung in wissenschaftlichen und virtuellen Welten, Zürich 2001; David Gugerli / Barbara Orland (Hg.): Ganz normale Bilder. Zur visuellen Herstellung von Selbstverständlichkeit, Zürich 2002; Rolf F. Nohr (Hg.): Evidenz – “…das sieht man doch!”, Berlin / Hamburg / Münster 2004; Jennifer Tucker: Nature exposed: Photography as eyewitness in victorian science, Baltimore 2005; Gabriele Wimböck (Hg.): Evidentia: Reichweiten visueller Wahrnehmung in der Frühen Neuzeit, Berlin / Hamburg / Münster 2007; Daniel Sponsel (Hg.): Der schöne Schein des Wirklichen. Zur Authentizität im Film, Konstanz 2007; Frank Stahnisch / Heijko Bauer (Hg.): Bild und Gestalt: Wie formen Medienpraktiken das Wissen in Medizin und Humanwissenschaften?, Berlin / Hamburg / Münster 2007.

[13] Wie Lorraine Daston und Peter Galison zeigen, ist der Objektivitätsanspruch der modernen Wissenschaften in erster Linie eine Frage der überzeugenden Veranschaulichung der Naturphänomene. War das Ideal bis ins 19. Jahrhundert die naturgetreue Abbildung, so rückte später die Fotografie als der Zeichnung an Objektivität überlegenes Medium in den Vordergrund. Doch auch die Visualisierungstechnik, die versprach, alle subjektiven Einflüsse zu eliminieren, brachte Probleme der Interaktion von Gegenstand und Beobachtungsmethode mit sich. Vgl. Lorraine Daston / Peter Galison: Objektivität, Frankfurt a.M. 2007.

[14] Vgl. Victoria Interrante: Art and Science in Visualization, in: Charles D. Hansen / Chris R. Johnson (Hg.): The Visualization Handbook, Amsterdam 2004, 781-805.

[15] Gottfried Boehm: Zwischen Auge und Hand. Bilder als Instrumente der Erkenntnis, in: Jörg Huber und Martin Heller (Hg.): Konstruktionen und Sichtbarkeiten (= Interventionen 8), Wien / New York 1999, 224-225.

[16] Einen guten Überblick zur Geschichte früher Zeugungslehren mit weiteren Literaturhinweisen gibt: Ulrike Enke: Vorstellungen über Zeugung und Embryonalentwicklung in der Geschichte der Medizin, in: Jost Benedum / Werner Friedrich Kümmerl (Hg.): Samuel Thomas Soemmerring. Werke. Schriften zur Embryologie, XI, Mainz / Basel 2000, 5-11. Allgemein hilfreich ist immer noch: Erna Lesky: Die Zeugungs- und Vererbungslehren der Antike und ihr Nachwirken, Wiesbaden 1950. Zu praktischen Folgen für die Medizin: Cathy McClive: The hidden truths of the belly: The uncertainties of pregnancy in early modern Europe, in: Social History of Medicine 15 (2002) 2, 209-227; Angus McLaren: Reproductive rituals: The perception of fertility in England from the sixteenth to the nineteenth century, London 1984. Zu den philosophischen Debatten: Justin E. H. Smith (Hg.): The Problem of animal generation in early modern philosophy, Cambridge 2006.

[17] Vgl. das Bildmaterial in der Sektion “Unborn” von “Making embryos visible”: http://www.hps.cam.ac.uk/visibleembryos/s1.html <31. 10. 2008>.

[18] Barbara Duden: Geschichte unter der Haut: Ein Eisenacher Arzt und seine Patientinnen um 1730, Stuttgart 1991, 145-158; siehe auch die Aufsätze in: Barbara Duden u.a. (Hg.): Geschichte des Ungeborenen. Zur Erfahrungs- und Wissenschaftsgeschichte der Schwangerschaft, 17.–20. Jahrhundert, Göttingen 2002.

[19] Zusätzlich zur genannten Literatur: Shirley A. Roe: Matter, life, and generation. 18th- century embryology and the Haller-Wolff debate, Cambridge 1981; Clara Pinto-Correia: The ovary of Eve. Egg and sperm and preformation, Chicago / London 1997; Daniela Watzke: Embryologische Konzepte zur Entstehung von Missbildungen im 18. Jahrhundert, in: Stefanie Zaun u.a. (Hg.): Imagination und Sexualität, Frankfurt a. M. 2004, 119-136.

[20] Männliche Geburtshelfer legitimierten ihren Beistand bei einer Geburt zumeist mit technischen Kompetenzen. Auf diese Weise ist das vaginale Spekulum als Versuch, den weiblichen Gebärapparat in Augenschein zu nehmen, in die Geburtshilfe eingewandert. Vgl. Lynne Tatlock: Speculum Feminarum: Gendered perspectives on Obstetrics and Gynecology in Early Modern Germany, in: Signs: Journal of Women in Culture and Society 17 (1992) 4, 725- 760, hier: 758.

[21] Vgl. Matthew Cobb: Generation: The seventeenth-century scientists who unraveled the secrets of sex, life, and growth, New York 2006; Lisa Jean Moore: Extracting men from semen: Masculinity in scientific representations of sperm, in: Social Text 73, 20 (2002) 4, 91-119.

[22] Die Abbildung von Baers befindet sich in der Sektion “Histories of development” von “Making embryos visible”: http://www.hps.cam.ac.uk/visibleembryos/s3_1.html <31.10.2008>

[23] Der Eisprung und die Follikel waren durch den Niederländer Reinier de Graaf dagegen zur selben Zeit beschrieben worden wie die Samenzellen. Zur Geschichte reproduktionsbiologischer und embryologischer Forschung im 19. Jahrhundert vgl. neben den genannten Titeln auch: Thomas Laqueur: Making Sex. Body and gender from the Greeks to Freud, Cambridge u.a. 1990, 149-192; Scott F. Gilbert (Hg.): A conceptual history of modern embryology, Baltimore 1994; darin insbesondere: Jane Maienschein: The origins of Entwicklungsmechanik, 43–61.

[24] Vgl. Pinto-Correia: The ovary (wie Anm. 20), 285.

[25] Eine umfassende Geschichte der pränatalen Bildgebung steht noch aus. Einzelstudien, die das Thema behandeln, sind u.a.: Ann Oakley: The captured womb: A history of the medical care of pregnant women, Oxford 1984; Rosalind Pollack Petchesky: Foetal images: The power of visual culture in the politics of reproduction, in: Michelle Stanworth (Hg.): Reproductive Technologies: Gender, Motherhood and Medicine, Cambridge 1987, 57–80; Bettyann Holtzmann Kevles: Naked to the bone: Medical imaging in the Twentieth Century, New Brunswick 1997, 228–60; Rayna Rapp: Real-Time Fetus. The role of the sonogram in the age of monitored reproduction, in: Gary Lee Downey / Joseph Dumit (Hg.): Cyborgs & Citadels. Anthropological interventions in emerging sciences and technologies, Santa Fe 1997, 31-48; Carol Stabile: Shooting the mother: Fetal photography and the politics of disappearance, in: Paula A. Treichler u.a. (Hg.): The visible woman: Imaging technologies, gender and science, New York 1998, 171–197; Lynne M. Morgan / Meredith W. Michaels: Fetal subjects, feminist positions, Philadelphia 1999; Barbara Duden: Die Anatomie der guten Hoffnung. Bilder vom ungeborenen Menschen 1500-1800, unveröffentlichte Habil.-Schrift 2003; Barbara Orland: Der Mensch entsteht im Bild. Postmoderne Visualisierungstechniken und Geburten, in: Bildwelten des Wissens. Kunsthistorisches Jahrbuch für Bildkritik, 1 (2003) 1, 21-33; Susan L. Erikson: Fetal views: Histories and habits of looking at the fetus in Germany, in: Journal for Medicine and Humanities 28 (2007), 187-212. Zur medialen Präsentation von Schwangeren vgl. Sandra Matthews / Laura Wexler: Pregnant pictures. A cultural history of photographs of pregnant women, London / New York 2000.

[26] Boehm: Zwischen Auge und Hand (wie Anm. 17), 225. In der Filmwissenschaft wird derselbe Vorgang “Kadrierung” genannt.

[27] Vgl. neben der in Anm. 25 genannten Literatur Barbara Duden: Der Frauenleib als öffentlicher Ort. Vom Missbrauch des Begriffs “Leben”, Frankfurt a. M. 1991.

[28] Eve Keller: Embryonic Individuals: The rhetoric of seventeenth-century embryology and the construction of early-modern identity, in: Eighteenth-Century Studies 33 (2000) 3, 321-348, hier: 321.

[29] Die Abbildung von Kerckring befindet sich in der Sektion “Debates over generation” von “Making embryos visible”: http://www.hps.cam.ac.uk/visibleembryos/s1_4.html <31.10.2008>

[30] Duden: Anatomie (wie Anm. 25).

[31] Duden: Anatomie (wie Anm. 25), 58.

[32] Eines der Uterusbilder aus dem Atlas von Hunter findet sich in der Online-Ausstellung “Dream Anatomy” der National Library of Medicine: http://www.nlm.nih.gov/exhibition/dreamanatomy/da_g_II-B-1.html <31.10.2008>

[33] Zur Verschulung in der Geburtshilfe vgl. Christine Loytved (Hg.): Von der Wehemutter zur Hebamme. Die Gründung von Hebammenschulen mit Blick auf ihren politischen Stellenwert und ihren praktischen Nutzen, Osnabrück 2001; Jürgen Schlumbohm / Claudia Wiesemann (Hg.): Die Entstehung der Geburtsklinik in Deutschland 1751-1815, Göttingen 2004.

[34] Vgl. Michael Hagner: Vom Naturalienkabinett zur Embryologie. Wandlungen des Monströsen und die Ordnung des Lebens, in: ders. (Hg.): Der falsche Körper. Beiträge zu einer Geschichte der Monstrositäten, Göttingen 1995, 73-107.

[35] Vgl. Moore: Extracting men (wie Anm. 22), 97.

[36] Heinrich Frey: Das Mikroskop und die mikroskopische Technik, Leipzig 1863, 310-311.

[37] Vgl. Nick Hopwood: Embryonen “auf dem Altar der Wissenschaft zu opfern”: Entwicklungsreihen im späten neunzehnten Jahrhundert, in: Duden u.a.: Geschichte des Ungeborenen (wie Anm. 19), 237-272; ders.: “Giving body” to embryos: Modelling, mechanism and the microtome in late nineteenth-century anatomy, in: Isis 90 (1999), 462-496; ders.: Embryos in wax: Models from the Ziegler studio, Cambridge / Bern 2002.

[38] Vgl. diverses Bildmaterial der Sektion “Learning” von “Making embryos visible”: http://www.hps.cam.ac.uk/visibleembryos/s3_3.html<31.10.2008>

[39] Fotografien von Glasembryonen finden sich im Artikel von Elizabeth K. Menon: Anatomy of a Motif: The Fetus in Late 19th-Century Graphic Art, in: Nineteenth-Century Art Worldwide, a journal of nineteenth-century visual culture 3 (2004) 1. http://www.19thc-artworldwide.org/spring_04/articles/meno.shtml <13. 7. 2008>.

[40] Abbildungen und eine Beschreibung der Arbeit finden sich auf der Homepage von ARTEM.com. Weitere Hinweise bieten Interviews zur Ausstrahlung des Films über die Mehrlingsschwangerschaften am 14. Februar 2007. http://www.planetopia.de/old/archiv/2007_02_11/archivinhalte3.htm <24. 7. 2008>.

[41] Beispiele für Pappmaché-Embryonen finden sich in der Online-Ausstellung des Smithsonian National Museum of American History, Artificial anatomy: Papier-mâché anatomical models: http://americanhistory.si.edu/anatomy/collection/nma03_collection_human.html <3.7.2008>.

[42] Vgl. Hopwood: Embryonen auf dem Altar (wie Anm. 34); Menon: Anatomy of a Motif (wie Anm. 35); Nick Hopwood: Pictures of Evolution and Charges of Fraud, Ernst Haeckel’s Embryological Illustrations, in: Isis 97 (2006), 260-301.

[43] Das gilt bis heute, vgl. Matthews / Wexler: Pregnant pictures (wie Anm. 25), 219ff.

[44] Duden: Anatomie (wie Anm. 25), 33.

[45] Julius Kollmann: Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen, Jena 1898, Vorrede.

[46] Vgl. Hans Beller: Dokumentarische Filmmontage, in: Sponsel: Der schöne Schein (wie Anm. 14), 119-131.

[47] Vgl. Gillles Deleuze: Kino 1. Das Bewegungs-Bild, Frankfurt a. M. 1989; ders.: Kino 2. Das Zeit-Bild. Frankfurt a. M. 1991; eine hilfreiche Zusammenfassung bietet Oliver Fahle: Zeitspaltungen. Gedächtnis und Erinnerung bei Gilles Deleuze, in: Montage/av 11 (2002) 1, 97-112. URL: http://www.montage-av.de/pdf/111_2002/11_1_Oliver_Fahle-Zeitspaltungen.pdf <11. 7. 2008>.

[48] Vgl. Ulrike Enke: Samuel Thomas Soemmerring, Schriften zur Embryologie und Teratologie, Stuttgart / Jena / New York 1999. http://www.med.uni-giessen.de/histor/Soemmerring%20Teratologie.pdf <12. 5. 2008>; Duden: Anatomie (wie Anm. 25), 265-289.

[49] Die Abbildung von Soemmerring befindet sich in der Sektion “Development” von “Making embryos visible”: http://www.hps.cam.ac.uk/visibleembryos/s2.html <31.10.2008>.

[50] Duden: Anatomie (wie Anm. 25), 290.

[51] Vgl. Hopwood: Embryos in wax (wie Anm. 34).

[52] Die Abbildung der Normentafel von His befindet sich in der Sektion “Remodelling” von “Making embryos visible”: http://www.hps.cam.ac.uk/visibleembryos/s5.html <31.10.2008>.

[53] Der Geschichte der Normentafeln hat Hopwood einen eigenen Aufsatz gewidmet. Vgl. Nick Hopwood: Visual standards and disciplinary change: Normal plates, tables and stages in embryology, in: History of Science 43 (2005), 239-303.

[54] Zur Geschichte der Carnegie-Collection vgl. Jane Maienschein u.a. (Hg.): Centennial History of the Carnegie Institution of Washington, V: The Department of Embryology, Cambridge 2004; Lynne M. Morgan: Materializing the fetal body, or, what are those corpses doing in biology’s basement?, in: dies. / M. Michaels (Hg.): Fetal subjects, Feminist positions, Philadelphia 1999, 43–60; dies.: „Properly disposed of ”: A history of embryo disposal and the changing claims on fetal remains, in: Medical Anthropology 21 (2002) 3–4: 247–74.

[55] Diverse Abbildungen zur Carnegie-Collection finden sich in der Sektion “Standards” von “Making embryos visible”: http://www.hps.cam.ac.uk/visibleembryos/s6.html <31.10.2008>.

[57] Vgl. Adrienne Noe u.a.: Use and evaluation of the world wide web as a tool to explore the human developmental anatomy center, in: Computerized medical imaging and graphics 23 (1999) 1, 41-44.

[58] Bradley R. Smith u.a. (Hg.): Magnetic resonance imaging of embryos: an Internet resource for the

study of embryonic development, in: Computerized medical imaging and graphics 23 (1999) 1, 33-40.

[59] Michael D. Doyle u.a.: The visible embryo project: Embedded Program objects for knowledge access, creation and management through the world wide web, in: Computerized medical imaging and graphics 20 (1996) 6, 423-431.

[60] Mrs. R. war eine 25-jährige Frau aus dem ländlichen Virginia. Kurz nach Neujahr 1914 war sie wegen heftiger Blutungen und Schmerzen im Unterleib nach Baltimore, in die Klinik der John Hopkins Universität, gefahren. Dort behandelte sie der Gynäkologe William Wood Russell mit der Methode, die man damals immer in solchen Fällen anwandte, einer Hysterektomie, der vollständigen Entfernung der Gebärmutter. An diesem Punkt verschwindet Mrs. R. aus der Geschichte, weder ist bekannt, wie sie die damals riskante Operation überstanden hat, noch wie sie mit ihrer definitiven Unfruchtbarkeit fertig geworden ist. Die Karriere ihres Embryos, der zur Begeisterung der Embryologen aus dem mit größter Eile von der Klinik ins embryologische Labor gebrachten Uterus von Frau R. gefunden wurde, sollte dagegen jetzt erst beginnen. Der Präparator, der ihn gefunden hatte, bedankte sich beim gynäkologischen Lieferanten, „...for the remarkable young ovum in situ which came over this morning.“ Die Geschichte wurde von der Anthropologin Lynne M. Morgan rekonstruiert: A social biography of Carnegie embryo no. 836, in: The anatomical record, Part B: New anatomist 276B (2004), 3–7.

[61] Abbildungen von Embryo Nr. 836 finden sich im Artikel von Lynne M. Morgan sowie in der Online Ausstellung “Making embryos visible”: http://www.hps.cam.ac.uk/visibleembryos/s6_2.html <31. 10. 2008>. Gemeinsam mit seinen Carnegie-Kollegen der anderen 23 Entwicklungsstufen ist der Embryo auf CD-Rom oder DVD käuflich erwerblich.

[62] Bradley R. Smith: Visualizing Human Embryos. A Technique called Magnetic Resonance Microscopy is revealing the Secrets of early Human Development, in: Scientific American 280 (1999), 76.

[63] Auf die Geschichte des Ultraschalls und die Bedeutung der Real-Time-Bilder in der Schwangerenbetreuung kann ich hier nicht eingehen. Vgl. dazu neben der in Anm. 25 erwähnten Literatur: E. M. Tansey / D. A. Christie: Looking at the unborn. Historical aspects of obstetric ultrasound (= Welcome Witnesses to Twentieth Century Medicine 5), 2000, URL: http://www.ucl.ac.uk/silva/histmed/downloads/c20th_group/wit5 <10. 10. 2008>.

[64] Vgl. Lennart Nilsson: A child is born: the drama of life before birth in unprecedented photographs; a practical guide for the expectant mother, New York 1966. Die vierte Auflage der deutschen Übersetzung aus dem Jahr 2003 kündigte die Illustrierte „Stern“ mit folgenden Worten an: „Es ist ein Wettrennen auf Leben und Tod. Millionen nehmen daran teil, ein einziger wird siegen. Wird sich, endlich am Ziel, mit letzter Kraft Zutritt verschaffen und auf wundersame Weise verschmelzen mit diesem riesigen runden Ding, aus dem dann ein neuer Mensch entsteht. Und weil das ein großer Augenblick ist...gibt es ein Erinnerungsfoto. Lennart Nilsson drückt den Auslöser und fixiert die Szenerie: Da liegt die Eizelle wie ein flauschiger Ball in einer Marslandschaft, dem Eileiter. Und das Spermium bäumt sich keck vor ihr auf.“ Dem Leben auf der Spur, in: Stern vom 15. 10. 2003. http://www.stern.de/wissenschaft/mensch/514411.html <20. 7. 2008>.

[65] Vgl. als eine der ersten Petchesky: Fetal Images (wie Anm. 25); Stabile: Shooting the mother (wie Anm. 25); Duden: Der Frauenleib (wie Anm. 27), 22-33; Sarah Franklin: Fetal fascinations: new dimensions to the medical-scientific construction of fetal personhood, in: dies. u.a. (Hg.): Off-Centre: Feminism and Cultural Studies, London 1991, 19-205.

[66] Dieser betont sachliche Aufklärungsstil der reproduktiven Zeitreise hatte ebenfalls seine Vorläufer, selbst im Kino. Ein Beispiel ist der 1935/37 produzierte Film “In the beginning”, der in voller Länge im Internet-Archive angesehen werden kann: http://www.archive.org/details/IntheBeg1937 <24. 7. 2008>.

[67] “The Miracle of Life” is the first film ever made of the chain of events that turn a sperm and egg into a newborn baby.” Science on the Air, in: Science News 123 (1983) 4, 51.

[68] Zitiert nach Lennart Nilsson: Ein Kind entsteht: Bilddokumentation über die Entwicklung des Lebens im Mutterleib, Gütersloh 1969, 17, 19, 34.

[69] So eine Rezension seines 2006 erschienenen Buches: Leben. Bilder aus dem Innersten, München 2006. http://www.titel-magazin.de/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=4362 <23.7.2008>.

[70] Vgl. Sarah S. Jain: Mysterious Delicacies and Ambiguous Agents: Lennart Nilsson in National Geographic, in: Configurations 6 (1998) 3, 375-394; National Geographic Society - Company Profile, Information, Business Description, History, Background Information on National Geographic Society. http://www.referenceforbusiness.com/history2/31/National-Geographic-Society.html <23.7.2008>.

[71] Im 1986 zum hundertjährigen Bestehen der Gesellschaft herausgegebenen Festband steht die Suche nach den Anfängen des Lebens (fotografisch dokumentiert von Nilsson) neben dem Kapitel über die Ursprünge des Universums. Vgl. C.D.B. Bryan: The National Geographic Society: One Hundred Years of Adventure and Discovery, New York 1987, 457-459.

[72] Vgl. Catherine Waldby: The Visible Human Project: Informatic Bodies and Posthuman Medicine, London 2000; David Gugerli: Der fliegende Chirurg. Kontexte, Problemlagen und Vorbilder der virtuellen Endoskopie, in: Gugerli / Orland: Ganz normale Bilder (wie Anm. 12), 251-270.

[73] “There is something deeply moving about the image of a baby cocooned inside the womb. When four-dimensional scans first became available three years ago, I sat with parents who trembled at the sight of their soon-to-be newborn. They told me they wanted to stroke its downy head”, schreibt Stuart Campbell, Gynäkologe und Mitstreiter bei der Produktion der National Geographic-Filme, im Jahre 2006 über den 4-D-Ultraschall. Vgl. Stuart Campbell: Don’t tear a smiling foetus from the womb. http://www.telegraph.co.uk/opinion/main.jhtml?xml=/opinion/2006/10/04/do0403.xml <24. 4. 2008>.

[74] Das gilt etwa für die rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen von Yorgos Nikas, einem Mikroskopiker des Karolinska Institutet, der medizinischen Universität in Stockholm. Ein Beispiel seiner Arbeit veröffentlichte National Geographic in seinem Schwerpunktheft zur Stammzelldebatte im Jahre 2005. Vgl. http://ngm.nationalgeographic.com/ngm/0507/feature1/online_extra.html <24.7.2008>.

[75] Vgl. Stuart Campbell: Schau mal, ich wachse: Einzigartige 3-D-Ultraschallbilder von der Entwicklung des Kindes im Mutterleib, Köln 2002.

[76] So diskutierte Tsiaras im amerikanischen Fernsehen mit Amos Drunebaum, dem Direktor einer Geburtshilfe-Klinik, über die weitere Entwicklung der pränatalen Diagnostik. http://www.charlierose.com/shows/2003/5/26/2/a-panel-discussion-on-technology-and-prenatal-care <11. 6. 2008>.

[77] Vgl. die Interviews mit Tsiaras: Anatomical Travelogue: Alexander Tsiaras, in: Time vom 21. Juli 2003; http://www.businessinnovationfactory.com/index.php?option=com_content&task=view&id=660&Itemid=292 <23.7.2008>.

Empfohlene Zitierweise:

Barbara Orland : Virtuelle Schwangerschaften. Medienhistorische Einordnung aktueller Formate pränataler Bildgebung , in: zeitenblicke 7, Nr. 3, [2008], URL: https://www.zeitenblicke.de/2008/3/orland/index_html, URN: urn:nbn:de:0009-9-16492

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