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I write every day. When I'm working on a novel, every day, even Sunday, if there's no major family event taking place. The rituals are kind of boring to go through. You know, I wake up, I have a glass of orange juice and a pot of tea and I read the newspaper for about 45 minutes, and then, and then I have a little apartment in the neighborhood where we live. I don't work at home. I go after this little place. It's very spartan. It's nothing there to do but work, three people have the telephone number, so I'm not ever disturbed. And I work in by hand with a fountain pen, sometimes a mechanical pencil. Always in notebooks, always notebooks with little squares, squadron lines. This is some kind of fixation, I don't know why. I write with a hand that is so small and I change and cross out and correct so much, that each time I finish a paragraph I turn around and I type it up on my manual typewriter. That's what I use, a manual typewriter. Because if I wait for another hour or two I won't be able to read what I've written! And that's how I go through a book. Paragraph by paragraph until it's done. It can take four months it can take four years, you know, each book is different.
Paul Auster
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Obwohl der nach seinen Schreibgewohnheiten gefragte Schriftsteller Paul Auster eingangs mit deren Langweiligkeit kokettiert: Der Schreibeprozess ist wohl der movens für Austers Schreiben. Er wird nicht nur als Grundlage des Handelns reflektiert, [2] auch seine materielle Grundlage, das Notizbuch, tritt in zahlreichen Werken als eigenständiger Protagonist auf. Als selbstreflexiver Autor kommt Auster nicht um das Einbeziehen seines eigenen Schaffensvorganges herum: Weder im Schreibkämmerlein noch in seinen Schriften. [3] Das im Interview genannte "Notebook" verdeutlicht, dass nicht nur das Schreiben in Paul Austers Romanen immer wieder thematisiert wird – vielmehr schlägt sich die materielle Gebundenheit des Prozesses der Textentstehung selbst im Geschriebenen nieder. Auster legt dies ebenso künstlerisch wie spielerisch offen, so entwirft sich seine Welt und die seiner "alten Bekannten", [4] wie er in obigem Gespräch zugibt, stets neu.

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Wie verhält sich dies in der Historiographie? Auch wenn Historiker selten eine Welt bearbeiten, die so ganz die ihre ist, schimmert ihre eigene Welt doch nicht nur mittels Standortbindung und Zeitlichkeit in den Zeilen über Vergangenes durch, [5] auch der Prozess des Sortierens der Erkenntnis manifestiert sich strukturierend von einer Stufe der Verschriftlichung von Geschichte zur nächsten.

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In der vorliegenden Ausgabe der zeitenblicke haben wir uns daher entschieden, Paul Austers erste Aussage – dass diese Details des Auf-, Ab- und Umschreibens langweilig seien – zu überhören und seiner folgenden, ausführlichen Beschreibung der materiellen und personellen Gebundenheiten des Schreibens Interesse zu schenken. Vom morgendlichen Orangensaft bis zum Buch: In der unschuldig klingenden Beschreibung eines fast schon mechanischen Prozesses berührt Auster Problemfelder, die auch weit über die Welt der Fiktion hinaus relevant sind. Diese Ausgabe versteht sich darum als eine Einladung in zweifacher Hinsicht. Zunächst als Einladung zum Durchdenken des für die wissenschaftliche Erkenntnis elementaren Prozesses vom Gedanken zum Druckstück und zweitens auch dazu, einigen HistorikerInnen während der Rekapitulation dieser Gedankenarbeit über die Schulter zu schauen.

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Dabei steht der Ansatz, den Schreibprozess zu fokussieren, im weiten Feld der Reflexionen über wissenschaftliche Vorgänge keineswegs allein. Vor allem in der letzten Dekade wurde die erkenntnistheoretische Perspektive über die Sprache selbst hinaus erweitert. Denn die Bedeutung der ersten Spuren auf dem Papier, der ersten notierten Beobachtungen ist alles andere als marginal – schließlich übernimmt die Notation die Aufgabe des Sicherns von Gedanken und visualisiert sie sortierend. [6] Die Entwicklung erster notierter Ordnungen, Notationen, hin zu "fertigen" Schriften und Theorien wurde beispielsweise auch in den Laborwissenschaften zunehmend als wichtig erkannt und dringt aus diesen in andere Wissenschaftsfelder ein.

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Wie die Wissenschaftshistorikerin Ursula Klein beschreibt, ist keineswegs nur in den "humanities" der humane Faktor des Erkennens zu betrachten, auch die Chemie brauchte zur Entwicklung neuer Gedanken Notationen, die über ihre Niederschrift zu Wissenschaft werden konnten. Klein spricht daher von der eminenten Bedeutung von "paper tools" in den Laborwissenschaften. [7] Mit ihnen in der Hand konnten Chemiker des frühen 19. Jahrhunderts Gedanken festhalten und übertragen, die zur Formierung paradigmatischer Deutungsrahmen führten, die ihrerseits wiederum nur als "paper tool" verbreitet werden konnten. [8] Dahingehend beispielhaft ist das Periodensystem. Dieses bezeichnete Eric Scerri, vor allem seines akzeptierten und repräsentativen Charakters wegen, gar als das "ultimate paper tool in chemistry". Diese deterministische Relevanz von Erkenntnis, die nicht im Kolbengefäß, sondern auf dem Papier entstanden sei und von da aus in die Köpfe, Versuchsanordnungen und Reagenzgläser gewirkt habe, erfordert auch aus seiner Sicht eine Besinnung auf die Materialität des Erkenntnisrahmens: "Perhaps it would be better to put more attention on paper tools [...], instead of attending exclusively to theories". [9]

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Wird dieses Plädoyer des Wissenschaftshistorikers auch von der allgemeinen Geschichtswissenschaft ernst genommen, so gerät eine weitere Variable in den Blick: Die Materialität des gedanklichen Prozesses, die Verdeutlichung des Unklaren, beziehungsweise: Der Bezug zwischen individuellen Notationen, Niederschriften und öffentlich präsenter Geschichtsschreibung. Dem gemäß werden hier jedoch nicht die landläufig als primär betrachteten Arbeitsfelder von HistorikerInnen thematisiert, also Archive, Sammlungen oder Bibliotheken. Vielmehr wird nach dem Historiker als Denkendem, als Intellektuellem gefragt. Dieser Zugang soll die historische Arbeit eben nicht nur im Auswerten von Akten oder im Nutzen, schlimmstenfalls gar Bedienen, von Jargon verorten, sondern auch im Grübeln und Sortieren, ja im Ordnen des Chaos, welches nicht nur auf unseren Schreibtischen, sondern auch in unseren Köpfen herrscht.

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Der titelgebende Dreischritt dieser Ausgabe der zeitenblicke ist daher nicht als notwendigerweise arbeitsbeschreibender Dreiklang gedacht, sondern als flexibler Modus im historischen Erkenntnisprozess. Während vortextliche Notationen und deren Bezug zum "Werk" für die Geschichtswissenschaft nahezu unerforscht sind, ist dies in anderen Bereichen der Geisteswissenschaften durchaus der Fall. [10] Um dieses Terrain auch für Historiker zu vermessen und darüber hinaus Deutungen vorzunehmen, bieten sich also Sondierungen in jenen Bereichen an, in denen der Dreischritt von Notationen zu Niederschriften hin zu Werken oder Produkten starke Reflexion erfährt.

Chaotisch Ordnen: Notation

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Damit zurück zu Paul Auster: Was rückt ihn als Schriftsteller in die Nähe wissenschaftlicher Arbeit? Kurz gesagt: Er produziert Wahrnehmungen, er überträgt Reflexionen und: Er schreibt. Auch Geschichte ist etwas, was "nicht ist", selbst für den größten Positivisten kann sie höchstens "gewesen sein". Sie kann daher, wie ästhetische Kategorien auch, nur konsensuell und dialogisch entworfen werden. Auster ist weitaus mehr als ein Erfinder, er verfasst keine Fantasy-Romane, er ist ein selbstreflexiver "Broker", der seine Vision über eine der belebtesten Metropolen der Welt, New York, tief in das kollektive Bewusstsein einschreibt. [11] Auster's New York Trilogie, Scripte zu legendären Szenefilmen wie Smoke und Blue in the Face oder die Kehrseite der Boomtown, das Erleben der Großstadt aus der Sicht des Hundes eines Obdachlosen in Timbuktu: All dies sind Facetten, die die Außenwahrnehmung der Metropolis am East River maßgeblich geprägt haben – und die aus dieser Wahrnehmung geboren wurden. Ihre Macht erlangten sie aber mit Sicherheit gerade deswegen, weil sie als fiktionale Geschichte weitaus mehr als die Phantasie eines einzelnen Autors spiegeln. Sie sind zu einem Bestandteil der Stadt geworden, der sie entsprangen. [12]

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Interessanterweise koppelt sich diese Genese jedoch weniger an ein direktes Erleben in der Stadt, wie das obige Zitat belegt, als vielmehr an Austers lebhafte Visionen, festgehalten in einem kleinen Kämmerlein, absichtsvoll abgeschnitten von der Außenwelt. Es entstand so viel New York gerade da, wo es am stärksten ferngehalten wurde: "[S]o I'm not ever disturbed". Mehr noch, de facto materialisierten sich Austers Stadtsichten in dem schmalen Raum zwischen der Notation in unleserlicher Schrift und dem schnellen Abtippen der zu dechiffrierenden Gedanken auf der alten Schreibmaschine. Erst hier kann der Gedanke zum Bestandteil einer Geschichte werden.

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Dieser Zwischenraum, in dem die Notation den Weg für das zu Erarbeitende vorgibt, ist freilich kein Spezifikum Austerscher Schreibpraxis. Eine umfassende Ersterkundung dieses Terrains unternahm jüngst das Karlsruher Zentrum für Kunst und Medientechnologie. In der eindrucksvollen Ausstellung Notation. Kalkül und Form in den Künsten wurde die Relevanz der Gedankenverbildlichung per Notation in künstlerischen Tätigkeiten veranschaulicht. [13] Anhand von Notationen präsentierte das ZKM eine Vielfalt an Parallelen: zwischen klassischer Naturwissenschaft und modernem Programmieren, zwischen Philosophie und neuer Musik, zwischen Robert Walser und Iannis Xenakis, zwischen Walter Benjamin und György Ligeti. [14] Das Zwischenhafte der Notation in all diesen Beispielen war es, das sowohl im Erkennen als auch im Vermitteln der Handlung avant la lettre eine zentrale Position einnahm. Die Karlsruher Schau betonte vor allem die Bandbreite und die Individualität von Notationen, wenngleich diese auch gesellschaftsgebunden sind: Die Notation ist ein in sich zutiefst individueller Akt der Decodierung von Gedanken in wiederum codierte, überindividuelle Verdeutlichungen. Diese können nur in Bindung an eine soziale Gegebenheit decodiert werden, erst dann ist ein Umsetzen des Gedankens anhand eines Umsetzungsmodus erlaubt. Die Notation ist somit ein kollektives Phänomen des Sich-Etwas-Selbst-Verdeutlichens in wiederum sehr individuellen Erkenntniswelten. Sie ist ein intellectual paper tool, ein geistig-materielles Werkzeug.

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In dieser Funktionalität unterscheiden sich die ungleichen Geschwister Notation und Notiz: Während letztere eine Manifestation eines losen Gedankens, eines Irgendwas sein kann, wie Friedrich Nietzsches berühmtes, zwischen Gedankenschwere und Umnachtung notiertes "Ich habe meinen Regenschirm vergessen", [15] entsteht die Notation erst durch ihren internen Argumentationszusammenhang, ohne in sich jedoch ein als solches wahrgenommenes oder konzipiertes Endprodukt zu sein. Notation ist daher keineswegs nur eine materielle, sondern zugleich auch eine epistemische Kategorie, die nur materiell und an Deutungskontexte gebunden entstehen kann. Ob ein Einkaufszettel damit eine Notiz oder eine Notation ist, hängt von der an ihn gestellten Frage ab. Er kann als schlichte Merkhilfe lose Gedanken ebenso lose festhalten, also Notiz sein. Zur Notation kann er erst werden, wenn er reflektierend genutzt wird, also beispielsweise Reihenfolgen und Orte berücksichtigt und damit über eine topographische Vergegenwärtigungsarbeit sowohl den Gang des Einkaufes vorbestimmen will als auch etwas über die Funktionsweise unseres Konsumsystems aussagt – und dies (implizit) auch aussagen will.

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Anke te Heesen hat dieser Ambivalenz noch weiter nachgespürt, indem sie zeigte, dass sich aus einer spontan entstandenen Sammlung von Einkaufslisten zeitgenössische Konsumgewohnheiten herausarbeiten lassen. Zugleich erzählen diese unscheinbaren, oftmals unachtsam entsorgten oder liegen gelassenen Zettel auch von der Weiterentwicklung einer regelrechten "Kulturtechnik" des 19. Jahrhunderts: der des Schreibens von Haushaltslisten. Auf einer nochmals anders gearteten Ebene lassen sich Einkaufslisten jedoch auch als "Notierungsweisen des Alltags" deuten, "die zeigen, welche formalen, kognitiven und linguistischen Operationen wir benötigen, um uns in der Welt zurechtzufinden". [16] Es ist eine Alltagspraxis, die unser Leben zugleich strukturiert und formalisiert.

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Die Zwischenhaftigkeit einer Notation lässt sich am besten in der Musik verdeutlichen, die nicht den scheinbar abgeschlossenen Charakter des Buchs aufweist. Sie ist von einer gewissen Einmaligkeit [17] gekennzeichnet, jedoch angebunden an Notationssysteme, die zu Wissenschaften ihrer selbst geworden sind. Diese spiegeln ihre zentrale Rolle in der Einmaligkeit der Inszenierbarkeit des Gleichen wider. So kann beispielsweise Beethovens Neunte Symphonie unter Karajans Direktion in Berlin niemals dasselbe sein wie unter der Bernsteins in New York. Notationen sollen bestmöglich die hier unvermeidliche Distanz zwischen Schaffen und Erleben überbrücken, gewährleisten als Zwischensysteme aber weitaus mehr als eine reine Übertragbarkeit, wie im Folgenden dargestellt.

Die Materialisierung des Immateriellen

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Das Hören selbst war bis zur Erfindung der Tonaufzeichnung ein rein situatives Ereignis. Allein die Notation erlaubte das Materialisieren und die bestmögliche Übertragung dieser Wahrnehmung. Durch das Festhalten auf Papier wurde die universale Kategorie "Klang" sogleich als "Ton" und "Kunst" anthropozentriert und kulturell gebunden. Notiert braucht "Klang" ein menschliches Zeichensystem. Bemerkenswerterweise waren nach der Entdeckung der gänzlich menschenfreien Schallwellen frühe Versuche, Töne aufzuzeichnen, nicht ohne einen Bezug zum menschlichen Körper denkbar: "Ohne unser Ohr", so hieß es 1862 in einem Artikel der Zeitschrift Aus der Natur über den Autodidakten und Erfinder Phillip Reis, dem Konstrukteur des Reis-Telefons, "ist jeder Ton nichts, als eine in der Secunde mehreremal (mindestens 7-8) wiederholte Verdichtung und Verdünnung eines Körpers." [18] Die Natur des Menschen stand der Technik Pate.

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Das erste von Reis gebaute Mikrophon verband darum physikalische Phänomene nicht nur mit menschlicher Kognition, es konnte zudem nicht losgelöst von der humanen Morphologie gedacht werden: Es bestand nicht nur aus Membran, Träger und Resonanzkörper, sondern gleichsam aus einem hölzernen, geschnitzten Modell des menschlichen Ohrs in Originalgröße, bei dem das Trommelfell mithilfe einer Wurstpelle nachgebildet wurde. Diese Membran wurde dann erweitert und mit Siegelwachs mit einem Stück Platindraht verbunden. [19]

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Trotz aller prototypischen Körperlichkeit wurde Hören durch die Erfindung des Mikrophons zu einem reproduzierbaren und verifizierbaren Prozess, der als akustische Notation neben die schriftliche trat. [20] Heutige Coverbands benötigen keine Notenschriften, um die großen Hits nachzuspielen, es reicht die Aufzeichnung, die CD, die mp3-Datei. Die Tonaufzeichnung eröffnete somit die Möglichkeit einer getrennten Geschichtsmächtigkeit von Musik und Notation, was Andrea Valle später als "due storie non coincidenti" beschreiben sollte. [21]

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Die dem über Jahrhunderte vorangegangene Geschichte der Musiknotation suchte stets erneut Kunstverständnis, Klangmöglichkeiten und Notation in einem kohärenten und verständlichen System zu vereinen. Catherine Massip hat dies anhand der künstlerischen Musiknotation als einen teleologischen Prozess beschrieben: In der Musikgeschichte sieht sie eine im Mittelalter verwurzelte, 500 Jahre dauernde Entwicklung "du manuscrit à l'édition". Das Manuskript fungiert darin vor allem als ein Vorgänger der musikalischen Editionen, kunstvoll illustrierter Musikbücher. [22] In solchen Kunstwerken der Buchkunst, in denen sich wiederum Kunstwerke der Kompositionskunst befanden, wurde die Notation selbst zu einem Mittler, zu einem Medium, dass "comme l'écriture permettait à la fois la transmission et le contrôle de ce corpus". [23] Die verschiedenen von Massip identifizierten Modi der Musiknotation stehen damit in erster Linie für die sie umgebende Kunst und für das von ihnen verkörperte Produkt, ihre Druckbarkeit. Sie sind vielmehr Ergebnis als Ereignis. Doch wenn die Notation ein Medium wie die Schrift ist, zu welcher Sprache steht sie dann in Bezug? Und zu welcher Sprachgeschichte?

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Die gegenseitige Bedingtheit von Medium und zu vermittelndem Gegenstand betont Hans Heinrich Eggebrecht, der in seiner epochalen europäischen Musikgeschichte das Argument anführt, dass gerade das immer funktionaler werdende Notationssystem der Musik sowohl zu ihrer freien Übertragbarkeit als auch zu einer Verfestigung ihrer Form geführt habe. [24] Aus dieser Sicht ist die Entwicklung der Musiknotation selbst Ausdruck eines kognitiven und adaptiven Aushandlungsprozesses. So unterlag zum Beispiel die Konstruktion von Konsonanz und Dissonanz in erster Linie einer Historie, die sich in einem Wechselspiel mit der Entwicklung des Notationssystems befand. Dessen stete Verfeinerung beförderte im Rückbezug auch die Verfestigung von Konsonanz-Vorstellungen. [25] Dabei war die Entwicklung von der anonymen Musica enchiriadis aus dem 9. Jahrhundert, als dem ersten bekannten, Tonbuchstaben nutzenden Musiktraktat kirchlicher, mehrstimmiger Musikpraxis, bis hin zur bekannten fünfzeiligen Notenschrift weder eine Einbahnstraße noch der einzige Weg. [26] Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang vor allem die von Zuoshi Zhang untersuchte Ziffernnotation, die, im Frankreich des 17. Jahrhunderts entstanden, nach ihrem Transfer nach Asien durch den amerikanischen Pädagogen L.W. Mason im 19. Jahrhundert letztendlich die offizielle Notationsart in der Volksrepublik China geworden sei. [27] Dieser Transfer nach Asien fand damit zu dem Zeitpunkt statt, zu dem in Europa mit der Oper das Großereignis musikalischer Inszenierungen installiert wurde, welches wiederum einen epochalen Bedarf an Notationen mit sich brachte. [28] Das lineare Notationssystem war für die Oper selbst zentral, denn einerseits ermöglichte es die immer feinere Reproduzierbarkeit kompositorischer Gedankengänge, andererseits bestimmte es aber eben auch die Möglichkeit dieser Gedankengänge mit. Doch der abendfüllende Höhepunkt dieser musikalischen Entwicklung führte paradoxerweise zum Ende des alten Musiksystems, das sie hervorgebracht hatte.

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Die Revolution erfolgte innerhalb des Systems. Nicht ohne Grund eröffnet der Dirigent Sir Simon Rattle seine luzide Darstellung der Orchestermusik des 20. Jahrhunderts nicht mit einem Großmeister der Atonalität, sondern mit dem Vertreter der epischen Oper, mit Richard Wagner. Dessen epochemachender "Tristan-Akkord", der lange seine Tonart verschleiert, formuliert polytonal und scheinbar dissonant das tragische Thema des Heldenepos'. [29] Rein stilistisch betonte Wagner damit auch den Zusammenhang zwischen Ton und Text auf eine neue Art und Weise. Denn für die immense Tragik, die die Liebesgeschichte zwischen Tristan und Isolde verkörpern sollte, reichten Dur, Moll und Anverwandte kaum noch aus. [30]

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Was sich Wagner nur als einen Gedanken, als Motiv, erlaubte, wurde später zum System. Die von Arnold Schönberg, dem selbsternannten "jüdischen Wagner", erklärte "Emanzipation der Dissonanz" [31] war aber auch nur eine Etappe einer freien Entwicklung. Inhaltlich revolutionär war es auf die Notation bezogen strukturkonservativ. Schönbergs Konzeption der Zwölftonmusik beruhte eben auf der Arbeit in einem immer enger werdenden Notationssystem. Aber er arbeitete kaum am Notationssystem – es wurde lediglich bis an seine Grenzen ausgereizt. Dies hielt allerdings nicht mehr lange Stand, wie die zeitgenössische Kritik zum Hauptwerk seines Schülers Alban Berg zeigt. So konstatierte Igor Strawinsky: "Man trichtert uns beispielsweise ein, daß Lulu eine revolutionäre Oper sei, obwohl ihre Struktur vom Troubadour stammt oder von Don Carlos." [32] Schlagartig war nicht nur die Klangwelt überholt, auch jede aus ihr folgende Struktur konnte nun umgedreht und verändert werden.

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Es offenbarte sich damit aber auch, dass sich nun die Logik verkehrte, dass Notation und Musik zwei nicht direkt aufeinander beziehbare Welten waren. In Saussurescher Logik trennten sich Zeichen und Bezeichnetes explizit voneinander. Man fand vor sich die Geschichte des klingenden Materials und eine davon unabhängige der semiographischen Niederschrift. [33] Und dies sprengte auch den Rahmen des klassischen Orchesters, hin zu Polizeisirenen in Edgard Varèses Amériques oder zwölf unterschiedlich gestimmten Autohupen in György Ligetis einziger Oper Le grand macabre. Doch das Aufbrechen des Klangmaterials beseitigte keineswegs den Bedarf an Reproduzierbarkeit, an Notationssystemen. Im Gegenteil, sie wurden zu einer neuen Herausforderung an sich.

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Im Auseinanderbrechen sowohl des ästhetischen Bewusstseins des 19. Jahrhunderts als auch dessen Notationssystems entstand die Heterogenität der Notationssysteme der Neuen Musik. Sie wurden, wie zum Beispiel bei John Cage, nun auch offen und zum Konzept erhoben, Träger des Entstehungsprozesses, ja mithin des Zufalls und blieben nicht länger nur Überträger eines genialen Einfalls. [34] Zeigte sich die Zufälligkeit der Kompositionen schon im Hören, [35] erprobten eine Vielzahl neuer Autoren nicht nur neue Klänge als Morpheme einer neuen Klangsprache, sondern auch neue Schriften. [36] Um Klang und Performanz solch neuer Musik denk- und reproduzierbar zu machen, musste weitaus mehr notiert werden als klassische klangliche Ideen. Dies zeigt sich beispielsweise bei John Cage, Maurice Kagel und im Besonderen bei Helmut Lachenmanns Toccatina für Solo-Violine, bei der sogar der Corpus der Violine im Gesamten und eben nicht nur die Seiten mit dem Bogen "bespielt" werden, und dies unter größtmöglicher Bestimmtheit der Ausführung durch den Instrumentalisten jedoch bei gleichzeitiger Vermeidung "klassischer" oder auch erwartbarer Töne. Performanzen dieser Art waren nur mittels der Öffnung der Denkweisen und auch der festen Notenschrift zu individuell gebundenen, nur individuell dekodierbaren Notationen von Klangwelten möglich. Dahingehend verwies schon Max Weber auf den Stellenwert der Rationalisierung, denn auch die Musikgeschichte interagiert mit der Technikgeschichte: "What Weber calls the 'technical' factor surely involves a script or notation, a matter that in music goes well beyond a simple transcription of sounds and whose categories (tones, keys, et cetera) will themselves generate and direct musical innovation." [37] Eine Notation bildet also keineswegs nur Gedanken ab – sie ermöglicht sie zum Teil erst.

Notation als Bezugsgröße – Niederschrift als Ziel

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In diesem Sinne verstehen auch wir die Notation und den gesamten titelgebenden Dreischritt an sich: als Möglichkeit, als ein Interpretationsangebot, als Schaffung seiner selbst. In ihm zeigt sich ein Modus, der es erlaubt, Verständnis- und Verständigungsprozesse zu fokussieren, ohne jedoch an der reinen Sprachlichkeit haften zu bleiben. Die Notation ist dabei nicht der Ausgangspunkt des Erzählens, sie ist auch keine im Vorbeigehen festgehaltene Notiz, sie ist ein Medium der Übertragung von Gedanken in Form. Sie ist eine nicht replizierbare Ordnung, die aus einer scheinbaren Unordnung, dem Reich der Gedanken, der Töne, kurz: des natürlichen Chaos' entsteht. Durch sie kann Kontingenz als Zufall in Kontingenz als Möglichkeit transformiert werden. Sie ermöglicht das Undenkbare zu denken. Unter der berühmten Überschrift "I think" zeichnete Darwin 1837 sein erstes Evolutionsdiagramm: "und das, was er dachte, erläuterte er nicht in Worten, sondern in einem Bild". [38] Erst in einem zweiten Schritt erfuhr das Gedachte eine schriftliche Erläuterung. In wenigen Worten notierte Darwin eine Leseanleitung seines skizzierten Diagramms, dessen Linien und Verzweigungen vom Entstehen, Variieren und Aussterben der Arten handeln. Auch in den anderen Visualisierungen Darwins tritt die schöpferische Funktion seiner Skizzen zum Vorschein: Die bekannte Bilderreihe des Argusfasangefieders beispielsweise platziert Darwin in The Descent of Man als zentrales Argument für die Zufälligkeit des Evolutionsprozesses – und dies obgleich seine Gegner zuvor in der kunstvollen Ornamentalik des Gefieders nichts geringeres als den Widerpart des Zufalls, die Handschrift des Schöpfers, zu erkennen glaubten. Die vielen, nur in seiner Darstellung nebeneinanderliegenden Bilder, Arten, Fasanenfedern und Finken verdichten sich bei Darwin zu einem Deutungskomplex: Dem der Evolution. Die Bedeutung der graphischen und visuellen Notationen für den Erkenntnisprozess wird noch offensichtlicher, bedenkt man, dass auch der zweite Erfinder der Evolutionstheorie, Alfred Russel Wallace, seine zeitgleich entwickelte Version mittels Visualisierungen konzipierte, ja Karten und Dioramen mittels visueller Strategien zu zentralen Elementen seiner Theoriebildung erhob. [39] Im Nebeneinander eine Abfolge erkennen zu können, spiegelt abermals den Bruch der Wahrnehmung von Entwicklung, den Wandel von der zirkularen Chronologie hin zur linearen, von der Saison zur Epoche, später: von der Turmuhr zur Digitaluhr.

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Die bei der Entwicklung der Evolutionstheorie eine Schlüsselposition einnehmende Notation strukturierte und ermöglichte Gedankengänge, sie hielt fest, sie reduzierte Komplexität, sie erlaubte deren Übertragung in Narration und vermochte sogar die finale Schriftfassung an Klarheit zu übertreffen: Den alten Vorwurf, Bildern wohne insbesondere in der Wissenschaft ein lediglich illustrierender Charakter inne, invertierte Darwin schlichtweg – und dies wahrscheinlich ohne es explizit zu wollen. Wie Julia Voss überzeugend herausgearbeitet hat, drehte sich das Verhältnis von Text und Bild in Darwins Evolutionsdiagramm aus den Origin of Species um: "Nicht das Bild illustrierte den Text, sondern der Text das Bild". Was das Evolutionsdiagramm mit einem Blick verdeutlicht, führte Darwin in über 500 Seiten unermüdlicher Kleinarbeit in Worten aus: [40] Die zentralen Parameter der Darwinschen Theorie, Diskontinuitäten, das Wirken von Kontingenz und Zufall im Entstehungsprozess der Arten, Selektion und Variation. All dies hält das Diagramm auf den ersten Blick parat. [41]

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Den epochalen Charakter der frühen Diagramme unterstreicht auch Horst Bredekamp, da diese "Skizzen von eher kümmerlicher Gestalt" zum ersten Mal die Lebens- und Naturbaummodelle "nicht als gegebenen Plan, sondern als sich zeitlich entwickelnden Prozess formulieren". [42] Aus Notation wurde Narration. Diese Übertragung hat auch Paul Austers Notizbuch mit zahlreichen anderen und grundverschiedenen Notationssystemen gemein: Von der musikalischen Notenschrift bis zur individuellen Art und Weise, in der ein Historiker bei einem Kolloquium oder auf einer Tagung ad hoc Gedanken zu einer sinnvollen Frage verdichtet.

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Ob Geschichten, Geschichte oder Musik: Die jeweiligen Notationen sind Vorstufen des Entstehenden – und damit sprechen sie in ihrer Ordnung und ihrer materiellen Gebundenheit im Schaffensprozess auch ein Wörtchen mit. Die strukturierte Replizierbarkeit des "hinter der Notation Liegenden" ist fest an ihren Deutungskontext angebunden. Nicht nur Paul Auster läuft Gefahr, seine Gedanken auf dem Weg zwischen Notebook und Schreibmaschine zu verlieren, auch eine Notenschrift wird im Laufe der Zeit oder an einem anderen Ort sicherlich anders gelesen werden, als der Komponist sie vormals entwarf.

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Was daraus folgt, ist die Sprachgebundenheit des Interpretierens und damit zusammenhängend die Produkthaftigkeit der Notation selbst. Sehr eindrücklich ist dies am Computercode zu verdeutlichen. Hierbei unterscheiden sich, grob gesprochen, zwei Werkeinstellungen drastisch voneinander. Die eine sieht das Programm als das Produkt. Sie operiert mit geschlossenem Code und marktorientierter Produktgestaltung. Hier ist die Notation dem Betrachter verschlossen, sie funktioniert wie ein wissenschaftlicher Text ohne Fußnoten. Die andere sieht den Code nicht nur als den zentralen Bestandteil eines funktionalen Programms, sie sieht ihn auch als lesbares Produkt. Sie spricht in klassischer Form daher auch von einer "Kunst des Programmierens", die häufig, ganz wie die des Komponierens von Musik, Notationssysteme zur späteren Reproduktion und intertextuellen Verwertung offen legt. [43] So betont der Veteran der Open Source Szene Eric S. Raymond in seinem Buch zur Kunst des Unix-Programmierens, dass der Leser darin nicht nur eine weiterführende Darstellung großer Hackerkunst unter Unix finden könne, sondern auch eine Philosophie, die auf andere Systeme (explizit: Microsoft Betriebssysteme) übertragen werden könne. [44] Gerade aufgrund der schnellen Veränderungen sei es daher bedeutend, die seiner Auffassung nach spezifische Unix-"Culture" [45] nun auch textuell festzuhalten und so zur weiteren Wissensvermittlung verfügbar zu machen. Das beste Beispiel hierfür ist jedoch Donald E. Knuths mehrbändiges Werk The Art of Computer Programming. [46] Es handelt sich bei dieser Arbeit nicht nur um das Standardwerk zur Kunst des Programmierens, sondern auch um eine ästhetische Anwendung eben jener Kunst: Um die zweite Auflage eines Teilbandes Ende der 1970er Jahre setzen zu können, entwickelte Knuth ein eigenes Satzprogramm namens TeX. Kombiniert mit der darauf aufbauenden und kurz darauf entwickelten Markup-Sprache LaTeX entstand so ein Textsatzsystem, welches nach wie vor als die hohe Schule des wissenschaftlichen Satzsystems anzusehen ist. Es liegt in der Natur der Sache, genauer gesagt der dahinterliegenden Philosophie, dass TeX und LaTeX zur Welt der freien Software gehören.

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Während also nach ersterer Sichtweise das Programm selbst ein Produkt ist, betont letztere die stete Varianz und das Produzieren als einen künstlerischen, dialogischen und daher nie abzuschließenden Prozess. [47] Beide Werkvorstellungen sind dabei, wie jede Notation, eminent situationsgebunden. Kein Produkt ist aus sich heraus verständlich, es braucht einen konsensuellen Raum, ein Betriebssystem, einen entsprechenden Compiler oder eben auch einen (sprach)kundigen Leser, um begreifbar zu werden. Auch eine private Notation ist daher immer "sozial". Sie entspringt einem entsprechenden Deutungszusammenhang und führt zugleich Immaterialitäten und Gedanken wieder in diesen Zusammenhang zurück.

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Dabei ist es die Sprachlichkeit einer Notation, die Übertragbarkeiten gewährleistet. Wohl keine andere Notationsart ist derart präzise in der Reproduktion des Notierten wie ein Computercode, der in sich, so wie auch das Notenblatt einer Sinfonie, zugleich immer eine Niederschrift darstellt. Dennoch bleibt er immer dialogisch, er lebt von seiner Weiterentwicklung und damit von seinem Notationscharakter. Denn ein unverändert bleibender Code kann (schon aufgrund der sich stets wandelnden Interpretationsbedingungen) als "tot" erachtet werden. So ist jede Reproduktion immer eine Interpretation, sie ist grundsätzlich nicht zwischen verschiedenen Kontexten austauschbar, denn sie braucht einen Interpreter, eine "geeichte" Maschine. Wenn man ein Textdokument im Texteditor open_this öffnet, erwartet man, trotz aller Erfahrungen, dass sich dieses Dokument an einem anderen Computer mit dem gleichen Texteditor open_this in identischer Weise öffnen lässt. Ohne diese Erwartung bräuchten Emails keine Anhangfunktion, auch wäre das Internet als solches nicht denkbar. Doch damit ist die Pfadabhängigkeit der Interpretation einer Notation benannt: Es ist unwahrscheinlich, dass ihr Textdokument im Editor open_that genauso aussieht, wie zuvor erstellt. Hier verdeutlicht sich, was der Soziologe Bruno Latour mit "Objects too Have Agency" beschrieb. [48] Denn auch die Übertragung eines Codes funktioniert nur in Kombination mit der Angabe, in welchem Kontext er interpretiert werden soll. Dies steht oft im Kopf des Codes. Die Notation gibt damit auch die Codierung einer Niederschrift und deren Deutungsumfeld vor: Lässt man ein pdf-Dokument in einem Textverarbeitungsprogramm des Vertrauens öffnen, also zum Beispiel Microsoft Word oder OpenOffice, geschieht – nichts –, außer vielleicht der Ausgabe einer Fehlermeldung. Ähnliches dürfte mit Sicherheit geschehen, würde man eine reine Notenschrift zur Veröffentlichung in einer historischen Fachzeitschrift, sagen wir in den zeitenblicken, einreichen.

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Da jede Übertragung also eines Konsenses des Interpretierens bedarf, wird der beschriebene soziale Charakter einer Notation somit immer auch zugleich vergesellschaftet und individualisiert. Dies gilt freilich besonders im geisteswissenschaftlichen Bereich. Paul Auster dürfte die Interpretation recht leicht fallen, er müsste dies lediglich mit sich selbst, seiner Sprachfähigkeit und dem Zeichensatz seiner Schreibmaschine aushandeln. Austers außerordentliche Produktivität und sein sehr kohärentes Werk deuten dabei darauf hin, dass zwischen den Bestandteilen im Übertragungsprozess große Schnittmengen herrschen. Doch sobald Notationen den Deutungsraum eines Einzelnen verlassen, also sobald das Getippte dem Verleger präsentiert wird, wird Konsens zu einer konkreten sozialen Aufgabe. Ihr geht die Festlegung eines konsensuell bestimmten Zeichensatzes und eine geteilte Erwartungshaltung an den Text voraus. Eine solche "öffentlich werdende" Notation ist daher immer ein Angebot an eine Rezipientengemeinschaft, die dann ihrerseits über Erfolg und Misserfolg des Angebots entscheidet. Und damit steht die Notation an der Schwelle zur Niederschrift.

Kontingenz im Fixierungsprozess

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Niederschriften können überall erfolgen – an unseren Schreibtischen im wohltemperierten Arbeitszimmer oder in klirrender Kälte, auf realen oder simulierten Berggipfeln: Ob das nun der Eintrag des Turiner-Experimentalphysiologen Angelo Mosso auf dem Monte Rosa ist – "Um 10 Uhr 4211 Meter Temperatur -10° Schnee -15° Aufbruch um 10.15" – mit der später ergänzten Bemerkung "Ich war sehr müde" – oder die dokumentierte Untersuchung der Schreibfähigkeit bei einer Höhentauglichkeitsprüfung, die bei 7000 künstlichen Höhenmetern zu bloßem Gekritzel verkommt. [49] Doch wie wird aus solchen Notizen und schnell zu Papier gebrachten Aufzeichnungen eine wirkliche Niederschrift?

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Für die Strecke von der Notation zur Niederschrift gibt es trotz aller methodischer und technischer Hilfsmittel keine präzise Wegbeschreibung: [50] "Auch wenn der Historiker sich explizit oder implizit auf eine Reihe von vergleichbaren Phänomenen beziehen muß, bleiben die Strategie seiner Erkenntnis und seine Ausdrucksweise zutiefst individualisierend". [51] Damit betont Carlo Ginzburg zwei wesentliche Bereiche des historiographischen Schaffensprozesses, die allzu oft im Dunkeln bleiben: die Erkenntnisstrategie und ihre rhetorische Umsetzung. Dabei, so hat es Ginzburg in einem Interview eher beiläufig konkretisiert, sind doch der "Gang der Forschung und die Diskussion über die Methode […] miteinander verbunden", womit er wohlgemerkt nicht auf die übliche Methodenreflexion und Diskussion des Forschungsstandes abzielte, wie der nachfolgende Satz verdeutlicht, sondern auf eine wesentlich persönlichere Ebene des Schreibens: "Warum soll man den Leser nicht stets die Werkstatt des Forschers betreten lassen? Das Ergebnis der Forschung zu repräsentieren und nicht ihren Gang, verfälscht die Dinge entschieden." [52]

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Unsere Gedankenarbeit, die sich während des Übergangs von der Notation zur Niederschrift vollzieht, legen wir in der Regel jedoch nicht offen. Wir halten all die Irrwege und argumentatorischen Fehltritte unter Verschluss, dabei mündet unser Ringen, das Erforschte bzw. Gedachte in Worte zu fassen, nicht selten in ganz andere Ergebnisse, als wir ursprünglich im Blick hatten. Nicht ohne Grund sagt Philipp Sarasin in einem der nachfolgenden Gespräche, einen alten Werbespruch der NZZ zitierend: "die Arbeit an der Sprache ist die Arbeit am Gedanken". Sein Buch Darwin und Foucault war ursprünglich als ein etwa achtzigseitiger Essay konzipiert – heraus kam jedoch ein Buch von mehr als 450 Seiten. [53] Die Arbeit am Gedanken manifestiert sich hier in der nahezu versechsfachten Seitenzahl. Was geschieht also, wenn wir aus Gedanken über erste Notationen Geschichte und dabei, scheinbar ohne uns dessen bewusst zu sein, Texte schreiben? Oder führt der Weg zum Gedanken gar über das Schreiben? So legt es die Frühneuzeithistorikerin Monika Mommertz dar: "Nicht nur Thesen und 'Ergebnisse', sondern auch die Themen und oft sogar die Fragestellung selbst bilden sich interessanterweise erst in diesem Schreibprozess im weiteren Sinne heraus." [54]

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Unser Erkenntnisweg vom Quellenstudium über Exzerpte, von Notationen hin zum fertigen Text, ist durch konkretes Handeln an Stift und Tastatur, zahlreiche zufällige Einsichten und kontingente Entscheidungsprozesse geprägt. Denn was nützt das beste Thema, wenn die erste Archivreise kein Quellenmaterial zu Tage fördert, wie bei Natascha Vittorellis Dissertation über die Frauenbewegung um 1900 geschehen? Entweder man verwirft das Thema oder man begreift eben jenen Mangel als Inhalt und wendet die Situation ins Produktive: "Meine erste Forschungsreise nach Zagreb empfand ich als Desaster, weil ich überhaupt kein Quellenmaterial zur Geschichte von Frauenbewegungen fand. Dann habe ich genau das zum Thema des Ganzen gemacht. Die Befragung des Gegenstands rückt damit ins Zentrum. Sie ist aber nicht von Anfang an die Intention, sie wird dazu." [55]

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Aber auch ein Zeitungsartikel, ein spontaner Gedanke oder die erneute Lektüre eines Romans, wie mit Michail Bulgakows Meister und Margarita in Karl Schlögels Moskau 1937: Terror und Traum geschehen, vermögen unser schließlich gewähltes Narrativ entscheidend zu gestalten. Dass dieses Buch ohne eben diese erneute Lektüre vielleicht nie geschrieben worden wäre, dass ein Scheitern möglich war, schimmert im gedruckten Vorwort bestenfalls blass durch, bleibt in seinen Inhalten jedoch fast ohne Konturen, besonders, wenn man es mit den hier erfolgten Ausführungen vergleicht: Im Buch selbst beschreibt Karl Schlögel lediglich [56] in wenigen Zeilen eine vage "Hilflosigkeit" gegenüber dem historischen Geschehen, das Gefühl der "Unangemessenheit der Sprache", das Vordringen, ja den Kontakt mit den "Grenzen der Erzählbarkeit von Geschichte". Die Suche nach dem passenden Narrativ wird geradezu im Vorbeigehen geschildert, als sei es eine Reflexion von kurzer Dauer gewesen. [57] Im Gespräch jedoch offenbart Schlögel eine Dramatik des Zweifelns, welche er in letzter Konsequenz gar als eine "Frage auf Leben und Tod" deutet – allein das Buch betreffend, so hoffen wir. Die zufällige Konfrontation mit dem "phantastischen Flug" aus Meister und Margarita wurde so zur Rettung. [58] Und so wurde die eigentlich unhistoriographische Inspiration durch Literatur zur einer historiographisch erkenntnisleitenden, wie auch in diesem Text durch die Anwesenheit bei einer Lesung Paul Austers in New York geschehen. Historische Fragestellungen und Antwortmöglichkeiten lassen sich eben keineswegs allein aus den Quellen ableiten, der Blitzschlag der Erkenntnis kann seine benötigte Energie aus allerlei Ressourcen ziehen. Darum ist, wie Staffan Müller-Wille hier im Interview betont, nicht nur wichtig was man liest, [59] sondern auch in welcher Reihenfolge. [60]

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Dass Bücher scheitern können oder von vornherein nicht verwirklicht werden sollen, als "ungeschriebene Bücher" allein in imaginären Welten ihr Dasein fristen, kann vielerlei Gründe haben. Randolph Starn nennt im Gespräch über eben solche "ungeschriebenen Bücher" eine Vielzahl davon: Ein erster Grund sei die weithin unterschätzte universitäre Lehre, für die er mehr als nur eine Lanze bricht, wenn er sagt, dass "Unterrichten wichtiger als Schreiben" sei. Auch der Wunsch, sich nicht den gegenwärtigen Konventionen der Geschichtswissenschaft zu beugen, kann letztlich dazu führen, ein Buch nicht zu schreiben, wie natürlich solche Gründe, die aus der Person des Historikers selbst resultieren: fehlendes Selbstvertrauen, ein Mangel an Energie oder schlichtweg an Begabung. [61] Andererseits betont Starn, dass Schreiben keineswegs ein individueller Akt sei; so ließe sich der Schreibvorgang auch als ein "Zusammenfügen" von bereits existierenden Texten betrachten, seien dies nun die historischen Quellen selbst oder eben Interpretationen derselben: "Es könnte also sein, dass alle Bücher bereits geschrieben oder zumindest potenziell schon vorhanden sind." [62] Ob eines dann auch tatsächlich geschrieben werde, hänge von zahlreichen individuellen wie sozialen Faktoren ab. Ganz anders als Randolph Starn, der stärker die Ebene der Ideen hervorhebt, betont Monika Mommertz wiederholt die Zeitlichkeit von Interpretationen in der Praktik des Schreibens – was wiederum auch für ihre eigenen Arbeiten gilt, die sie durchweg nicht noch einmal so schreiben würde. [63] Selbstverständlich ist unter diesen Aspekten die grundlegende Ebene der Sprache nie zu vernachlässigen, wie sich auch im Gespräch mit dem Wissenschaftshistoriker Staffan Müller-Wille gezeigt hat: Unter deutschsprachigen Wissenschaftlern würde wohl niemand den metaphorischen Gehalt des Begriffes Vererbung in Frage stellen, ist dieser Begriff doch keineswegs rein biologisch deutbar, sondern genealogisch, historisch und zuvorderst juristisch kontaminiert. Seine englischen Kollegen jedoch rätselten ob der konstatierten metaphorischen Aufladung, denn, so Müller-Wille, dem englischen heredity sei die juristische Bedeutung mittlerweile völlig abhanden gekommen. [64] Die Feststellung einer solchen Differenz erweitert nicht nur die Verständigungsmöglichkeiten untereinander, sondern gibt auch einen Blick auf vergangene Perioden der Wissenschafts- und Gesellschaftsgeschichte frei. Einmal mehr wurde hier Erkenntnis zufällig – im Gespräch – erzielt.

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Die Abhängigkeit vom Zufall – hier aus den Gesprächen beispielhaft anhand von Gedanke, Praxis und Sprache herausgearbeitet – ist kein Spezifikum der Historiographie, vielmehr begegnet man ihr in allen möglichen Disziplinen, die jedoch einen vergleichbaren Umgang damit pflegen: Glück in der Forschung spiegelt sich auch in den Naturwissenschaften wenn überhaupt, dann fern der wissenschaftlichen Textproduktion, beispielsweise in autobiographischen Schriften, die, durch den vorhergehenden Erfolg erst relevant und somit möglich geworden, auf die vergangenen Zufallstreffer und glücklichen Fügungen im Forschungsprozess zurückblicken. [65] Der Zufall ist zwar stets an Bord, wird aber scheinbar bis zur Ankunft im sicheren Hafen des Erfolges wie ein schwarzer Passagier behandelt. Denn Glück und Zufall werden auch in der naturwissenschaftlichen Forschung "[a]uf der Seite des Subjektiven und des Kontingenten verbucht" und finden daher in der philosophischen, soziologischen und theoretischen Beschäftigung mit der Praxis des Experimentierens selten Aufnahme in die Niederschrift. Und dies obwohl, wie Hans-Jörg Rheinberger, einer der Direktoren des Berliner Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte, in seinem Essay dargelegt hat, Forschen durchaus als eine "Suchbewegung" umschrieben werden könne, die sich auf der Grenze zwischen dem Wissen und dem Nichtwissen bewege und damit auf das sich ungeplant Ergebende angewiesen sei. [66] Wie auch schon Paul Feyerabend in seiner Lobschrift für wissenschaftliche ad-hoc Thesen hervorhob, versprechen gerade solche Experimente den größten Erfolg, die offen sind für etwaige Nebentöne des eigentlich zu Erforschenden. Diese müssen jedoch wahrgenommen werden und dürfen nicht als Rundungsopfer aus dem Sichtfeld der Wissenschaftler verschwinden. [67] Gleich ob technische Unfälle, unbeabsichtigte Nebenwirkungen, Kontrollexperimente mit völlig unerwarteten Ergebnissen oder beiläufig erzielte Befunde – das erkenntnisproduktive Experiment, so betont Rheinberger, sei darauf angelegt, "etwas zum Vorschein kommen zu lassen, von dem man noch keine genaue Vorstellung hat". [68]

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Dass Zufälle und Kontingenzen als feste Bestandteile geschichtlicher Faktizität wirken, steht außer Zweifel, [69] wenngleich die Geschichtstheorie diese Phänomene bisher ebenso mied wie die Katze das Wasser. Doch auch ihr Gewebe besteht zu 80% aus dem kühlen Nass. Bezeichnenderweise hat sich um die frühen Ausführungen Reinhart Kosellecks über den Zufall als Motivationsrest in der Geschichtsschreibung keine wirkliche Diskussion entfacht. So haben seine einführenden Worte im Prinzip noch heute Gültigkeit: "Über den Zufall in der Historiographie zu sprechen ist insofern schwierig, als der Zufall seine eigene Geschichte in der Geschichtsschreibung hat, die noch nicht geschrieben ist." Möchten wir jedoch, wie Koselleck schlussfolgernd ausführt, sowohl Zufall als auch Kontingenz als erklärende Faktoren der Geschichtsschreibung ausräumen, so stellen wir an unser eigenes Erklären entschieden zu hohe Konsistenzansprüche: "im Horizont geschichtlicher Einmaligkeit [wird] durch die Beseitigung des Zufalls die Zufälligkeit verabsolutiert". [70] Und dabei ging es Koselleck wohlgemerkt allein um den Zufall, der in der Geschichte wirkt, und nicht um den, der unsere Gedanken, unser Schreiben wie unsere Notationen bis hin zur Niederschrift zu lenken vermag, wie die Exkurse in die bzw. aus den Gesprächen gezeigt haben. Doch welche Rolle spielt eigentlich der Zufall in unserer ganz persönlichen Textproduktion, während der Niederschrift unserer Gedanken?

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Anders, oder weiter gedacht: Ist der Text ein Experimentierfeld, gar ein "Experimentalsystem" im weitesten oder engstem Sinne, wie es Philipp Sarasin konstatiert? Eines, das uns erst den notwendigen Raum für zufällige Entdeckungen schafft? Ist der Text im Entstehen ein Experiment? [71] Auch in der aktuellen Geschichtswissenschaft erfahren wir über das kontingente Wirken wenn überhaupt aus retrospektiv verfassten Texten, die mit der eigentlichen Forschung selbst nichts mehr zu tun haben wollen. Jedoch gibt es erste Ansätze, dies in die historiographische Forschung einzubinden: So hat Henning Trüper sich wiederholt mit der Notizführung des belgischen Mediävisten Louis Ganshof beschäftigt, explizit mit dem Erkenntnisziel, "Einblick in das 'Labor' eines Historikers" zu gewähren und somit "einen bislang vernachlässigten Aspekt der Produktion historischen Wissens" zu beleuchten. [72]

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Ein vergleichbarer Einblick in die tatsächlich eigenwillige Arbeitspraxis findet sich wohl eher selten: So dienten Ganshof die auf zwei unterschiedlichen Typen von Zetteln verzeichneten Notizen und Notationen einerseits zur Kommunikation mit seinen Studenten, andererseits aber vor allem als Werkzeug seiner wissenschaftlichen Textproduktion. Erstere mussten dabei in ihrer Größe "zirkulationsfähig" und zugleich allgemein verständlich sein, sollten sie doch als Vermittler des professoralen Gedankenguts dienen. Mit anderen Worten: Ganshof beschrieb selbstgebastelte Karteikarten, um mit deren Hilfe die klaffenden Lücken in den entstehenden Arbeiten seiner Studierenden zu schließen. Doch sowohl für die kleinen als auch für die größer gearbeiteten ersten Textbausteine verzichtete Ganshof auf ein Indizierungssystem, [73] folglich erschließen sich seine Notationen nur aus der zeitraubenden Durchsicht. Und dennoch offenbart der Befund einer eigenwilligen Nutzung der unterschiedlichen Zettelformate einen ersten Einblick in das Ganshofsche Schaffen: So nutze er die kleineren Zettel für "Exzerpte von Quellen und Literatur, bibliographische Angaben, Vokabellisten […] und gelegentliche Notizen", die Notationen auf den größeren Papieren dagegen hatten eher einen bilanzierenden Charakter, "indem sie Lektüreergebnisse zusammenfassten". [74] Und doch blieben auch diese Zusammenfassungen in einem eher vagen Ton verfasst – allein dies ermöglichte ihm schließlich eine möglichst freie Kombination und Umformulierung der einzelnen Exzerpte und festgehaltenen eigenen Gedanken, um aus diesen "historische Tatsache[n]" zu generieren. Obgleich Trüper den Ganshofschen Erkenntnisprozess aus seiner Zettelwirtschaft en detail zu rekonstruieren vermag, einen veritablen Einblick in die historiographische Textproduktion selbst, also den Sprung vom Erkennen zur Niederschrift, kann auch er uns nicht vermitteln. Und wie ließe sich eine solche auch verallgemeinern, gibt es doch HistorikerInnen wie Natascha Vitorelli, die, von der Ganshofschen Zettelwirtschaft meilenweit entfernt, zwar Exzerpte anfertigen, in diese jedoch keinen Blick werfen, geschweige denn sie im Schreibprozess nutzen. [75]

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Doch ist das bei weitem noch nicht der letzte Aspekt des Übergangs von der Notation zur Niederschrift diesbezüglich wir im Dunkeln tappen, denn zweifelsohne beeinflussen auch persönliche Leidenschaften und Emotionen unser Schreiben. Auch wenn sie in der Reflexion über das eigene "erfolgreiche" Schreiben keine offene Erwähnung finden: Emotionen motivieren – und das ist das eigentlich Entscheidende – erst Geschichtsschreibung, da sie auf die Person des Historikers einwirken und seine Perspektive prägen. Selten jedoch erfährt diese Perspektivität eine ihr gebührende Aufmerksamkeit; und dies, obgleich man sich innerhalb der Geschichtswissenschaft nicht erst seit Wilhelm von Humboldts Abhandlung Ueber die Aufgabe des Geschichtsschreibers aus dem Jahr 1821 über den kreativen Faktor des Schreibens bewusst ist: "Das Geschehene aber ist nur zum Theil in der Sinnenwelt sichtbar, das Uebrige muss hinzu empfunden, geschlossen, errathen werden. Was davon erscheint, ist zerstreut, abgerissen, vereinzelt; was dies Stückwerk verbindet, das Einzelne in sein wahres Licht stellt, dem Ganzen Gestalt giebt, bleibt der unmittelbaren Beobachtung entrückt." [76] Wir sind jedoch der Meinung, dass auch Historiker das Geheimnis des Denkens und Schreibens reflektieren und thematisieren sollten, wenn sie begreifen wollen, auf welchen Wegen sie ihre Wahrheiten hervorbringen. Zwar sind wir durchaus in der Lage das als Hirnaktivität sichtbar zu machen, was sich im Inneren unseres Gehirns abspielt, wenn wir aus unseren Notationen geschichtswissenschaftliche Texte produzieren, die tatsächlichen Denkprozesse jedoch vermögen wir auch mittels neurobiologischer Hilfsmittel nicht zu erschließen. Lässt sich menschliche Kreativität als Motivationsrest der Geisteswissenschaft also etwa doch nicht durch jene "Wissenschaft von den Geistesvorgängen" erfassen und in Schaubilder umsetzen?

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Um unsere Neugier dennoch zu befriedigen, fassten wir den Entschluss, uns diesem speziellen Prozess über die wohl flexibelste aller Austauschmöglichkeiten zu nähern: über das Gespräch. Denn vor allem im Interview wird deutlich, dass der letzte Teil des Dreischritts nur dem Wirken der jeweiligen Historikerpersönlichkeit entspringen kann. Erst diese gibt ihre Vorarbeiten in Textform in jenen Rezeptionsraum, in dem diese zu Geschichte werden können. So begreifen wir den Modus des Gesprächs auch als ein weitgehend informelles "Experimentalsystem", in dem eine "Geschichtsschreibung" praktiziert werden kann, welche die HistorikerInnen als Bestandteil des zu Erzählenden mit konstituiert und so "das Subjekt ihrer Produktion nicht hintergeht, sondern als konstituierenden Bestandteil des Experiments mit einbezieht" [77] – und dies vielleicht in ihrer reinsten Form.

Autoren:

Frank Wolff, M.A.
Universität Bielefeld / John Hopkins University, Baltimore
Bielefeld Graduate School in History and Sociology, Geschichte moderner Gesellschaften
Postfach 10 01 31
33501 Bielefeld
frank.wolff@uni-bielefeld.de

Alexander Kraus, M.A.
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Historisches Seminar, Abteilung für Osteuropäische Geschichte
Domplatz 20-22
48143 Münster
alexander.kraus@uni-muenster.de



[1] Gefragt nach seinen Schreibgewohnheiten. Paul Auster: An Evening with Granta: Paul Auster with editors Alex Clark and John Freeman, New School, New York, USA, 1. Juni 2009, ein Mitschnitt des Gesprächs findet sich unter: http://fora.tv/2009/06/01/Paul_Auster_A_Conversation_With_Granta#fullprogram, Q11: Writing habits, <04.12.2009.>

[2] Paul Auster: Travels in the Scriptorium, New York 2007.

[3] Paul Auster: City of Glass, in: New York Trilogy, New York / London 1987; ders.: Oracle Night, New York / London 2004.

[4] Auster: An Evening with Granta (wie Anm. 1), Q4: College life in 1967.

[5] Reinhart Koselleck: Standortbindung und Zeitlichkeit. Ein Beitrag zur Erschließung der geschichtlichen Welt, in: Wolfgang J. Mommsen / Jörn Rüsen (Hg.): Objektivität und Parteilichkeit in der Geschichtswissenschaft, München 1977, 17-46.

[6] Vgl. Christoph Hoffmann (Hg.): Daten sichern. Schreiben und Zeichnen als Verfahren der Aufzeichnung, Zürich 2008. Siehe dazu auch Lorraine Daston: Taking Note(s), in: Isis 95 (2004), 443-448, hier: 445: "Essential to the management of scientific attention was the practice of taking notes, which entailed fixing the object under scrutiny firmly in one's gaze, 'cropping' it to exclude its surroundings, describing it in words and sometimes also sketching it, and later reading and re-reading it in juxtaposition with the published observations of others and one's own further notes."

[7] Ursula Klein (Hg.): Tools and Modes of Representation in the Laboratory Sciences, Dordrecht / Boston / London 2001.

[8] Ursula Klein: The Creative Power of Paper Tools in Early Nineteenth-Century Chemistry, in: dies. (Hg.): Tools and Modes of Representation (wie Anm. 7), 13-34.

[9] Eric Scerri: The Periodic Table: The Ultimate Paper Tool in Chemistry, in: Klein: Tools and Modes of Representation (wie Anm. 7), 163-177, hier: 175. Siehe auch ders.: The Periodic Table. Its Story and its Significance, Oxford / New York 2007.

[10] Einen Ansatzpunkt bietet Nelson Goodmann: Languages of Art. An Approach to the Theory of Symbols, 2. Aufl., Bobbs-Merrill: Indianapolis u.a. 1968, 127-175. Aber auch kulturtheoretische Ansätze, die Notationen und Niederschriften im Verbund als "Schriftbildlichkeit" sehen und die sich diesem Phänomen vor allem durch die Zeichentheorie annähern, tun sich im Rückbezug auf eine wissenschaftliche Praxis und dafür entscheidende, epistemische Fragestellungen schwer. Vgl.: Sybille Krämer: Writing, Notational Iconicity, Calculus: On Writing as a Cultural Technique, in: MLN 118, 3 (2003), 518-537. Dies ist ein Grund mehr für uns, den generativen Aspekt des epistemischen Dreischritts "Notation – Niederschrift – Geschichte" zu betonen. Vielversprechend sind darüber hinaus die Projekte, die im Rahmen des DFG Graduiertenkollegs 1458 "Schriftbildlichkeit" an der Freien Universität Berlin bearbeitet werden. Konkrete verschriftlichte Ergebnisse des seit Oktober 2008 aktiven Graduiertenkollegs stehen jedoch noch aus. Vgl. auch Gabriele Brandstetter: Tanz als Wissenskultur. Körpergedächtnis und wissenstheoretische Herausforderung, in: Sabine Gehm / Pirkko Husemann / Katharina von Wilcke (Hg.): Wissen in Bewegung. Perspektiven der künstlerischen und wissenschaftlichen Forschung im Tanz, Bielefeld 2007, 37-48, hier: 38.

[11] Christopher Donovan: Postmodern Counternarratives. Irony and Audience in the Novels of Paul Auster, Don DeLillo, Charles Johnson, and Tim O'Brien, New York / London 2005, 71-73; weiterführend: Aliki Varvogli: The World that is the Book: Paul Auster's Fiction, Liverpool 2001.

[12] Und dieser Reproduktionsprozess setzt sich im Schreiben der Protagonisten innerhalb der Romane fort. Vgl.: Steven E. Alford: Spaced-out: Signification and Space in Paul Auster's "The New York Trilogy", in: Contemporary Literature 36 (1995), H. 4, 613-632; weiterhin: Dennis Barone (Hg): Beyond the Red Notebook: Essays on Paul Auster, Philadelphia 1995.

[13] ZKM, Karlsruhe, 01. März – 26. Juni 2009.

[14] Siehe den ausführlichen Katalog: Hubertus von Amelunxen / Dieter Appelt / Peter Weibel (Hg.): Notation. Form und Kalkül in den Künsten, Berlin 2008.

[15] Friedrich Nietzsche: Sämtliche Werke, Bd. 9, München / Berlin 1980, 587.

[16] Anke te Heesen: Die Einkaufsliste, in: dies. / Bernhard Tschofen / Karlheinz Wiegmann (Hg.): Wortschatz. Vom Sammeln und Finden der Wörter, Tübingen 2008, 137-141, hier: 138.

[17] Diese Zwischenhaftigkeit ließe sich gleichsam auch im Feld der Tanznotation untersuchen: Auch im modernen Ballett oder im modern dance, im Grunde seit Anbeginn der Verschriftlichung von Choreographie, ist der Choreograph mit der Herausforderung konfrontiert, Bewegungsrichtungen, das entsprechende Körperteil, Positionsangaben und -veränderungen, Gesten, Gewichtsübertragungen sowie den erforderlichen Zeitaufwand auf Papier festzuhalten. Als epochales Beispiel soll hier die Labanotation dienen, benannt nach dem ungarischen Choreographen und Tanztheoretiker Rudolf von Laban (1879-1958), die zugleich als "Konzept der Archivierung und der Produktion von Choreographie" Anwendung finden sollte. Zitat aus Gabriele Brandstetter: Tanz als Wissenskultur. Körpergedächtnis und wissenstheoretische Herausforderung, in: Gehm / Husemann / von Wilcke: Wissen in Bewegung (wie Anm. 10) 37-48, hier: 38.

[18] Die Telephonie, in: Aus der Natur 30 (1862), 470-474, hier: 470.

[19] Dominik Schrage: Psychotechnik und Radiophonie. Subjektkonstruktionen in artifiziellen Wirklichkeiten 1918-1932, München 2001, 192-195.

[20] Claude Lévi-Strauss: Sehen, Hören, Lesen, Frankfurt a.M. 2004.

[21] Andrea Valle: La notazione musicale contemporanea. Aspetti semiotici ed estitici, Turin 2002, 14.

[22] Catherine Massip: Le livre de musique, [Paris] 2007, vor allem 11-40.

[23] Massip: Le livre de musique (wie Anm. 22), 21.

[24] Hans Heinrich Eggebrecht: Musik im Abendland. Prozesse und Stationen vom Mittelalter bis zur Gegenwart, München 1991.

[25] Eggebrecht: Musik im Abendland (wie Anm. 24), 48ff, 300-304, 553f., 680ff; dazu grundlegend: Willi Apel: Die Notation der polyphonen Musik, 900-1600, Wiesbaden 1981.

[26] Eggebrecht betont dabei das Vorangehen der Praxis: "[...] die Theorie schafft nicht die Mehrstimmigkeit, sondern verleiht ihr das Moment der Ars." Eggebrecht: Musik im Abendland (wie Anm. 24), 21.

[27] Zuoshi Zhang: Geschichte, Anwendung und Sinn der chinesischen Ziffernnotation. Eine musikwissenschaftliche und -pädagogische Studie, Aachen 1997, 7.

[28] Jürgen Osterhammel: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, München 2009, 28-30.

[29] Simon Rattle: Leaving home – Orchestral music in the 20th century. Vol. 1, Dancing on a Volcano, Leipzig 2005. Es ist augenscheinlich, dass gerade der Realismusbezug moderner Kunst zur Polyphonie der Darstellungsarten nötigte. Einführend: Helga de la Motte-Haber: Realismus und Realitätsaneignung als "Programm" in der Musik des 20. Jahrhunderts, in: dies. (Hg.): Musikästhetik, Laaber / Oberpfalz 2004, 151-160.

[30] Zur Inszenierungsgeschichte der Oper siehe Ulrich Bartels (Red.): "Die Liebe als unendliche Qual". Zur Inszenierungsgeschichte von Tristan und Isolde bei den Bayreuther Festspielen, Universität Hildesheim, Institut für Musik und Musikwissenschaft, Hildesheim 2008.

[31] Arnold Schönberg: Stil und Gedanke. Aufsätze zur Musik, Frankfurt a.M. 1976, 73.

[32] Daniel Charles: John Cage, Charles Ives und der Transzendentalismus, Berlin 1994, 16.

[33] Valle: La notazione musicale contemporanea (wie Anm. 21), 14f.

[34] Siehe zum Beispiel Daniel Charles: John Cage oder die Musik ist los, Berlin 1979.

[35] Durch einen verzweifelten Zuhörer ob des Vorhandenseins von Anfang, Mittelteil und Ende in seinen Kompositionen befragt, antwortete Cage: "Selbstverständlich, aber nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge. " Siehe: Jos de Mul: Zeitenwende. Wie die digitale Revolution unsere Wahrnehmung von Geschichte verändert, in: Kulturaustausch III (2009), 77, online unter: http://www.ifa.de/pub/kulturaustausch/archiv/ausgaben-2009/good-morning-america/zeitenwende/ <20.5.2010>.

[36] Dahingehend hervorragend: Jean-Yves Bosseur: Les notations au XXe siècle, entre fixité et ouverture, in: Sylvie Bouissou (Hg.): Historie de la notation de l'époque baroque à nos jours, Paris 2005, 191-270.

[37] Frederic Jameson: Foreword, in: Jaques Attali: Noise. The Political Economy of Music, Manchster 1985, VIII. Dies beinhaltet freilich auch die zunehmende Reduktion des "menschlichen Faktors" bis hin zur Überdetermination durch Notation, die dann, wie György Ligeti betonte, auch ins Gegenteil der Überbestimmtheit, ins Chaos umkippen kann. Dazu: Karlhein Essl: Wandlungen der elektroakustischen Musik, in: Thomas Dézsy / Stefan Jena / Dieter Torkewitz (Hg.): Zwischen Experiment und Kommerz. Zur Ästhetik elektronischer Musik, Wien 2007, 37-84.

[38] Julia Voss: Darwins Bilder. Ansichten der Evolutionstheorie, 1837-1874, Frankfurt a.M. 2007, 95.

[39] Julia Voss / Sahotra Sarkar: Depictions as surrogates for places: from Wallace's biogeography to Koch's dioramas, in: Philosophy & Geography 6 (2003), H. 1, 59-81.

[40] Voss: Darwins Bilder (wie Anm. 38), 225.

[41] Siehe dazu Phillip Sarasin: Darwin und Foucault. Genealogie und Geschichte im Zeitalter der Biologie, Frankfurt a.M. 2009, 188-195.

[42] Horst Bredekamp: Darwins Korallen, in: Anke te Heesen / Petra Lutz (Hg.): Dingwelten. Das Museum als Erkenntnisort, Köln 2005, 77-87, hier: 80. Bredekamp verficht die These, dass Darwins Evolutionsdiagramm nicht dem klassischen Baummodell folgt, sondern der Struktur einer Koralle, die Darwin 1834 am argentinischen Meeresufer gefunden habe. Um eine möglichst hohe Deckungsgleichheit der vermeintlichen Vorlage mit dem späteren Diagramm zu erzielen, spiegelt Bredekamp das Original und retuschiert darüber hinaus einen Seitenarm – und legt seiner Deutung demnach eine höchst zweifelhafte Visualisierungspraktik zu Grunde.

[43] Siehe zum Beispiel Robin Jones u.a.: The Art of Lisp Programming, London u.a. 1990; über: George Springer / Daniel P. Friedman: Scheme and the Art of Programming, Cambridge, Mass. 1989; bis zu Zed Shaws Freehacker's Union, http://www.zedshaw.com/essays/the_freehackers_union.html <16.12.2009>.

[44] Eric S. Raymond: The Art of Unix Programming, Boston 2004, verfügbar online: http://www.faqs.org/docs/artu/ < 10.03.2010 > .

[45] Raymond: The Art of Unix (wie Anm. 44), online: www.faqs.org/docs/artu/ch01s01.html <10.03.2010>.

[46] Donald E. Knuth: The Art of Computer Programming, Reading, Mass. u.a. 1968–2009. Vor allem die letzten Teilbände gehen stark auf das dem Programmieren zugrunde liegende und die Produktivität leitende graphische Denken in Baumstrukturen ein, siehe zum Beispiel den 2007 erschienenen Teilband: Generating All Trees. History of Combinationatorial Generation, in ebd., Vol. 4, Fascicle 4.

[47] Die Rückwirkung des Gedankens einer im Programmieren zur Geltung kommenden Kunstform auf die Welt der Kunst findet dabei zunehmend Beachtung. Vgl. Heike Klippel: "The Art of Programming". Film, Programm und Kontext, Münster 2008.

[48] Bruno Latour: Reassembling the Social. An Introduction to Actor-Network-Theory, Oxford / New York 2007, 63ff.

[49] Beide Beispiele finden sich in dem anregenden Aufsatz von Philipp Felsch: Aufsteigesysteme 1800-1900, in: Nach Feierabend. Zürcher Jahrbuch für Wissensgeschichte 1 (2005), 15-32.

[50] Vgl. Markus Krajewski: In Formation. Aufstieg und Fall der Tabelle als Paradigma der Datenverarbeitung, in: Nach Feierabend. Zürcher Jahrbuch für Wissensgeschichte 3 (2007), 37-55. Darin bearbeitet Krajewski unter anderem die Frage, auf welchem Wege aus bloßen Daten Informationen werden und welche Rolle die Tabelle während dieser Transformation spielt.

[51] Carlo Ginzburg: Spurensicherung. Der Jäger entziffert die Fährte, Sherlock Holmes nimmt die Lupe, Freud liest Morelli – die Wissenschaft auf der Suche nach sich selbst, in: ders.: Spurensicherungen. Über verborgene Geschichte, Kunst und soziales Gedächtnis, Berlin 1983, 61-96, hier: 73f.

[52] "Geschichte und Geschichten. Über Archive, Marlene Dietrich und die Lust an der Geschichte". Carlo Ginzburg im Gespräch mit Adriano Sofri, in: Ginzburg: Spurensicherungen (wie Anm. 51), 7-24, hier: 11.

[53] Vergleiche das Interview mit Philipp Sarasin in dieser Ausgabe, <5> und <19>.

[54] Vergleiche das Interview mit Monika Mommertz in dieser Ausgabe, <22>.

[55] Vergleiche das Interview mit Natascha Vittorelli in dieser Ausgabe, <37>.

[56] Was heißt eigentlich 'lediglich' angesichts der sonst völligen Ausblendung der Möglichkeit des Scheiterns im historiographischen Schreiben?

[57] Karl Schlögel: Terror und Traum. Moskau 1937, München 2008, 10, 24f.

[58] Vergleiche das Interview mit Karl Schlögel in dieser Ausgabe, <10>, der ausführliche Parcours durch die gescheiterten Zugänge: <12>–<14>.

[59] Das kann natürlich auch entscheidend sein wie bei Philipp Sarasin, der als Urlaubslektüre im Flugzeug nach Equador Darwins Origin of Species zu lesen begann und mit einem mal dachte: "der schreibt ja wie Foucault" – oder eben umgekehrt. Vergleiche das Interview mit Philipp Sarasin in dieser Ausgabe, <15>.

[60] Vergleiche das Interview mit Staffan Müller Wille in dieser Ausgabe, <23>.

[61] Vergleiche das Interview mit Randolph Starn in dieser Ausgabe , <5>–<6>.

[62] Vergleiche das Interview mit Randolph Starn in dieser Ausgabe , <3>.

[63] Vergleiche das Interview mit Monika Mommertz in dieser Ausgabe, <14>.

[64] Vergleiche das Interview mit Staffan Müller Wille in dieser Ausgabe, <11>.

[65] Hans-Jörg Rheinberger: Glück in der Forschung, in: Renate Breuninger (Hg.): Glück, Ulm 2006, 195-209, hier: 199.

[66] Rheinberger: Glück in der Forschung (wie Anm. 65), 195f.

[67] Paul Feyerabend: Wider den Methodenzwang. Skizze einer anarchistischen Erkenntnistheorie, 3. überarbeitete Neuauflage, Frankfurt a.M. 1983, vor allem 33-38, 71-88.

[68] Rheinberger: Glück in der Forschung (wie Anm. 65), 197.

[69] Vgl. dazu Arnd Hoffmann: Zufall und Kontingenz in der Geschichtstheorie. Mit zwei Studien zu Theorie und Praxis der Sozialgeschichte, Frankfurt a.M. 2005. Dazu auch, wenngleich deutlich hinter dem Lorenzschen Anspruch zurückbleibend: Helmut Neuhaus: Der Historiker und der Zufall, in: Neue Wege der Ideengeschichte. Festschrift für Kurt Kluxen zum 85. Geburtstag, hg. von Frank-Lothar Kroll, Paderborn / München 1996, 61-80; Christian Meier: Der Zufall in der Geschichte und Historie, in: Zufall. Mainzer Universitätsgespräche, hg. von Günter Eifler u.a., Mainz 1995, 105-125.

[70] Reinhart Koselleck: Der Zufall als Motivationsrest in der Geschichtsschreibung, in: ders.: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, 4. Aufl., Frankfurt a.M. 2000, 158-175.

[71] Vergleiche das Interview mit Philipp Sarasin in dieser Ausgabe, <5>.

[72] Henning Trüper: Das Klein-Klein der Arbeit: die Notizführung des Historikers François Louis Ganshof, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 18 (2007), H. 2, 82-104.

[73] Da die Notizsammlungen nicht selten in einem alles andere als "planvollen, durchdachten und im einzelnen überlegten Prozess" entstanden, vermag das Fehlen eines Verweissystems nicht zu verwundern. Die Ganshofsche Arbeitspraxis war "intuitiv, ungefähr und größtenteils implizit". Vgl. Trüper: Das Klein-Klein (wie Anm. 72), 98.

[74] Trüper: Das Klein-Klein (wie Anm. 72), 88.

[75] Vergleiche das Interview mit Natascha Vittorelli in dieser Ausgabe, <45>.

[76] Wilhelm von Humboldt: Über die Aufgabe des Geschichtsschreibers [1821], in: ders.: Schriften zur Anthropologie und Geschichte, 2. Aufl., Darmstadt 1969, 585–606, hier: 585.

[77] Auf das Plädoyer des französischen Historikers Daniel S. Milo zur "gaie histoire" verweisend: Marion Herz / Alexander Klose / Isabel Kranz / Jan Philip Müller: Einleitung, in: Butis Butis (Hg.): Goofy History. Fehler machen Geschichte, Köln 2009, 7-15, hier: 13.

Empfohlene Zitierweise:

Frank Wolff / Alexander Kraus : Notation – Niederschrift – Geschichte. Sondierungen im Lande eines epistemologischen Dreischritts , in: zeitenblicke 9, Nr. 2, [27.08.2010], URL: https://www.zeitenblicke.de/2010/2/einfuehrung/index_html, URN: urn:nbn:de:0009-9-25904

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