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Abstracts

Armin Heinen : Mediaspektion der Historiographie. Zur Geschichte der Geschichtswissenschaft aus medien- und technikgeschichtlicher Perspektive, in: zeitenblicke 10 (2011), Nr. 1.

Der technische Umbruch der letzten 30 Jahre hat den Blick auf die medialen Grundlagen der Geschichtswissenschaft gelenkt. Doch noch fehlen Studien, die die Kulturgeschichte der Technik geschichtswissenschaftlichen Arbeitens umfassend beschreiben. Der Aufsatz zielt thesenartig auf die Erörterung des angesprochenen Zusammenhangs und deckt die Zeit von der Aufklärungshistorie bis in die Gegenwart ab. Nach einem kurzen Überblick zur Mediengeschichte werden drei grundlegende Tendenzen herausgearbeitet: die Entörtlichung, die Entschriftlichung und die Entlinearisierung. In einem weiteren Zugriff werden die Auswirkungen auf einzelne Felder wissenschaftlichen Arbeitens betrachtet: das Geschichtsstudium, das wissenschaftliche Publizieren und die Funktion der Geschichtswissenschaft in der Gesellschaft. Auch hier deuten sich Umbrüche an, die das geschichtswissenschaftliche Arbeiten grundlegend verändern. Thesenartig könnte man von der Medialisierung des Studiums sprechen, von einer Dialektik der Entprofessionalisierung und Versachlichung des Publizierens auf der einen, der bewusst künstlerischen Gestaltung geschichtswissenschaftlicher Veröffentlichungen auf der anderen Seite, schließlich von der Notwendigkeit, mehr als bisher ganz unterschiedliche Lebensstile und -entwürfe in der Geschichtsschreibung zu berücksichtigen. Zum Abschluss soll in einer höchst vorläufigen und ausschließlich heuristisch gedachten tabellenartigen Übersicht der Zusammenhang von geschichtswissenschaftlicher Schulbildung und verschiedenen Formen der Geschichtsschreibung anschaulich gemacht werden.

 

Gabriele Lingelbach : Ein Motor der Geschichtswissenschaft? Zusammenhänge zwischen technologischer Entwicklung, Veränderungen des Arbeitsalltags von Historikern und fachlichem Wandel, in: zeitenblicke 10 (2011), Nr. 1.

Der Beitrag befasst sich mit der Wechselwirkung zwischen technologischen Innovationen einerseits und dem beruflichen Alltag von Historikern sowie der Entwicklung des Fachs andererseits. Neben dem Lehralltag werden die Forschungstätigkeiten wie etwa die Arbeit im Archiv oder die bibliographische Recherche daraufhin analysiert, inwieweit deren Wandel auf technische Entwicklungen zurückzuführen ist. Darüber hinaus wird diese Frage auch im Hinblick auf die Prozesse des Verfassens und Veröffentlichens von Forschungsarbeiten gestellt. Beleuchtet wird zudem der Zusammenhang zwischen thematisch-methodischem Wandel und technologischer Entwicklung.

 

Markus Krajewski : Werkzeuge und Strategien der Technikgeschichtsschreibung. Oder: Wie kann man einfach "alles" aufzeichnen?, in: zeitenblicke 10 (2011), Nr. 1.

Abseits der großen historiographischen Schulen formieren sich zur vorletzten Jahrhundertwende in der Provinz des Denkens personell kleine, im Gegenstand dafür umso ehrgeizigere und größer angelegte Projekte, Geschichte zu schreiben. In Leipzig etwa richtet Karl Lamprecht gegen die auf politische Großereignisse fokussierte Historiographie à la Leopold von Ranke seine Konzeption von Weltgeschichte, die neben dem erbitterten "Methodenstreit" auch gleich noch einige Filiationen in benachbarten Disziplinen mit sich bringt. Einer dieser heimlichen Adepten ist der Ingenieur kraft eigener Ernennung und historiographische Autodidakt Franz Maria Feldhaus, der in einem wagemutigen Großvorhaben versucht, nichts weniger als eine vollständige Sammlung aller Artefakte und historischen Ereignisse zu versammeln, die "irgendwie" zur Technik in Beziehung stehen. Den Motor wie gleichermaßen den Kolbenfresser dieses Vorhabens bildet seine nach allen Regeln der zeitgenössischen Büroorganisationskunst aufgebaute Kartei, deren Betriebsmechanismus samt seiner praktischen wie erkenntnistheoretischen (Un-)Zulänglichkeiten in diesem Aufsatz näher ergründet werden.

 

Henning Trüper : Unordnungssysteme. Zur Praxis der Notizführung bei Johan Huizinga, in: zeitenblicke 10 (2011), Nr. 1.

Der Aufsatz untersucht die Eigenheiten von Johan Huizingas (1872-1945) Praxis der Notizführung. Dabei werden einzelne, archivalisch überlieferte Zettelsammlungen im Detail analysiert. Leitend ist die Frage, in welchem Verhältnis der Text der Notizen zum Fließtext von Huizingas wissenschaftlichen Arbeiten stand. Um dieses Verhältnis genauer beschreiben zu können, wird ein Versuch unternommen, den Zusammenhang zwischen Schriftlichkeit der wissenschaftlichen Arbeit einerseits und Etablierung partikularer Temporalitäten im Zusammenhang mit der Bestimmung wissenschaftlicher Gegenstandsbereiche andererseits herauszuarbeiten. Der Aufsatz zielt auf die Störungen und Antagonismen – in diesem Sinn die "Unordnung" – ab, die sich aus der Konstitution solcher wechselseitig aufeinander bezogenen Temporalitäten im Plural ergeben. Hierin wird das Zusammenwirken von Notizen und Fließtext auf eine neuartige Weise fassbar.

Erstellt von: RedaktionZB
Zuletzt verändert: 2012-10-08 12:11 PM