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1 (2002), Nr. 1: Inhalt
Urgicht Wolf
Urgicht Anne
Brief des Landgrafen

Thomas Lange, Zwei exemplarische Quellen

Originale
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Thomas Lange

Thomas Lange (zus. mit J.R. Wolf): Hexenverfolgung in Hessen-Darmstadt zur Zeit Georgs I. - Mit einer Edition des Briefwechsels zwischen den Landgrafen Georg I. und Wilhelm IV. über Hexereifälle im Jahre 1582. In: Archiv für Hessische Geschichte und Altertumskunde, 52/1994, S. 139-198; hier: S. 170 - 198

Aus: Hessisches Staatsarchiv Marburg, Bestand 4 c Darmstadt, Nr. 163

Urgicht und Bekandtnus der alten Weberin Söhnlein Wolffs

Als itzt berürter alten Weberinnen Tochter Sara Matthes Baders hinderlaßene Wittwe, sich dem 10. Juli gegen morgen von der kette darann sie gelegen, loß gefeilt und so baldt das Thor uufgegangen, davon gemacht hatt, man auff niemand anders denncken könnte, wer ihr die feil zubracht haben möchte, als uff ihren jüngsten Bruder Wolffen, welcher als ein kleiner Knabe darauf man keine achtung geben, bey ihr aus und eingegangen und was sie etwas nach ihrer leibs gelegenheit bedürfft, zugetragen, bevorab weil berürter Knabe desselbigen morgens understandten seine Kleider zusammen zu packen und gleicher gestaldt darvon zu ziehen, deswegen hat man Ihnen uffs ratshaus geführet, und er solichs durch dem Keller und Schultheißen im beisein der scheffen fragen lassen, ob er nitt seiner Schwester darvon geholffen, und selbst auch hinweg lauffen wöllen, wo er die feil genohmen, Item wohin er und sein Schwester sich wieder zusammen bescheidten hetten, wie wol [7]

er nun erstmals leugnen wollte, hat er doch uff vielfaltiges erinnern gestanden, das er die feil auf der Garten Schreinerei geborgett, mit dem vorgeben, es wollte sie der Pfortner brauchen, und hatte sein Schwester ihn gehn Langen bescheiden, da sie einander wieder antreffen wollten.

Und dann hierneben, der Knabe sich hin und wieder sonnderlich aber gegen ettliche Medtlein hette vernehmen lassen, daß er der alten Dreieichers Tiehter oder Neptis Annen gesehen hette mit dem teuffel Hochzeit halten, wie das zugangen, were darbeigewesen, und welcher maßen die braut einen guldenen Schuh damals verlohren, das hat mann Ihm solcher redt halber auch gefraget. Und als er nichts gestehen wollen, die Medtlein under augen gestellet, welche ihme seine hiebevor gethane wortt umbstendiglichen wieder fürgesagt, und darbei erinnert. wie er sich berumbt habe, er könne ein Schloß mit einem Riemen sennkel auffthun, dießer rede gestundt entlich der Knabe, wollte aber sagen, er hette es dem Meidtlein uff dem felde als sie gekrauttet also vorgesagt, daß sie [8]
ihme auch Krautt hetten geben sollen, sonsten war es nicht wahr; Man hat aber mit solcher Anntwort nit zufrieden sein können, sondern die Warheit wissen wöllen, derowegen ist er nachmittage uffm neuwen thor abermals abgehöret, und sind ihme auff sein Leugnen mit der rutten mehr nit als drei Streich durch den Büttel geben worden, darauff rieff er "hilff liebes Engelchen hilff", und als er gefragt wardt, was er für einen Engel damit meintte, gab er für, unsernn Herr Gott gleichwohl bekannte er hernach, er hette seinen Teuffel Fedderwisch damit gemeint; Bekannte aber volgendermaßen, welche Bekandtnus er auch hernach ordentlich repetirte am 17. Juli.

Und umfenglich befragt, wer Ihme zu sohlchen Teuffels Täntzen zum ersten bracht, wie es zugegangen, uff wieviel täntzen er gewesen, wo und umb welche Zeitt dieselbigen gehaltten worden, was da bey der Zeitt vorgegangen, wer darbei gewesen, was der Teuffel verheißen, und was er Ihme hinwieder zugesagt, oder gelehret, was [9] er von seiner Mutter, Schwester und Brüder der Zauberei, Vergifftung und annders halb, wisse oder gesehen habe; hieruff hat er geantwortet, seine Mutter, die alte Weberin, hette Ihme kurtz zuvor, ehe sie gefenglich eingezogen, uff dem Tantz bei dem Grießheimer Brunnen mitgenohmen, und were gegen abend eine Kutsche mit einer schwartzen Decken behennckt beim Riedstein alhier in der Stadt gestandten, gleichwohl keine Pferdt dafür geweßen; Druff hette sich sein Mutter, Stro-Ursell, und die Dreieicherin gesetzt, und ihme bevohlen er soltte geschwindt hernach eilen. Danach hette der Pfortner einem bauers von Arheiligen hinaus gelaßen, mit dem wehre er auch hinaus kommen. Er wiste aber nit, ob er danach gefahren oder gegangen, denn er schnell da gewesen, doch hette er seine Mutter schon da fundten, und wehre ein schwartzer Bub zu Ihm kommen, der sich Fedderwisch genanndt, und zu Ihme gesagt, er sollte zu seiner Mutter kommen; als ers nun gethan, hette sie ihme hinder [10]

einem baum zu setzen, und sich nit umbzusehen, sondern still zu schweigen geheißen. Wie er nun ein weil hinderm baum gesessen, wehre sein Mutter zu ihm kommen, und gewoldt, er solte zum teuffel kommen, und ihme die Handt geben, dessen er sich geweigert. Da habe sie ihme genohmen, und hertzu gezogen, , und da seine linke handt in des Teuffels schlotzen , hab er der Knabe gefühlt, daß die handt kalt gewesen, und kein Fleisch sondern klauwen gehaptt. Als er auch seine handt wieder zurück gezogen, hab der Teuffel, so sich wie zuvor Fedderwisch genannt, zu ihme gesagt, er hette ihm nun die handt geben, und könnte nimmer mehr sich seiner vertziehen, da er auch Dreißig Jar alt würde müßt er sein Knecht sein, wollt er ihm ein neue lundisch kleidt machen laßen, auch essen und trincken genug verschaffen, und hette ihm sein Mutter uff diesem tantz ein Stück Brot und Kese gegeben, waren aber schwartz und bitter gewesen.

Bei diesem tantze hett er gesehen sein Mutter, die Dreieicherin, und Stro Urseln, und seinen Bruder Lorentzen, sonsten weren [11]

große und kleine thier mit Hörnern, die großen schwart und die kleinen weiß, umbher gehupfft, auch weren schwartze menner da gewesen, welche lange schwartze Mentel angehapt, die Hende weren wie hüner Füße gewesen, hette die Füß nit sehen können vor den langen Menteln. Ihr saitten Spiel were seines Bedünkens ein Sackpfeiffen gewesen, hette aber klein gelauttett. Volgentt were sein Mutter wieder uff dem schwartzen Wagen hinder der Muhm in die Stadt gefahren, er aber hette nit vort kommen können, sondern vollents die nacht in Marx (Durchgestrichen: Mathes) Baders Hauß zu Beßungen bleiben müßen, bis uff den Morgen.

Ferners bekannth er, das er einmahl mit seiner Mutter auf einem Pflatz kommen, welche sie die Helle genannt hetten, dahin wehren die anderen all gefahren, er aber ganngen, wüste aber gleichwol nicht, wo der Ortt wehre, oder wie er den Pflatz hette findten. Da wehre ein groß Feuer gewesen, Item 6 Teuffel und sonsten 10 Personnen, und ein langer schwartzer Pfaff mit einem [12]

schwartzen Manttel, sonder Kopff aus der hellen gangen, und der Dreieichern Tochter mit einem andern Teuffel zusammen geben, damals hetten sie nicht getanzett, sondern als sie wieder heimkommen wehren in der Dreieichern Haus oben uff dem Boden erschienen, sein Mutter, die alte gude, ihr Tochter Martha, Stro Ursel, die Dreieichern und ihr Tochter, da hetten sie getanzt und berurt Tochter einen roten Rock mit einer grünen Leisten, auch einen Krantz uff dem linken Ohr und ein Paar Sammette schue mit zweiern güldenen Riemchen angehapt, darvon sie den rechten schuh der Zeit verlohren, darauff die Stro Ursel gesagt: Nun werden wir alle sampt dies Jar kein Glück haben; und wehre solcher tantz des nachts umb zwei Uhrn gehaltten worden, der Bräutigam aber so mit der Braut getanzet, wehre ein langer schwartzer Mann mit einem langen schwartzen härichten Kleidt gewesen, und hette vier Füße gehapt und gleichwol uffrichtig gangen. Die andern teuffel aber alle lange rock getragen. Die Mutter hett Ihme desselbig mahl einen [13]

kranntz gegeben, war aber all voll lause gewehsen, darumb hette er Ihme hinweg geworffen. Als auch sein Mutter noch in der Badstuben allhier gewonnet, seien bei Nacht zu ihr schwartze Katzen kommen, so groß wie Hemmel, sie hette sie wol hinweg gejagt, aber nit geschlagen; hetten ein greulich seltsam geschrei gehapt nicht wie andere Katzen.

Sein Teuffel Fedderwisch hab zu Ihme gesagt, er solle des beinbruchs nehmen, so under dem weißen sandt liege, auch Teuffelsbeer laub, birnbaumem laub und ein faule birn, solches beisammen in einem topff sieden, so werden junge Katzen daraus. Er könne es aber noch nicht, weitter hette er Ihmem nichts gelehret, sondern verheißen, wann er 30 Jar alt sei, woll er Ihnen allerlei Spiel lehren. Er müßte aber nit betten, sonsten könne er ihm nicht beiwohnen, und da er mit ihme nit jeder Zeit reden würde, wollte er Ihme de hals umbtdrehen. Desselbigen tags als sein Mutter verbrannt sei worden, und er gegen abent brott gebettlet, sei er der Teuffel mit [14]

einem langen Mantel in des Schencken Hauß hinder der Keller Thür zu ihme kommen und gesagt, wenn die 30 Jar umb sein, wollt er wieder zu Ihme kommen, solte er alsdann sein Knecht sein, und wolte Ihnem viel hüpscher Spiele lehren. Es hette ihn auch sein Mutter vom betten abgewehret und getrouet, wann er in die Schule ginge, wollte sie ihme die Bücher alle verbrennen und da er betten würde, Ihmem Geißlen, wie man gott gegeißlett hatt.

Sagt sonsten von der einen Schwester Dorothea, daß sie auch ein Zauberin sei, wann sie gegen die Mutter selbsten bekannth habe, das sie dreimahl auff den täntzen gewesen. So wieße er wohl, daß sie und sein Mutter Matthes Badern vergeben hetten, dann die beide einen tranck zu Beßungen gekocht, von fenchel und gersten, were aber weiß und schäumig gewesen, als wenn Kalk darin wehre, den hetten sie Matthessen uff einen Sambstag eingegeben. Darauff wehre er gleich den volgenden Tag zu 12 Uhrn gestorben. Die Sara hette wohl auch Ihme ein trank eingegeben, were lautter und rein gewesen [15]

Ob si aber dem Mann auch damitt hette vergeben wollen, wüßte er nit. Sein Mutter und Schwester Dorothea hettens ihme auch zu sagen verbotten, hette aber gleichwohl hernach der saren angetzeigtt, welche alzeit fröhlich dartzu geweßen, und als ihr Mann Mathes am thott beth gelegen, dartzu gelacht, auch des andern tags nach seinem thott mit einer, Salome genanth, dem schmidt knecht von sieben jaren überlauth gesungen.

Er hab auch gesehen, das Conradt Ballas viel Büberei mit seinen beiden Schwestern getrieben dann er Dorotheam bei Ihme hinder der Keltern und dann zweimahl in der scheuern fundten. Item die andere Schwester Saram bei Ihme Ballaßen im beth, hetten sich angenommen als schlieffen sie, wie er aber were aus der Kammer gangen, hetten sie weittlich miteinander gelacht.

Wuste wohl daß sein Mutter und Schwester Bleiasch, ungeleschten Kalk und gifft, Item von den negeln an den fingern und den Füßen der kranken Ballaßsen eingegeben und damit vergeben. Ballaß hette [16]

ihme bevohlen zu schweigen, wollte ihme einem Parchem Mützen und hudt schenken. Er hette auch wol gehört, Ballas sollte seiner Schwester Sara etwas verheißen haben. Es wehre einmahl ein Schüler Jung von Diepurg bei Conradt Ballas gewesen, und ihme vorgeleßen wie man einer vergeben könnte, daß sie in 9 Stunden sterben müßte.

Weitter sagt er, sein Schwester Dorothea hab zu Frannkfurth gestollen, zwei decken, ein körblein und ein Leichlach im Teutschen Hause. Ir Mann aber der Kesselflicker, hab zu Aschaffenburg im Schloß aus der badstuben ein deckbeth und 3 leinlach, Item zu Oppenheim dem Wirt zur Kautten vorm Fenster 4 fl. genohmen. Soviel dann die beiden Brüder Lenhartten und Lorentzen belangt, weren sie beide Zauberer und könnten Katzen machen. Er hette es von ihnen auch lernen wöllen, darauff sie gesagt, sein fedderwisch würde es ihm wohl lernen. So wehr Leonhard, welcher itzo zu Heppenheim beim Zigler [17]

ist dreimal auff dem tantz gewesen, und mit der Stro Urseln einmall getanzett. Lorentz were zu Marpurg und hieß sein Teuffel Kuttorff, von des andern nahmen wüste er nitt.

Letztlich seiner Schwester Saram außbrechen betreffent, hett er zuvor gesagtt, das er uff ihr geheiß und annleidten die feil auf der hern Schreinerei geborgt, und Ihr zubracht, auch ir willen es gewesen were zu Langen dahin sie sich bescheiden, zu ihr zu kommen. Sie die sara hett im gefengnus offt wieder Ihm gesagt, wenn sie vermerkt, das sie solt umbs Leben bracht werden, solte er Ihr ungeleschten Kalk bringen, woltte sie demselbigen in dem wein thun und Ihr also selbsten vergeben. Wenn sie aber die ketten oder Schloß entzwei bringen könnte, woltte sie das thurmseil nehmen, Ihre leinlachen daran knuffen, und sich über die Mauer hinab lassen. Dann sie wuste wohl, wie es Ihr sonsten gehen würde. [18]

No(ta):
Obwohl dieser Knab noch klein und jung, so ist er doch frech, keck und ein großer Duckmeußer, welcher seinem Fedderwisch nent und soviel acht(et) als wenns seiner Spielgesellen einer under den Kindern uff der gaßen wehr, hat sich uff dem Bettelstab gentzlich ergeben, wird ohne Zweivel viel mehr hinder Ihme haben und wießen, sonderlich aber ist zu verwundern, wo er nit so arg von Natur wer, das er die schreckliche hendel so er gesehen und gewust, so lange hat verschweigen können. [19]

Der Dreieicherin Tiehter Annen guetlicht bekanntnus

Nachdem der alten Weberin Sohn Wolff, desgleichen die alte Lenhardin so geübter Zauberei halber alhier gefenglich sitzt, Inn ihren Urgichten uff berurtes Meidtlein Annen bekannt, das es mit uff den teuffels täntzen gewesen und Hochtzeit gehalten, hat, hat man es am 12. Juli deswegen zur red gesetzt. Und als es läugnen wollen, vorgedachten Knaben und die alte Lenhardin ihme dem Meidlein under augen gestellet, und sonderlich die Lenhardin das Meidlein erinnert, ob sie nit mit ihrer Elter-Mutter, der Dreieicherin und der Stro Urseln und der alten Schneiderin bei Grießheim under dem Brunnen uff einem Teuffels Tantz gewesen. Und zum wartzeichen hab sie die Lenhardin damals gesehen, wie junge Teuffel über einem Hauffen gelegen und gezappelt, und als sie gefraget, was liegt dortten, hette Stro Ursel darauff geantwortet, es were die Braut nemblich die junge Dreieicherin. Hette gesehen, das die Teuffel ihme dem Meidtlein ein bruset aus dem busen getzogen und es salva reverentia hindten und fornen gelecket.

Hiertzu schweigt das Meidtlein still, sagt endlich als es des stillschweigens halber gefragt wart, mit einer Schwermuth, "O Lenhardin, das nempt uff euer Pfanndt." Volgennts aber, weil ihme der Knabe auch seine wissenschaft inns gesicht gesagt, hat man es uffm rathaus durch den Keller und Schultheisen hieruff ferner fragen und darneben zusagen laßen, wo es die warheit bekennen würde, solte ihme von unserm gnedigen Fürsten und Herrn gnade wiederfahren, sonsten würde mann die ruthen brauchen.

Daruff hats damals wie auch den andern tag in der guete der Teufffels Hochtzeit und Tantz Item des beischlaffs gestanden. Als man aber den Umfang und alle gelegenheit umbstendiglich von ihm wissen wollte, so hat das Meidtlein nachvolgenden bericht gar bescheidentlich gethan.

Und sagt erstlich vor ungefehr zwei Jaren hette sein Elter Mutter, die alte Dreieicherin ihm einmal in die stuben zu kommen geheißen und gesagt, es sollte nieder- [21] sitzen und essen. Es were aber vom Tisch blieben, denn bei seiner Eltermutter zween kostlich Menner mit guldenen Ketten, mit samtenen Hüten und Federbuschen auch Sammet bekleidet, wie edelleuth, gesessen, und hetten rote Bärte damahls gehapt, welche gessen und aus silbern bechern getrunken hetten. Wie es das Meidtlein gedäucht, were aber kein Brot darbei gewesen. Sein elter Mutter hett ihm ein Stück Fleisch vorgeschnitten, welches aber gar bitter geschmeckt, hette es dasselbige hinweggeworfen und were aus der stuben gangen. Etlich zeitt aber hernach hette sein elter Mutter sie uff einen tantz bei Gehaborn mit genommen, hette außerhalb seiner Eltermutter niemand gekannt, die andern alle weren , doch köstlich bekleidet gewesen, und hetten durcheinander gelauffen, und gehupfft. Item gessen und gedrunken. Es das meidtlein aber hette damals nit mitgedantzet. Dabei were es verblieben bis uff negst verschienen weinachten. Da wer sein Elter Mutter zu ihm dem Meidtlein [22]

Inn einer dunklen Nacht kommen und gesagt, es solte mit ihr gehen, sie wolte ihme der menner einen, so es, wie ob(en) steht, Inn der stuben gesehen, geben, auch darneben verwarnet, wenn sie uff den Platz, dahin sie woltten, kommen, solte es, das meidtlein, sich nit endsetzen, oder fürchten, dann viel leuth da seinn würden. Als sich nun das Meidtlein ein etwas geweigert, hette die Elter Mutter gesagt, es werde genug haben und nicht allein hier uff erden, sondern auch dort inn ewigkeit große freude erlangen. Deswegen sich nit weigern. Also wer sie mit ihrer Elter Mutter zum Thor, welches offen gewesen, seins bedunkens, wie etwan geschwinde uff dem Platz bei dem Griesheimer brunnen, wie es gläubt, kommen, wer viel Volkck daselbsten gewesen, hette aber niemandt, dann allein sein Eltermutter gekanndt, denn die anderen alle gesehen, als wenn sie sich verstellt hetten, gleichwol in köstlichen Kleidern. Balt sei ein kurtzer kerl inn einem schwartzen Kleidt und schwartzem Bart zu Ihme getretten und sich beltzebock genandt, mit diessem [23]

hett seine Eltermutter geredt, es, das Meidtlein, aber hats nicht verstehen konnen, vonn stund ann sei ein langer schwartzer mann inn einem langen schwartzen kleitt da gewesen, und [aus]gesehen wie ein pfaff und den beltzebock und das Meidtlein inns Teuffels namen zusamen gegeben, und seine hanndt, welche wie auch des breutgams hanndt, sehr raue und kaltt gewesen, uff ihrer beider hanndt geleget, darauff der breutgam dem Meidtlein bevolen, es sollte ihm allein anbetten, und wann ihme mangel fürviele, ihme anruffen, woltte er ihme helffen, und genug geben, derowegen es so baltt gott absagen und den teuffel zuschweren müssen, da entgegen hette ir der breutgam etwas, wie ein Pfennig gestalt, und nichts wirdigs gewesen, nach diesem hetten sie miteinander getantzt, und wie der Tantz sich geendet, hette der breutgam des Meidtlein darunter geworffen, daß es ihme wehe gethan, die buchshosen abgezogen, ihme dem Meidtlein die kleider auffgehoben und ihm das membrum [24]

gewiesen, sei schwartz, rau und harich wie auch dick brinnet, und hartt gewesen als ein holtz, da ers ihme nun beibracht, habe es gefület, das berurt membrum eise kaltt gewesen, auch nicht wol, sondern wehgethan, habe bei einer halben stunde uff ihme gelegen, und hette wie der knabe ausgesaget, desmals einen roten rock mit einer grünen leisten anngehabt, vom krantz und schuh will es nit wissen, sagt ferners, das es hernach, wanns uff die tantze kommen, von seinem breutgam inns Teuffels namen endpfangen worden. Es hete dann mit seinem beltzebock allein getantzt, da wer nichts anderst gewesen, als Tantzen, essen trincken und beischlaffen, und hette ein jedes mit seinem bulen getantzt, wer altzeit eine sackpfeiffe da gewesen, hette beim essen so eitel Fleisch, weck, kein brot gesehen. Auserhalb den Tänntzen wer sein Buel bei der Meuhm ihme erschienen und mit ihme zu schaffen haben wollen, es hets ihme aber abgeschlagen. / Dies hett man nit glauben wollen und das Meidtlein mit der rutten bedrauett, darauff es bekanndt, es were war, sein bull hette damahls auch [25]

sich mit ihme vermischt, und hette bei einer stund geweret. Befragt, warum solchs leugnen wollen, ob es sich vor der rutten gefürchtet, anndwortet es, Nein, sondern es hette sich geschemet./

Und sagt, abermals were beltzebock zu ihme inn schachtgraben schwartz bräunlich gekleidet kommen und bei ihme geschlaffen, hette aber nit so lang wie die vorige mal geweret. Letztlich in seiner Elter Mutter Bruders Pauls Weingart sei er inn schwartzen kleidern kommen und wiederumb mit ihme unzucht getrieben, hette gleichfalls nit lang geweret, das es also vier mal mit dem Teuffel zu schaffen gehabet, jedes mal, wenn er zu ihme dem Meidtlein kommen, hab er es bedrauet, wo es nit seinen willen thun und bei ihm schlaffen würde, wollte er es umbs leben bringen, dann es were sein, wie es ginge und stünde. Er sei kurtz, schwartz und schwartz bekleidet gewesen, schawrtz am leibe und als ein holtz, mit gestalt als wann er fleisch oder blut hette, seine rede sei grob und hesslich. Es were wol in die Kirche gegangen [26]

aber sein bul, der beltzebock, hette es ihm wie auch das betten verbotten, und darbei gesagt, die Pfaffen seien eitel stemmler, lerten nichts.

Enndtlich sagt es habe keine ferners zauberei oder kunst von Teuffel oder seiner Elttermutter gelernt, sei an diessem zuviell. Es sei ihme aber hertzlich leidt, das es in diesen handel kommen, hetts niemands dann seiner eltermutter zu danncken, welche es dartzu brachte, besorgt sehr, gott werde es ihrer eltermutter nit vergeben, verhoff aber, gott werdes wieder zu gnaden auffnemen und sich seiner erbarmen. Welches alles es nit allein in gegenwart kelners und schultheisen mit vielen trenen bestendiglich hatt ausgesagt, sondern auch hernach als ihme dies im beisein des superintendenten von wortten zu wortten wieder vorgelesen wart wiederholet und bestetigt, wil anochdarbei verharren.

Dies Meidtlein hat vor langer zeit keine eltern gehabt, sondern ist bei ihrer eltermutter gewesen und uffertzogen worden. Ist sonsten zart und kleinnlich vonn leibe also das man es nit für so alt an- [27]

sehe auch im reden demütig und bedechtig doch verschmitzt; und zu besorgen da mann einen mehreren ernnst gegen es brauchen würde, es solten viel seltsame dinge ann dag kommen die es gesehen oder gehörtt hatt. [28]

Landgraf Georg I. von Hessen-Darmstadt an Landgraf Wilhelm IV, von Hessen-Kassel, Darmstadt 26. September 1582

[S. 63] Brüderliche Treu und was wir mehr Liebs und Guts vermögen zuvor. Hochgeborner Fürst, freundlicher lieber Bruder und Gevatter, Euer Liebden, dero Räte und Theologen Bedenken in Peinlichen Sachen,
die zwo junge Personen, so der Zauberey halber alhier gefenglich eingezogen worden, betreffend, haben wir entpfangen, verlesen, und tun gegen E.L. uns solcher Communication brüderlichen bedanken.

Nun müssen wir zwar selbst bekennen, das es gantz beschwerliche Felle seind, darin man sich wohl hat vorzusehen. Darumb auch Unsere Gedanken nie gewesen, einige Inquisition oder Proceß, deswegen gegen Jemands anzufangen. Wir seind aber durch wunderbarliche Occasiones und Mittel zu dieser Rechtfertigung, gleich als wieder Unsern Willen, gezogen worden, das wir nit haben furüber können. In welchem wir gleichwohl nichts Unserem Gutbedünken nach fürgenommen, sondern jederzeyt der Theologen, auch anderer verständiger und gelärter Leut Rat gebraucht, und wird Uns Unsers Verhoffens Niemands verdenken, das wir wieder solche hochsträfliche und abscheuliche Sünde und Schande von hoher Obrigkeit wegen das Recht haben ergehen lassen. Dann wir ye aus der Zeuberinnen [S.64] selbsteigner Bekantnussen und andern Umbstenden clärlich befunden, daß sie nicht allein zu den Teufelstänzen gefahren (den modum, wie solches zugangen, wöllen wir nicht disputirn, geben auch nicht viel darauf), sondern auch das sie fürnemblich Gott ab- und dem Teufel zugeschworen, mit demselbigen sich wider Gott und das ganz menschlich Geschlecht verbunden, denselben als ihren Gott angerufen, das Vater Unser gerad herumb gekert gebetet und uf den Teufel gerichtet, als: Vater Unser in der Helle, dein Name werde geheiligt [etcetera] und so fort durchaus; desgleichen alle ihr Hoffnung und Vertrauen uf seine Zusage gesetzt, sich mit ihm zu Spott des von Gott eingesetzten Ehestands ins Teufels Namen ehelich zusamensprechen lassen, und nicht alleyn des Nachts, sondern auch bei hellem lichten Tage in ihren Häusern und uf dem Felde, in Gärten und Weinbergen vermischt (etcetera]. Darzue zum Teil Menschen und Vihe Schaden zugefügt; uf welcher ihrer Urgicht die Zeuberin bis in ihren Tod beharlichen bestanden.

Ebenmeßige Gestalt hats auch mit dem Meygdlein gehabt, sintemal es wenigers nicht bekannt, [S.65] nemblich, daß es Gott ab- und dem Teufel zugeschworen, auch alle andere iz erzehlte greuliche Sünde und Schande mit dem Teufel getrieben habe, wie es auch lezlich, als wir es abermals zu Rede stellen lassen, Unserm Superintendenten und Caplan alhier under anderm rundheraus gestanden hat, das es sich nicht fünfmal alleyn, sondern beynahe alle Woche zweymal mit dem Teufel ufm Felde am hellen lichten Tage vermischt habe, und sey der Teufel stets, wenns allein im Felde gewesen, zu ihme kommen, und gar kein Ruhe gelassen, bis er seinen Willen volnbracht gehabt.

Wir haben auch uf E.L. Begehren und zu mehrer Gewißheyt das Megdleyn durch zwo geschworne Hebammen besichtigen lassen welche es inspiciendo et contrectando corruptissimam und also zugericht befunden, als wenns ezliche Jahr schon im Ehestand gewesen, und ob wir wol vleissig Nachfragens gehabt, obs auch sonsten von Menschen möchte corrumpirt sein, haben wir doch nichts erfahren können. Das Megdlein aber ist in seiner Beicht und sonsten allezeyt bestendiglich darauf beharret, das seines Leibs niemand schuldig worden sey, denn allein sein Buel Beelzebub [S.66]

Dieweil dann solche Sachen vornemblich Gottes Ehr betreffen, auch für sich selbsten abscheulich und ergerlich seind, haben wir wenigers hierin nit tun können, dann zu Salvirung Unsers Gewissens und Abschaffung des Bösen hiergegen ratione officii einen gebürlichen Ernst vermöge der Rechten fürzunehmen.

Welches E.L. mir freundlich nicht verhalten wolten, und seind deroselben zue brüderlicher Diensterzeigung yederzeit
bereitwillig.
Datum Darmbstadt am 26ten Septembris Anno [etcetera]82.

Von Gottes Gnaden George Landgrave zue Hessen, Grave zu Catzenelnbogen [etcetera].
George Landgraf zu Hessen manu propria



ZEITENBLICKE ISSN: 1619-0459
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