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1 (2002), Nr. 1: Inhalt
Zielsetzung und Gründung
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Jürgen-Michael Schmidt

Der Arbeitskreis interdisziplinäre Hexenforschung [*]

Homepage des AKIH
http://www.uni-tuebingen.de/IfGL/akih/akih.htm

Zielsetzung und Gründung

<1>
In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich sowohl die öffentliche als auch die wissenschaftliche Diskussion über die Geschichte der Hexenverfolgung stark belebt. Ebenso wird dem Phänomen des vergangenen wie des gegenwärtigen Hexenglaubens von verschiedenen Seiten mit unterschiedlicher Intention großes Interesse entgegengebracht. War die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Hexenverfolgung lange Zeit eine Domäne der Rechtsgeschichte, so vereint sie heute Rechts-, Medizin-, Pharmazie-, Sozial-, Wirtschafts- und Kunstgeschichte, allgemeine Geistes- und Landesgeschichte, historische Anthropologie, Volkskunde, Theologie und Religionswissenschaft. Trotz wichtiger Fortschritte in den letzten beiden Jahrzehnten bleiben jedoch immer noch viele Fragen offen.

<2>
Um die vielfältigen universitären wie außeruniversitären Forschungsansätze zu bündeln, Fachleuten verschiedener Disziplinen und Nationalitäten Gelegenheit zur Diskussion und zu persönlichen Kontakten zu bieten und überhaupt die Forschung in diesem Bereich voranzutreiben, wurde im Jahr 1985 der Arbeitskreis Interdisziplinäre Hexenforschung (AKIH) ins Leben gerufen. Den Ausgangspunkt bildete eine Tagung der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart zur Hexenverfolgung in Deutschland. Die dort entwickelte Idee erfuhr dann bei Gesprächen in Stuttgart ihre Konkretisierung. Zum ersten Arbeitstreffen des AKIH wurde für Februar 1986 nach Stuttgart-Hohenheim eingeladen. Ein zweites Treffen im Herbst desselben Jahres war mit einer großen öffentlichen Akademietagung in Weingarten verbunden. Das schnell wachsende Interesse und die rege Beteiligung an den Veranstaltungen unterstrichen die Bedeutung des neuen Arbeitskreises.

Schwerpunkte

<3>
Im wesentlichen bezieht sich die Arbeit des AKIH zunächst auf die abendländischen Hexenverfolgungen des 15. bis 18. Jahrhunderts. In diesem Zusammenhang beschäftigt sich der AKIH aber auch ganz allgemein mit Magie- und Hexenvorstellungen in Mittelalter und Früher Neuzeit sowie mit deren gesellschaftlicher Funktion bis hin zur Gegenwart. Das geographische Zentrum bildet das Alte Reich beziehungsweise der deutsche Sprachraum, doch wird auch das übrige Europa berücksichtigt. Immer wieder einmal sucht der AKIH schließlich vergleichende Blicke auf außereuropäische Völker und Kulturen. Methodisch ist der AKIH einer wissenschaftlichen, das heißt vor allem einer historisch-kritischen Arbeitsweise verpflichtet, die ahistorisch-spekulative oder mythologisierende Ansätze und ähnliches meidet.

Mitglieder

<4>
Der AKIH versteht sich als loser Zusammenschluss von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aller Fächer, die sich bei ihrer Arbeit in irgendeiner Weise mit dem Hexenthema befassen. Als Forum des Gesprächs und des Informationsaustausches möchte der AKIH speziell auch jüngeren Kolleginnen und Kollegen Hilfestellung geben, die etwa gerade mit Magister-, Doktorarbeiten oder Habilitationen beschäftigt sind. Der Arbeitskreis umfasst zur Zeit über 250 Mitglieder - vorwiegend aus dem deutschsprachigen Raum, aber auch aus den europäischen Nachbarländern und in Einzelfällen aus Übersee.

Organisation

<5>
Bis heute ist der AKIH über das Referat Geschichte fest mit der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart (Dieter R. Bauer) verbunden. Seit 1986 findet das jährliche Arbeitstreffen in deren Tagungshaus in Stuttgart-Hohenheim statt. Immer wieder einmal ist es möglich, aus diesem Zusammenhang heraus auch offene Akademietagungen zu entwickeln. Vorgesehen sind insbesondere im Abstand von etwa drei Jahren große wissenschaftliche Studientagungen, von denen bereits mehrere realisiert werden konnten.

<6>
Ein zweites institutionelles Standbein besitzt der AKIH im Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen (Prof. Dr. Sönke Lorenz), wo die Geschichte der Hexenverfolgung in Lehre und Forschung einen festen Platz gefunden hat. Bei einzelnen Projekten und Veranstaltungen kooperiert der AKIH mit weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen, insbesondere Hochschulen, staatlichen und kommunalen Archiven sowie Museen.

Aktivitäten

<7>
Den Kern der Arbeit des AKIH bilden die jährlichen Arbeitstreffen und Studientagungen. Dieses werden zumeist in ausführlichen Berichten (besonders für die Arbeitsgemeinschaft außeruniversitärer historischer Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland e.V. [AHF]), in einfachen Materialdiensten und ähnlichem dokumentiert, zum Teil auch in Buchpublikationen. Der AKIH unternimmt es immer wieder, Ergebnisse der modernen Hexenforschung über diesen Rahmen hinaus auch einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen, sofern dies in seinen Möglichkeiten liegt und der wissenschaftliche Anspruch gewahrt bleibt. So veranstalteten die Akademie und das Institut für Geschichtliche Landeskunde im April 1993 ein öffentliches Kolloquium zum Thema: "Kirche und Hexenverfolgung", das im Stuttgarter Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle stattfand. Eine Tagung zum Thema "Hexenverfolgung in Thüringen" wurde im September 1996 zusammen mit dem Staatsarchiv in Gotha ausgerichtet. Ferner waren Mitglieder des AKIH an der Vorbereitung der Ausstellung "Hexen und Hexenverfolgung im deutschen Südwesten" beteiligt, die das Badische Landesmuseum in Zusammenarbeit mit dem Institut für Geschichtliche Landeskunde von September 1994 bis Januar 1995 in Karlsruhe zeigte.[1]

Veröffentlichungen

<8>
Hexenforschung, eine Schriftenreihe, herausgegeben von:

Dieter R. Bauer (Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart)
Prof. Dr. Wolfgang Behringer (Universität York)
Prof. Dr. Heide Dienst (Universität Wien)
Prof. Dr. Sönke Lorenz (Universität Tübingen)
Prof. Dr. H. C. Erik Midelfort (University of Virginia) und
Prof. Dr. Wolfgang Schild (Universität Bielefeld)
in Zusammenarbeit mit dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen.

Band 1:
Sönke Lorenz / Dieter R. Bauer (Hg.): Das Ende der Hexenverfolgung, Redaktion: Gerald Maier, Stuttgart: Steiner 1995.

Band 2:
Johannes Dillinger / Thomas Fritz / Wolfgang Mährle: Zum Feuer verdammt. Die Hexenverfolgungen in der Grafschaft Hohenberg, der Reichsstadt Reutlingen und der Fürstpropstei Ellwangen, Redaktion: Regina Keyler und Jürgen Michael Schmidt, Stuttgart: Steiner 1998. Zu den Hexenverfolgungen in der Reichsstadt Reutlingen siehe auch http://www.sfn.uni-muenchen.de/hexenverfolgung/frame_lexikon.html?art838.htm, zu den Hexenverfolgungen in der Grafschaft Hohenberg: http://www.sfn.uni-muenchen.de/hexenverfolgung/frame_lexikon.html?art747.htm und zu den Hexenverfolgungen in der Fürstpropstei Ellwangen: http://www.sfn.uni-muenchen.de/hexenverfolgung/frame_lexikon.html?art813.htm

Band 3:
Herbert Pohl: Zauberglaube und Hexenangst im Kurfürstentum Mainz. Ein Beitrag zur Hexenfrage im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert, 2. Aufl., Stuttgart: Steiner 1998, rezensiert von Claudia Kauertz in Perform 1 (2000) Nr. 3

Band 4:
Sönke Lorenz / Dieter R. Bauer / Wolfgang Behringer / Jürgen Michael Schmidt: Himmlers Hexenkartothek. Das Interesse des Nationalsozialismus an der Hexenverfolgung, Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte 1999. (s. auch Artikel zur Hexenkartothek im Lexikon zur Geschichte der europäischen Hexenverfolgungen)

Band 5:
Jürgen Michael Schmidt: Glaube und Skepsis. Die Kurpfalz und die abendländische Hexenverfolgung 1446-1685, Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte 2000, rezensiert von Walter Rummel in Perform 2 (2001), Nr. 5

Band 6:
Claudia Kauertz: Wissenschaft und Hexenglaube. Die Diskussion des Zauber- und Hexenwesens an der Universität Helmstedt (1576-1626), Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte 2001, rezensiert von Marian Füssel in Sehepunkte 2(2002) Nr. 2

Band 7:
Ingrid Ahrendt-Schulte / Dieter R. Bauer / Sönke Lorenz / Jürgen Michael Schmidt (Hg.): Geschlecht, Magie und Hexenverfolgung, Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte 2002.

Anmerkungen

[*]Leicht überarbeitete Vorlage von Dieter R. Bauer und Sönke Lorenz
[1]Ausführlich zum Programm der einzelnen Tagungen vgl. die Darstellung auf der Homepage des AKIH unter http://www.uni-tuebingen.de/IfGL/akih/akih.htm. Dort finden Sie auch Hinweise auf die kommenden Veranstaltungen des Arbeitskreises.

Empfohlene Zitierweise:

Jürgen-Michael Schmidt: Der Arbeitskreis interdisziplinäre Hexenforschung, in: zeitenblicke 1 (2002), Nr. 1 [08.07.2002], URL: <http://www.zeitenblicke.historicum.net/2002/01/schmidt/schmidt.html>

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