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1 (2002), Nr. 2: Inhalt
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Kaspar von Greyerz

Deutschschweizerische Selbstzeugnisse (1500-1800)
als Quellen der Mentalitätsgeschichte

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Der Titel dieses seit 1996 - mit einer einjährigen Unterbrechung - durch den Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung finanzierten Forschungsprojekts geht auf einen Projektantrag des Jahres 1995 zurück. Er hat sich aus antragstechnischen Gründen seit dem Erstantrag (1995) nicht mehr verändert, obwohl ich heute neben dem Quellencharakter, den Selbstzeugnisse auch haben, die Textualität dieser persönlichen Zeugnisse ebenfalls in den Titel des Projektes einbringen würde. Dies würde auch den im Rahmen des Vorhabens entstandenen und noch entstehenden, unten erwähnten Dissertationen entsprechen, in denen dieser Aspekt durchwegs zu Recht stark gewichtet wird. Die Konzentration auf die Deutschschweiz ergab sich in erster Linie aus gattungsgeschichtlichen Gründen, weil davon auszugehen ist, dass zumindest die entsprechende Schreibtradition der französischsprachigen Schweiz (wenn nicht auch diejenige der italienischsprachigen Teile des Landes) anderen und daher schwer vergleichbaren Gattungstraditionen gehorchten. Im Einzelnen wäre diese Annahme freilich noch genauer zu überprüfen, zur Zeit wird jedoch in der Romandie keine systematische Selbstzeugnisforschung betrieben.

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Im Erstantrag von 1995 sowie in den seither eingereichten Fortsetzungsanträgen wurden zwei Ziele ins Auge gefasst: zum einen eine Bestandesaufnahme der in den (kantonalen) Staatsarchiven, grösseren städtischen und kirchlichen Archiven sowie in den Kantons- und ausgesuchten städtischen und Universitätsbibliotheken vorhandenen, bisher unveröffentlichten Selbstzeugnisse (Autobiographien, Tagebücher, Familienchroniken und ähnliches, nicht jedoch Briefe) der Deutschschweiz aus der Zeit der Frühen Neuzeit (1500-1800); zum anderen die Verfertigung von thematisch eng mit dem Hauptthema des Projektes verflochtenen Dissertationen. Hinsichtlich der Erreichung dieser beiden Ziele ist das Projekt heute (August 2002) weit fortgeschritten. Zusätzlich befindet sich eine Bibliographie bereits publiziert vorliegender deutschschweizerischer Selbstzeugnisse der Frühen Neuzeit in Arbeit. Selbstverständlich sind auch Briefe Selbstzeugnisse. Es ist allerdings leicht nachvollziehbar, dass die Anzahl bisher unveröffentlichter Briefbestände, geschweige denn einzelner Briefe, auch in einem geographisch überschaubaren Raum wie der Deutschschweiz schlechterdings nicht quantifizierbar ist. Deshalb konnte das Wagnis der Mitberücksichtigung von Briefbeständen nicht eingegangen werden.

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Seit Juni 1996 waren am Projekt mit lic.phil. Gudrun Piller und lic.phil. Sebastian Leutert zunächst eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter beschäftigt. Im Juli 1998 kam noch lic.phil. Lorenz Heiligensetzer hinzu, der in der jetzigen Arbeitsphase bis zum vorläufigen Abschluss im Juni 2003 das Projekt allein weiter voran bringt, während G. Piller und S. Leutert sich inzwischen beruflicher Tätigkeit ausserhalb der Universität zugewandt haben. Seit Herbst 2001 liegt die Dissertation von Sebastian Leutert im Manuskript vor ("Geschichten vom Tod. Tod und Sterben in Deutschschweizer und oberdeutschen Selbstzeugnissen des 16. und 17. Jahrhunderts"), während sich die Doktorarbeiten Gudrun Pillers ("Private Körper. Der Körper in Deutschschweizer Selbstzeugnissen des 18. Jahrhunderts") und Lorenz Heiligensetzers ("'Die Falschen Brüder'. Protestantische Pfarrer der Deutschschweiz in ihren Selbstzeugnissen des 17. Jahrhunderts") in der Abschlussphase befinden. Es ist ausserdem darauf hinzuweisen, dass gleichsam am Rande dieser vielfältigen Forschungstätigkeit an der Universität Zürich unter meiner Leitung eine Reihe von unveröffentlichten Lizentiatsarbeiten im Kontext der Selbstzeugnisforschung erarbeitet worden sind. Dazu erteilen meine Mitarbeiter (siehe unten, Homepage-Adresse) gerne weitere Auskünfte.

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Im Zuge der erwähnten Bestandesaufnahme ist eine umfangreiche Datenbank entstanden, die sowohl kodikologische, paläographische wie inhaltliche Angaben in Form knapper Regesten enthält. Bei ihrem vorläufigen Abschluss voraussichtlich im nächsten Jahr (2003) wird sie detaillierte Informationen und Hinweise zu ungefähr tausend frühneuzeitlichen Texten der gesamten Deutschschweiz enthalten. Der Zugang zu dieser Datenbank wird in Kürze über die Homepage meines Lehrstuhls möglich sein.

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Weitere Informationen bieten Sebastian Leutert und Gudrun Piller: Deutschschweizerische Selbstzeugnisse (1500-1800) als Quellen der Mentalitätsgeschichte. Ein Forschungsbericht, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 49 (1999), 197-221, sowie Kaspar von Greyerz: Deutschschweizerische Selbstzeugnisse (1500-1800) als Quellen der Mentalitätsgeschichte. Bericht über ein Forschungsprojekt, in: Klaus Arnold, Sabine Schmolinsky und Urs Martin Zahnd (Hg.): Das dargestellte Ich. Studien zu Selbstzeugnissen des späteren Mittelalters und der frühen Neuzeit (= Selbstzeugnisse des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit 1), Bochum 1999, 147-163.


Prof. Dr. Kaspar von Greyerz
Universität Basel
Historisches Seminar
Hirschgäßlein 21
CH-4051 Basel
Kaspar.vonGreyerz@uni-bas.ch
http://www.histsem.unibas.ch/vongreyerz/index.html

Empfohlene Zitierweise:

Kaspar von Greyerz: Deutschschweizerische Selbstzeugnisse (1500-1800) als Quellen der Mentalitätsgeschichte, in: zeitenblicke 1 (2002), Nr. 2 [20.12.2002], URL: <http://www.zeitenblicke.historicum.net/2002/02/greyerz/index.html>

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