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Einleitung

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Die Geschichte der internationalen Beziehungen hat sich seit einem Jahrzehnt so grundsätzlich erneuert und pluralisiert, dass es schwierig wird, eine Bilanz der Forschungsergebnisse zu ziehen. Allgemein kann man sich über diese Innovationsbereitschaft freuen und anmerken, dass die Vorwürfe der 1970er und 1980er Jahre definitiv nicht mehr gelten. Die zu Recht für sinnlos gehaltene alte Front "Sozialgeschichte gegen Diplomatiegeschichte" wurde aufgegeben und somit ein für die deutsche Historiographie prägender "Dialog der Taubstummen" überwunden. [1]

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Dennoch ist diese Erneuerung der Geschichte der internationalen Beziehungen gleichzeitig auch verwirrend, da sich nicht nur die Ansätze pluralisiert haben, sondern oft auch das grundsätzliche Erkenntnisinteresse unterschiedlich ist. In mancher Hinsicht verläuft diese Pluralisierung so explosiv, dass der Bestand der Teildisziplin als solche in Frage gestellt ist. Drei Dimensionen dieser Pluralisierung lassen sich ausmachen: Erstens sind die Fragestellungen der nationalen Historiographien unterschiedlich. Dies ist nichts Neues, wird jedoch in Zeiten der Forderungen nach einer größeren Internationalisierung der Wissenschaft deutlicher spürbar. Zweitens sind unterschiedliche Debatten in der politikwissenschaftlichen Teildisziplin Internationale Beziehungen und in der Geschichtswissenschaft zu verzeichnen. Drittens ist nicht zuletzt selbst die Zunahme von geschichtswissenschaftlichen Veröffentlichungen zu den internationalen Beziehungen auf ein unterschiedliches Erkenntnisinteresse zurückzuführen. So wird streckenweise ein so breites Verständnis der Geschichte der internationalen Beziehungen – oft Internationale Geschichte genannt – entwickelt, dass alle grenzüberschreitende Beziehungen einbezogen werden und so teilweise die politische Dimension weggelassen wird.

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Im Folgenden soll der Blick auf die Politik gerichtet werden, was nicht heißt, dass nur zwischenstaatliche Diplomatiegeschichte betrachtet wird. Der gängige und dennoch vage Begriff der "internationalen Beziehungen" wird lediglich zur Bezeichnung der Disziplin verwendet, um die Entwicklung des Selbstverständnisses der Forschung zu beschreiben. Im Übrigen wird der Begriff der "internationalen Politik" vorgezogen. Das Ziel ist hier, den Beitrag der Veröffentlichungen zur Geschichte Osteuropas zu diesem Forschungsfeld vorzustellen und einzuordnen und dabei gleichzeitig die Geschichte der internationalen Politik in den Blick zu nehmen. Dafür sollen zunächst relevante politikwissenschaftliche sowie allgemeingeschichtswissenschaftliche Ansätze vorgestellt werden, um dann Forschungsansätze auf dem Feld der osteuropäischen Geschichte genauer unter die Lupe zu nehmen. Es geht hier jedoch nicht darum, einen Überblick über die Gesamtheit der Geschichtsschreibung zu den internationalen Beziehungen in und mit Osteuropa zu bieten. Vielmehr wird detailliert auf einzelne Ansätze eingegangen, die unter methodologischen und theoretischen Gesichtspunkten von Interesse sind. Schließlich soll näher über die Implikationen dieser Ansätze für die Geschichte der internationalen Politik und somit über dieses Forschungsgebiet als Ganzes reflektiert werden.

Politikwissenschaftliche Ansätze zur Erforschung der 'internationalen Beziehungen'

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Die zentrale Frage des Faches Internationale Beziehungen ist die nach der Rolle und dem Verhalten des Staates. Die Debatte wird seit Hobbes geführt, der aus seiner Souveränitätstheorie heraus die Notwendigkeit des Naturzustands in der Staatengesellschaft herleitete. Demgegenüber steht die Behauptung der führenden Rolle des Völkerrechts und der internationalen Institutionen (unter anderen von Grotius und Vattel). Das ständig kritisierte, aber dennoch dominierende Paradigma der Internationalen Beziehungen, der so genannte 'Realismus', gehört der ersten Traditionslinie an, die sich in folgenden drei Punkten zusammenfassen lässt: 1. Die internationale Ebene ist eine Welt von Staaten; 2. Jeder Staat hat Interessen. Diese Interessen werden von Staatsmännern erkannt, welche in aller Regel der Staatsräson und nicht einer Ideologie folgen (und folgen sollen); 3. Jeder Staat wird mit anderen Staaten konfrontiert. Es entstehen Interessenskonflikte, die zu Verhandlungen oder militärischen Konflikten führen.

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Denselben Rahmen findet man schon bei Ranke, der auf diese Weise das Aufkommen der Großmächte, deren Ansprüche miteinander kollidierten, beschrieb. Die diplomatischen Verhandlungen scheinen bei Ranke lediglich eine untergeordnete Rolle zu spielen, denn die beschriebenen Interessenkonflikte führen in seinen Darstellungen meist zu Krieg, der wiederum eine neue Lage hervorbringt.  [2] Im 20. Jahrhundert entwickelte sich eine auf demselben Ansatz beruhende Geschichtsschreibung, welche die Leistungen der Diplomatie betonte. Ein Krieg als letztes Mittel galt als gleichbedeutend mit dem Scheitern friedlicher Konfliktlösung durch Verhandlungen. Der theoretische und methodische Rahmen des 'Realismus' blieb jedoch unberührt. Dieser Ansatz aus der Mitte des 20. Jahrhunderts ist derjenige, welcher unter dem Stichwort "Diplomatiegeschichte" in der Sozialgeschichte kritisiert wurde. Sozialhistoriker behaupteten, die Diplomatiegeschichte bliebe auf der Oberfläche einer kleinen Elite und achte nicht auf die Fundamentalprozesse. In den letzten Jahren wurde diese Art der Geschichtsschreibung teilweise rehabilitiert, wobei betont wurde, dass sie auf die Wahrnehmungen der Akteure eingegangen und somit mit der neuen Kulturgeschichte kompatibel sei. Kaum wahrgenommen wurde dagegen die rationalistische Fortsetzung des Realismus.

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In den neunziger Jahren verfeinerte sich tatsächlich der 'realistische' Ansatz in der Gestalt des Rational-Choice-Ansatzes (oder "rationalist framework"). Im Folgenden soll auf ihn näher eingegangen werden, da er unter Historikern weniger bekannt ist und dennoch unerlässlich, um zu verstehen, was der 'realistische' Ansatz leistet und was nicht. Ein hervorragendes Beispiel für diesen Zugang ist Andrew Moravcsiks Monographie über den Prozess der europäischen Einigung.  [3] Grundannahme Moravcsiks ist das realistische Paradigma, dass die Nationalstaaten die Basis der so genannten internationalen Beziehungen seien, wobei die Staaten als "unitary" ("the states acts as if with a single voice") und "rational" (die Staaten folgen stabilen Zielen) betrachtet werden. Auf dieser Grundlage unterscheidet er bei jedem diplomatischen Akt drei Etappen: 1. die Bildung staatlicher "Präferenzen", d. h. hierarchisierter Zielsetzungen; 2. die Verhandlungen und 3. die Wahl einer institutionellen Verankerung des ausgehandelten Abkommens. Diese Unterscheidung ermöglicht es, der Methode des kritischen Rationalismus folgend, bei jeder Etappe aus Theorien hergeleitete Hypothesen zu überprüfen:

1. Bei der Definition nationaler Präferenzen gilt es anhand eines präzisen Falles zu überprüfen, ob beispielsweise geopolitische oder wirtschaftliche Überlegungen ausschlaggebend waren. Moravcsik bekräftigt jedoch, dass diese Präferenzen in der Geschichte auf sehr vielfältige Art und Weise definiert worden seien.

2. Zur Erklärung des Ergebnisses einer internationalen Verhandlung werden Elemente der Verhandlungstheorie aus der politischen Ökonomie in die Analyse übertragen. Ein Abkommen soll man beurteilen, indem man produktive von distributiven Dimensionen unterscheidet ("movements toward and along the Pareto frontier"  [4] ). Das Ergebnis der Verhandlung hängt von der Verhandlungsmacht der Kontrahenten ab. Diese wird nicht durch objektive Merkmale, sondern als "asymmetrical interdependance" definiert. Nach der Hypothese der so genannten 'limitierten Rationalität' werden sich die Verhandelnden dieser gegenseitigen Abhängigkeit oft erst im Laufe der Verhandlungen bewusst. Insgesamt spielen in den Verhandlungen drei Faktoren eine Rolle.

- Der relative Wert eines unilateralen Vorgehens gegenüber dem Wert möglicher Gewinne durch ein Abkommen. Die Verhandlungen führen meist nur zu einem Ergebnis, wenn das Abkommen sich in einem "Verhandlungsraum" ("bargaining space") befindet, der von Pareto-effizienten Möglichkeiten konstituiert ist, so dass keiner der Kontrahenten im Alleingang handelt. Die Kontrahenten sind aber in unterschiedlichem Maße an einem Abkommen interessiert, was zu glaubwürdigen Veto-Drohungen seitens derer, denen das Abkommen nicht notwendig erscheint, führt. Darin besteht laut Moravcsik die Hauptquelle der Verhandlungsmacht. Die großen Staaten sind meist im Vorteil, da sie über mehr Mittel verfügen, im Alleingang ihre Ziele zu verfolgen.

- Der Wert alternativer Koalitionen, der ein "credible threat to exclude" begründet. Dieser Punkt ist ebenfalls den großen Staaten von Vorteil, da sie für die Glaubwürdigkeit einer Koalition von Nutzen sind. Aber auch die sich in Streitpunkten in der Position des Mittlers befindenden Staaten verfügen über mehr Verhandlungsstärke, da sie sich glaubwürdig der einen oder anderen Seite anschließen könnten. Dieser Faktor kann dazu führen, dass ein Staat ein Abkommen annimmt, das schlimmere Folgen hat als ein Alleingang, welches aber dennoch günstiger ist als das, was eine Koalition ohne ihn beschlossen hätte.

- "The opportunities of issue linkage". "Issue-linkages" kommen dann zustande, wenn Staaten "varying preference intensities accross different issues" besitzen, so dass es im Interesse beider Kontrahenten liegt, Konzessionen zu machen.

3. In einem dritten Schritt möchte Moravcsik erklären, warum die Kontrahenten sich für eine Delegation oder ein "Pooling" von Kompetenzen entscheiden, das heißt einen Entschluss der Regierungen, in der Zukunft über eine Sache durch einen Wahlvorgang zu bestimmen, der nicht die Einstimmigkeit verlangt. Zwei Theorien werden von ihm überprüft: "the need for technocratic coordination" und "the desire for more credible commitments". Auch wenn diese Frage vor allem für den sehr speziellen Fall des europäischen Einigungsprozesses relevant ist, spielt in anderen Kontexten der Wunsch nach glaubwürdigen Engagements eine wichtige Rolle.

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Der Rational-Choice-Ansatz ist also äußerst effektiv, um das Ergebnis der Verhandlungen multikausal zu analysieren. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass eben die teilweise Rehabilitierung der 'alten' Diplomatiegeschichte durch die Kulturgeschichte für diese komplexere Version des 'Realismus' nicht gilt. Fragen nach der Selbstwahrnehmung und Wahrnehmungen der Umwelt, nach der Konstruktion des Wünschenswerten und des Legitimen in der Diplomatie bleiben unberücksichtigt. Es werden nur die Ziele der Staaten in den Blick genommen. Auch haftet der Ansatz immer noch einem "monadenhaften Verständnis von Staat und Gesellschaft" [5] an.

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Gleichzeitig mit der Entwicklung des Rational-Choice-Ansatzes wurden kulturwissenschaftliche Ansätze in die Politikwissenschaft eingeführt. Der konstruktivistische Ansatz etablierte sich auch in der Teildisziplin Internationale Beziehungen. [6] Diese Studien verstehen sich als Kritiken des Neorealismus. Meist wird von der Beobachtung ausgegangen, dass Staaten, die sich in einer ähnlichen Lage befinden und eine ähnliche Struktur aufweisen, sehr verschiedene Ziele und Strategien verfolgen, oder dass Staaten einer Politik folgen können, welche nicht ihren Interessen entspricht. Kultur wird dann als Erklärungsfaktor herangezogen. Sie erfülle drei Funktionen: eine deutende, eine zielsetzende und eine handlungsstrategische Funktion. Somit bestehe sie aus Bedeutungen, Werten und Handlungsrepertoires. Es wird gezeigt, wie sich Kultur durch diese drei Ebenen auf die Konstruktion von politischen Zielen und auf Verhandlungen auswirkt. In der Politikwissenschaft wird somit der hermeneutische Konstruktivismus mit einem erklärenden Ansatz vereinigt. Trotzdem ist das Fach heutzutage zwischen Rationalisten und Konstruktivisten gespalten.

Geschichtswissenschaftliche Ansätze zur Erforschung der 'internationalen Beziehungen'

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Obwohl die 'alte' Politikgeschichte dem 'realistischen' Ansatz gleicht, wurde in der Geschichtswissenschaft anders als in der Politikwissenschaft nie versucht, die Rolle des Staates zu theoretisieren. Es wurde vielmehr der Aufstieg und Untergang von Staaten erklärt und erzählt. Die 'alte Politikgeschichte' rekonstruierte kausale, zu Entscheidungen führende Ereignisketten. Die handelnden Personen wurden dabei als "Machtsubjekte" identifiziert, ohne dass über die Kategorie 'Macht' reflektiert wurde. [7] Diese Machtsphäre und die Öffentlichkeit wurden als getrennte, geradezu gegensätzliche Bereiche gefasst. Die historische Erzählung war von einem Denken in Diskontinuitäten geprägt: Entscheidungen führten zu einer neuen Lage, welche eine neue Ereigniskette auslöste. Besonders außenpolitische Ereignisse – und allem voran Kriege – versetzten die Staaten in solche neuen Situationen. Kontinuitäten wurden durch die geographische Lage und die Geschichte der politischen Ideen erklärt. So bekamen nicht selten unvorhersehbare Ereignisse einen schicksalhaften Charakter.

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Die Debatten der Geschichtswissenschaft entwickelten sich in Auseinandersetzung mit diesem Ansatz. In Deutschland wurde zunächst der Bereich der Außenpolitik weitgehend vernachlässigt, und stattdessen ein Primat der Innenpolitik durch Analysen sozialer Prozesse durchgesetzt. Auch wenn der Ansatz der Sozialgeschichte ein radikal anderer war, galt das Hauptinteresse weiterhin dem Staat. Im englisch- und französischsprachigen Raum fanden solche Debatten nicht statt. Ende des 20. Jahrhunderts grenzten sich Historiker in Deutschland gegenüber der von nun an 'alten' Sozialgeschichte in zweierlei Hinsicht ab, was zu einer Neubelebung des Interesses an der internationalen Politik führte. Dies bedeutete zugleich eine Annäherung an die Ansätze der englisch- und französischsprachigen Forschung.

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Zum einen wurde versucht, die "Nationalfixiertheit der Historiographie" [8] zu überwinden. In Deutschland entfachte sich in dieser Hinsicht eine Diskussion um den respektiven Wert der komparativen Methode, des Kulturtransferansatzes und der 'Histoire croisée'. [9] Die bisherige Geschichte der internationalen Beziehungen spielte in dieser Diskussion keine vordergründige Rolle. Oft wurde behauptet, diese helfe nicht, die "Nationalfixiertheit der Historiographie" zu überwinden, da sie eben 'nur' Staaten behandle. So behauptet Kiran Klaus Patel: "Wenn [man] die konventionelle Diplomatiegeschichte zu modernisieren versucht, verharrt sie aber zumeist in einem weitgehend statischen, monadenhaften Verständnis von Nation und Gesellschaft: Jeweils klar voneinander abgeschlossene (nationale) Entitäten treten demnach miteinander in Kontakt."  [10] Dennoch veränderten diese Debatten den Blick auf die Geschichte der internationalen Beziehungen. Diplomatie wurde als Rahmen von Kulturtransfers untersucht. [11] Die Verflechtungen europäischer mit außereuropäischen Kulturen und Gesellschaften im Zuge der Kolonisierung führten zu einer Zusammenführung von Geschichte der internationalen Beziehungen und außereuropäischer Geschichte. [12] Darüber hinaus wurden im Namen der Erneuerung der Geschichtsschreibung zeitweise Forschungen mit sehr verschiedenem Erkenntnisinteresse unter dem gleichen Label der 'Geschichte der internationalen Beziehungen' zusammengeführt. [13] Dabei kann man sich fragen, ob die Abgrenzung gegenüber "nationalfixierten" Untersuchungen für die Definition einer Forschungsrichtung ausreicht.

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Zweitens wurde die Kulturgeschichte erneuert. Sie begriff Kultur nicht mehr als Leistung, sondern interessierte sich für Bilder, Wahrnehmungen und 'Mentalitäten' (kohärente, sozial verkörperte Denkmuster). In der Frühneuzeitlichen Geschichte wurde auf die Frage nach der Rolle der Konfession in der Außenpolitik eingegangen. [14] Das kulturgeschichtliche Interesse führte insgesamt zu neuen Fragestellungen über den Zusammenhang von Außen- und Innenpolitik. In den USA wurde dabei besonders die 'Kultur des kalten Krieges' untersucht. Meist wurde jedoch einfach die Wahrnehmung der Bevölkerung anhand von massenkulturellen Quellen rekonstruiert und die Abhängigkeit der Regierenden von der Öffentlichkeit betont. [15] Anders verfuhr Johannes Paulmann in seiner anregenden Habilitation, die den 'Ereignistyp' der Monarchenbegegnungen in einem ethnologischen Sinne analysiert, um Aussagen über die Strukturen (internationales System, Staat, Nation, Öffentlichkeit) zu treffen. [16] Seit der Jahrtausendwende wurden zuletzt Forderungen nach einem reflektierten konstruktivistischen Ansatz laut. Politik soll demnach als Kommunikationsprozess, als Produktion von Sinn und nicht nur als Durchsetzung von Zielen und Problemlösung verstanden werden. [17] Durch dieses Verständnis soll der kulturgeschichtliche Ansatz die Politikgeschichte nicht nur erweitern, sondern auch eine Auseinandersetzung mit den Kernfragen des Fachs ermöglichen. Der Rahmen der Politik, der Staat, soll historisiert werden. [18] Der konstruktivistische Ansatz führt somit ganz anders als die Debatten um die Überwindung der "Nationalfixiertheit der Historiographie" zu einer Konzentration auf die politischen Akteure und die Quellen, welche sie produzieren. Insgesamt darf man erwarten, dass trotz einer Verwischung der Grenzen der Internationalen Beziehungen das Interesse an der Geschichte der internationalen Politik in nächster Zeit weiter lebendig bleiben wird.

Ansätze zur Geschichte der internationalen Politik in der Osteuropäischen Geschichte

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Die Osteuropäische Geschichte bietet den Rahmen für die Beschäftigung mit wenig berücksichtigten Regionen und Staaten. In diesem Sinne leistet sie einen Beitrag zur Überwindung von einseitigen Sichtweisen. Für die Diplomatiegeschichte bedeutet dies, dass die Beziehungen des deutschen Staates zu den östlichen Nachbarn auch von deren Perspektive aus beleuchtet werden.  [19] Jedoch ging auch in der Teildisziplin Osteuropäische Geschichte die Abkehr vom Primat der Außenpolitik hin zur Gesellschaftsgeschichte mit einem Einbruch des Interesses für internationale Politik einher. Die Frage nach der Andersartigkeit Osteuropas, welche primär strukturgeschichtlich – das heißt sozial- und verfassungsgeschichtlich – aufgefasst wurde, nahm auch auf Grund der Teilung Europas den ersten Rang ein. Durch die Definition von Geschichtsregionen wurde Ostmitteleuropa von Osteuropa unterschieden und der besondere politische Weg Russlands erklärt. [20] Auch in letzter Zeit rückte das Interesse für die internationalen Beziehungen keineswegs in den Vordergrund, wie zwei Tagungen, die beide unter dem Titel "Wie europäisch ist die Osteuropäische Geschichte? Wie osteuropäisch ist die europäische Geschichte?" stattfanden, vor kurzem zeigten. [21]

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Jedoch folgte die Teildisziplin Osteuropäische Geschichte nicht nur den allgemeinen Trends der Geschichtswissenschaft. Die Beschäftigung mit dem Raum des östlichen Europas führte – gerade wenn man von der Konstruktion von Geschichtsregionen absieht – zu einem genuinen Beitrag zur Geschichte der internationalen Politik. Die Dominanz von Imperien ermöglichte es, Begriffe zu entwickeln, welche jenseits der Diskussion 'Primat der Außenpolitik versus Primat der Innenpolitik' zu verorten sind. So die von und um Klaus Zernack entwickelte "Beziehungsgeschichte".  [22] Dieser unternahm es, "die Spezifik des mächtepolitischen Aufstiegs Preußens an der Seite Russlands als weitreichendes Beziehungsproblem für die nationalen Geschichten im östlichen Mitteleuropa zu durchleuchten". Er konstatierte ein von einer "negativen Polenpolitik" getragenes, langfristiges Bündnis Russlands mit Preußen von der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg.  [23] Martin Schulze Wessel ging diesem Problem genauer nach, indem er zeigte, wie Preußen aus der Sicht Petersburgs zum Juniorpartner konstituiert wurde. [24] Erst bestand auf beiden Seiten die Möglichkeit einer Machterweiterung auf Kosten des geschwächten polnischen Nachbarstaates, die durch die Teilungen realisiert wurden. Ab diesem Zeitpunkt kam verstärkt eine Pfadabhängigkeit ins Spiel. Die Definition der eigenen (Polen)politik wurde im Hinblick auf den anderen vorgenommen. Es bestand einen Zwang zur Kooperation.  [25] Mit anderen Worten: Die polnische Frage verflocht die russische mit der preußischen Außenpolitik. Schließlich brachte diese Verdichtung der staatspolitischen Beziehungen sogar eine "strukturelle Analogie der beiden Mächte" hervor. [26] Der Begriff der Verflechtung vereinigt somit die Außen- und die Innenpolitik. In der Teildisziplin Osteuropäische Geschichte wurden also vor der Begrifflichkeit der "colonial studies" Analysen von Verflechtungen vorgenommen, auch wenn dieser Begriff nicht zum Leitbegriff der Forschung avancierte. Erst in jüngster Zeit bemerkte der Osteuropahistoriker Philipp Ther, dass die Geschichte der internationalen Beziehungen als Verflechtungsgeschichte geschrieben werden kann.  [27]

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Die Präsenz von Imperien leitet auch den Blick auf die langfristigen Konstruktionen von Staatlichkeit und Staatsräson, deren Erforschung ebenfalls eine Trennung von Innen- und Außenpolitik sinnlos erscheinen lässt. So stellte John Le Donne eine verblüffende Kontinuität der Außenpolitik Petersburgs von Peter I. am Anfang des 18. Jahrhunderts bis zu Nikolaus I. in den 1830er Jahren fest, obwohl kein einziges Dokument diese programmatisch untermauern würde. Er umschrieb diese Kontinuität mit dem Begriff der "grand strategy". Die "große Strategie" sei "a global vision, which in Russia's case was the establishment of the hegemony within the Heartland', das als Raum zwischen Ostsee und Kaspischem Meer zu verstehen ist.  [28] John Le Donne zeigt, wie Strukturen zur langfristigen Mobilisierung der Wirtschaft, aber auch der politischen und militärischen und sogar der kulturellen und religiösen Eliten geschaffen wurden. So gesehen seien die Siege im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts, obwohl freilich von niemandem vorgesehen, die "logische Realisierung von Peters Vision". Was John Le Donne zeigt ist also, dass Imperien nicht nur aus einer Reihe von Zufällen, sondern auch aus einer Kontinuität des Selbstverständnisses konstruiert werden. Jeder Staatsmann handelt in einem schon strukturierten Raum und hat es mit einer Pfadabhängigkeit zu tun. Da das Imperium diejenige Staatsform ist, welche uns am wenigsten vertraut erscheint, leitet sie den Blick auf Langzeitphänomene, die sonst für natürlich gehalten werden könnten. Es wäre jedoch mit Sicherheit auch fruchtbar, diesen Ansatz auf die englische oder auch die schweizerische Geschichte zu übertragen. Ohne auf dieses Begriffsinstrumentarium zurückzugreifen, ging Peter Collmer dem Problem der schweizerisch-russischen gegenseitigen Wahrnehmung im 19. Jahrhundert nach. [29] Er zeigte, wie Unterschiede in der politischen Kultur zu divergierenden Interpretationen der schweizerischen Neutralität und somit zu diplomatischen Spannungen führten.

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Schließlich stellt die Konstruktion von internationalen Ordnungen ein Forschungsfeld dar, dem in letzter Zeit vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Solche Ordnungen entsprechen Konstruktionen Europas als politischem Feld und sind als solche für die Osteuropäische Geschichte unmittelbar relevant und ohne die Osteuropäische Geschichte nicht zu erforschen. Die Berücksichtigung des östlichen Europas ist unabdingbar, um die Konstruktionen Europas zu verstehen. Dementsprechend waren die Osteuropahistoriker in der Mental-map-Forschung sehr aktiv.  [30] Die Wende von der Frühen Neuzeit hin zum 19. Jahrhundert ist beispielsweise durch einen grundsätzlichen Wandel der internationalen Politik gekennzeichnet, der sich durch die Integration Russlands vollzog. Paul Schroeder bemerkte, dass die Jahre von 1813 bis 1815 einen Wandel der Regeln, Normen und Praktiken der internationalen Politik mit sich brachten.  [31] Während das 18. Jahrhundert von einer kompetitiven und konfliktuellen "balance of power" gekennzeichnet gewesen war, standen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das 'Concert' und das politische Gleichgewicht im Vordergrund. Das Ergebnis war "a dramatic decline in the incidence, scope, length and violence of wars".

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Mit den napoleonischen Kriegen kamen Bemühungen auf, die Außenpolitik der Staaten zu koordinieren, ja zu bändigen. 1805 schlug die russische Diplomatie unter der Leitung von Czartoryski einen europäischen Staatenbund vor. Auch wenn diese Konzeption zu ambitiös war, entstand gegen Ende der langen Auseinandersetzungen ein bis daher einzigartiger, halbinstitutionalisierter Rahmen ständiger Kooperation: das "Concert Européen". Besonders Metternich engagierte sich für ein Bündnis der europäischen Mächte, das weit über die unmittelbare Regelung der französischen Frage hinausgehen sollte.  [32] Seine Vision war die eines Europas der Eintracht im Erhalt des Status quo. Im Winter 1820/1821 wurde die Quadruple-Alliance auf Initiative Metternichs verändert: Sie band nur noch die drei Kontinentalmächte und beanspruchte ein Interventionsrecht gegen Revolutionen. Seit dieser Zeit spricht Metternich von der "Allianz". Es handelte sich für ihn um etwas Anderes als ein klassisches Bündnis. Die Allianz besaß einen moralischen Wert. Da sie der Zusammenschluss verschiedener Mächte mit teilweise gegensätzlichen Interessen war, galt sie für ihn als Bürge für die Sicherung des Gemeinwohls.

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Schließlich ging die Initiative zur Heiligen Allianz auch von einem östlichen Imperium – nämlich dem russischen – aus. Die Erforschung der Heiligen Allianz leitet den Blick auf Phänomene der Grenzüberschreitung, da man die religiösen Einstellungen Zar Alexanders I. wohl als Kulturtransfer mystischen Gedankenguts aus Westeuropa bezeichnen kann.  [33] Die Heilige Allianz war das erste konsequent durchgeführte Ordnungsbestreben der europäischen Politik seit den Kreuzzügen. Alexander I. wollte durch die Etablierung der christlichen Nächstenliebe den Krieg aus Europa verbannen. Auch mit mystischer Verbrüderung war die Heilige Allianz ein "System kollektiver Sicherheit".  [34] Sie war der erste ratifizierte diplomatische Akt, der den Krieg zum Übel erklären sollte. Dies erklärt viel mehr als der Wille, Alexander nicht zu kränken, dass fast alle europäischen Staaten der Allianz beitraten, und entspricht den Versuchen Alexanders, die Allianz verstärkt zu institutionalisieren. Zuletzt wurde sie in den Öffentlichkeiten mit der Allianzkonzeption Metternichs assoziiert und führte nolens volens zu dem Ergebnis, dass die Liberalen wiederum verstärkt Europa als einen einheitlichen politischen Raum wahrnahmen. Europa wurde in der Zeit nach 1815 zu einer zentralen appellativen Instanz.  [35] Am Anfang des 19. Jahrhunderts vollzog sich also ein Wandel der internationalen Politik, der zugleich ein Wandel in der Wahrnehmung Europas war. Europa erlebte als politischer Raum eine neue Konstruktion, und zwar unter aktiver Beteiligung Russlands. In der Mitte des 20.Jahrhunderts wurde durch die Auseinandersetzung mit der Sowjetunion der europäische und sogar der gesamte weltpolitische Raum neu konstituiert. Die Osteuropäische Geschichte liefert für die Erforschung dieser neuen Konstruktion der internationalen Politik einen entscheidenden Beitrag. [36]

Osteuropäische Geschichte und Geschichte der internationalen Politik: fünf Thesen

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Abschließend möchte ich folgende Thesen aufstellen, welche den Beitrag der Osteuropäischen Geschichte zu der Geschichte der internationalen Beziehungen betreffen.

1. Insgesamt kann man sagen, dass – trotz eines relativ schwachen Interesses für die internationalen Beziehungen – die Osteuropäische Geschichte zur Erforschung der Geschichte der internationalen Politik durchaus einen eigenen Beitrag geleistet hat. Dieser beschäftigt sich mit Grundfragen der internationalen Politik, nämlich der Konstruktion von Politik hinsichtlich der zwischenstaatlichen Verflechtungen, des langfristigen staatlichen Selbstverständnisses und der Erfindung von Europa- und Weltordnungen. Dass Osteuropahistoriker sich solchen Themen zuwandten, hängt in hohem Maße mit der imperialen Politik zusammen.

2. Die oben vorgestellten Ansätze weisen darauf hin, dass die Geschichte der internationalen Politik paradoxer Weise nicht ausschließlich als internationale Geschichte zu schreiben ist, wenn man darunter die Analyse von Beziehungen zwischen abgrenzbaren Einheiten (Staat, Nation) versteht, die ihrer eigenen Logik folgen. Die 'Beziehungsgeschichte' zeigt, wie Außenpolitik durch transnationale Verflechtungen definiert wird. Die Konstruktionen internationaler Ordnungen und des politischen Raums sind nicht aus der Kategorie 'Staat' heraus zu erklären, sondern bedürfen einer holistischen Annäherungsweise, welche von 'Europa' oder der 'Welt' als Betrachtungsebenen ausgeht.

3. Die Ansätze der Osteuropäischen Geschichte erklären, warum die Debatte "Primat der Außen- vs. Primat der Innenpolitik" sinnlos ist. Die Verflechtungen sowie das langfristige Selbstverständnis von Staaten sprechen gegen eine dichotomische Betrachtung von Außen- und Innenpolitik. Notwendig sind solche Ansätze, welche die Konstruktion vom Politischen untersuchen.

4. Die Imperiumsproblematik leitet den Blick auf einen Konstruktivismus der langen Dauer. Aufgrund der Fremdheit der Staatsform 'Imperium' wird die Staatlichkeit historisiert und somit ein zentraler Punkt der von Eckart Conze erstellten Forschungsagenda [37] verwirklicht.

5. Diese Ansätze sind mit dem Rational-Choice-Ansatz nicht inkompatibel. Dies mag als Paradox erscheinen, scheinen doch diese Ansätze zu zeigen, dass Staaten nicht 'unitary' und wenig 'rational' sind. Man soll jedoch nicht in Scheinkontraste verfallen. Der Rational-Choice-Ansatz besagt nicht, dass die Staaten an sich einförmig sind, sondern dass sie in den Verhandlungen "as if with a single voice" agieren. Auch besagt der Begriff der Rationalität nicht, dass sie wie in der wirtschaftlichen Zweckrationalität lediglich die Kosten und Nutzen berechnen, sondern dass sie stabile Ziele verfolgen. Tatsächlich liefern die kulturwissenschaftlichen und "nicht-internationalen" Ansätze Interpretationen der Präferenzbildungen, welche im Rational-Choice-Ansatz lediglich konstatiert werden. So interpretiert der Begriff der "grand strategy" die Präferenzbildung der langen Dauer. Die Konstruktionen von europäischer Ordnung liefern einen Rahmen für die Entwicklung des Selbstverständnisses, des Staatsinteresses und der Handlungsrepertoires. Es können Kulturtransfers von außenpolitischen Konzeptionen stattfinden. Die Analyse von Verflechtungen zeigt, wie Staaten in Hinblick auf andere ihre Präferenzen bestimmen. Der Rational-Choice-Ansatz befindet sich also nachgeordnet gegenüber den kulturwissenschaftlichen Ansätzen und denen, welche die Nationalfixiertheit zu überwinden versuchen. Die Pluralisierung der Ansätze in der Geschichte der internationalen Politik geht somit nicht mit einer Explosion des Fachs einher. In dieser Hinsicht wäre eine (stärkere) Aneignung sowohl des konstruktivistischen als auch des Rational-Choice-Ansatzes seitens der (Osteuropa-)Historiker zu begrüßen. Die Kombination dieser Ansätze dürfte der Geschichte der internationalen Politik eine reiche Zukunft bescheren.

Autor:

Damien Tricoire
Ludwig-Maximilians-Universität München
Historisches Seminar, Abteilung für Geschichte Osteuropas und Südosteuropas
Geschwister-Scholl-Platz 1
80539 München
damien.tricoire@campus.lmu.de



[1] Friedrich Kießling: Der "Dialog der Taubstummen" ist vorbei. Neue Ansätze in der Geschichte der internationalen Beziehungen des 19. und 20. Jahrhunderts, in: Historische Zeitschrift 275 (2002), 651-680.

[2] Leopold von Ranke: Die großen Mächte, Göttingen 1963, hier: 37: "Der Krieg, sagt Heraklit, ist der Vater der Dinge. Aus dem Zusammentreffen entgegengesetzter Kräfte (…) gehen die neuen Entwicklungen am deutlichsten hervor."

[3] Andrew Moravcsik: The Choice for Europe. Social Purpose and State Power from Messina to Maastricht, New York 1998.

[4] Die Pareto-Grenze ist der Punkt, ab dem die Situation keines Staates verbessert werden kann, ohne die eines anderen zu verschlechtern. Ein Abkommen ist Pareto-effizient, wenn man die Situation eines Teils der Kontrahenten nicht verbessern kann, ohne die Situation eines anderen zu verschlechtern. Vgl. ebd. 51.

[5] Kiran Klaus Patel: Nach der Nationalfixiertheit. Perspektiven einer transnationalen Geschichte (= Öffentliche Vorlesungen der Humboldt-Universität zu Berlin 128), Berlin 2004, 12.

[6] Anja Jetschke / Andrea Liese: Kultur im Aufwind. Zur Rolle von Bedeutungen, Werten, Handlungsrepertoires in den Internationalen Beziehungen, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen 5 (1998), 149-179; Ursula Lehmkuhl: Diplomatiegeschichte als internationale Kulturgeschichte. Theoretische Ansätze und empirische Forschung zwischen historischer Kulturwissenschaft und soziologischem Institutionalismus, in: Geschichte und Gesellschaft 27 (2001), 394-423, besonders: 405-414.

[7] Thomas Mergel: Überlegungen zu einer Kulturgeschichte der Politik, in: Geschichte und Gesellschaft 28 (2002), 574-606, hier: 574-578; Eckart Conze: Abschied von Staat und Politik? Überlegungen zur Geschichte der internationalen Politik, in: ders. / Ulrich Lappenküper / Guido Müller (Hg.): Geschichte der internationalen Beziehungen. Erneuerung und Erweiterung einer historischen Disziplin, Köln 2004, 15-43, besonders: 15-25.

[8] Patel: Nach der Nationalfixiertheit (wie Anm. 5).

[9] Mathias Midell: Kulturtransfer und Historische Komparatistik – Thesen zu ihrem Verhältnis, in: ders. (Hg.): Kulturtransfer und Vergleich, Leipzig 2000, 7-41; ders.: Transnationale Geschichte als transnationales Projekt? Zur Einführung in die Diskussion, http://geschichte-transnational.clio-online.net/forum/type=artikel&id=571&view=print ; Michael Müller: European History: a façon de parler?, in : European Review of History – Revue européenne d'Histoire 10 (2003), 409-414; Jürgen Osterhammel: Transnationale Gesellschaftsgeschichte: Erweiterung oder Alternative?, in: Geschichte und Gesellschaft 27 (2001), 464-479; Johannes Paulmann: Internationaler Vergleich und interkultureller Transfer. Zwei Forschungsansätze zur europäischen Geschichte des 18. bis 20. Jahrhundert, in: Historische Zeitschrift 267 (1998), 649-685; Wolfgang Schmale: Europäische Geschichte als historische Disziplin. Überlegungen zu einer "Europäistik", in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 46 (1998), 389-405; Jürgen Schriewer: Problemdimension sozialwissenschaftlicher Komparatistik, in: Hartmut Kaelble / Jürgen Schriewer (Hg.): Vergleich und Transfer. Komparatistik in den Sozial-, Geschichts- und Kulturwissenschaften, Frankfurt a. M. / New York 2003, 9-52; Hartmut Kaelble: Die Debatte über Vergleich und Transfer und was jetzt?, http://geschichte-transnational.clio-online.net/forum/type=artikel&id=574&view=print ; Joachim Matthes: The Operation Called "Vergleichen", in: ders. (Hg.): Zwischen den Kulturen? Die Sozialwissenschaft vor dem Problem des Kulturvergleichs, Göttingen 1992, 75-99.

[10] Patel: Nach der Nationalfixiertheit (wie Anm. 5), hier: 12.

[11] Arno Strohmeyer: Kulturtransfer durch Diplomatie. Die Kaiserlichen Botschaften in Spanien im Zeitalter Philipps II. und das Werden der Habsburger Monarchie 1560-1598, in: Wolfgang Schmale (Hg.): Kulturtransfer. Kulturelle Praxis im 16. Jahrhundert, Wien 2003, 205-230; Cornel Zwierlein: Discorso und lex Dei. Die Entstehung neuer Denkrahmen im 16. Jahrhundert und die Wahrnehmung der französischen Religionskriege in Deutschland, Göttingen 2006.

[12] Jürgen Osterhammel: Internationale Geschichte, Globalisierung und die Pluralität der Kulturen, in: ders. / Wilfried Loth (Hg.): Internationale Geschichte. Themen, Ergebnisse Aussichten, München 2000, 387-408.

[13] Symptomatisch für diesen Trend sind folgende Sammelbände: Jürgen Osterhammel / Wilfried Loth (Hg.): Internationale Geschichte. Themen, Ergebnisse, Aussichten, München 2000; Eckart Conze / Ulrich Lappenküper / Guido Müller (Hg.): Geschichte der internationalen Beziehungen. Erneuerung und Erweiterung einer historischen Disziplin, Köln 2004.

[14] Besonders interessant ist die konstruktivistische Auseinandersetzung von Cornel Zwierlein mit den Ansätzen von Heinz Schilling und Johannes Burkhardt auf dem Feld der internationalen Politik. Vgl. Zwierlein: Discorso und lex Dei (wie Anm. 11).

[15] Lehmkuhl: Diplomatiegeschichte als internationale Kulturgeschichte (wie Anm. 6), hier: 398-404; Jessica Gienow-Hecht: On the diversity of knowledge and the community of thought. Culture and international history, in: dies. / Frank Schuhmacher (Hg.): Culture and International History, New-York 2003, 3-26.

[16] Johannes Paulmann: Pomp und Politik. Monarchenbegegnungen zwischen Ancien Régime und Erstem Weltkrieg, Paderborn u.a. 2000.

[17] Lehmkuhl: Diplomatiegeschichte als internationale Kulturgeschichte (wie Anm. 6), hier: 408-423; Mergel: Überlegungen zu einer Kulturgeschichte der Politik (wie Anm. 7), hier: 593-600.

[18] Conze: Abschied von Staat und Politik? (wie Anm. 7), hier: 25-41.

[19] Zwei Beispiele unter vielen anderen: Manfred Alexander: Der deutsch-tschechoslowakische Schiedsvertrag von 1925 im Rahmen der Locarno-Verträge, München 1970; Paul Ullmann: Eine schwierige Nachbarschaft. Die Geschichte der diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und der Tschechoslowakei von 1945-1968, Wien 2006.

[20] Stefan Troebst: Region und Epoche statt Raum und Zeit – "Ostmitteleuropa" als prototypische geschichtsregionale Konzeption, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/forum/2006-05-00 ; Manfred Hildermeier: Wo liegt Osteuropa und wie gehen wir mit ihm um?, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/forum/2006-05-002.

[21] Diese beiden Tagungen resümierten die wichtigsten Forschungsrichtungen der Osteuropäischen Geschichte ohne die Geschichte der internationalen Politik zu erwähnen. Siehe zur ersten Tagung den Tagungsbericht von Hans-Heinrich Nolte: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=1069.

[22] Klaus Zernack: Preußen – Deutschland – Polen. Aufsätze zur Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen, herausgegeben von W. Fischer und M. G. Müller, Berlin 1991.

[23] Ebd., 145-149.

[24] Martin Schulze Wessel: Russlands Blick auf Preußen. Die polnische Frage in der Diplomatie und der politischen Öffentlichkeit des Zarenreiches und des Sowjetstaates 1697-1947, Stuttgart 1995.

[25] Hans Henning Hahn: Polen im Horizont preußischer und deutscher Politik im neunzehnten Jahrhundert, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 35 (1986), 1-19, hier: 4.

[26] Schulze Wessel: Russlands Blick auf Preußen (wie Anm. 24), hier: 381.

[27] Philipp Ther: Beyond the Nation: The Relational Basis of Comparative History of Germany and Europe, in: Central European History 36 (2003), 45-73, hier: 68. Die anregende Monographie von Peter Collmer, die 2004 unter dem Titel "Die Schweiz und das Russische Reich 1848-1919. Geschichte einer europäischen Verflechtung" erschien (Zürich 2004), geht trotz des Untertitels weniger auf die Verflechtung zwischen beiden Staaten ein, als dass sie die Einbettung der gegenseitigen Beziehungen in einem breiteren europäischen Kontext zeigt.

[28] John Le Donne: The Grand Strategy of the Russian Empire 1650-1831, Oxford 2004, hier: 6.

[29] Collmer: Die Schweiz und das Russische Reich (wie Anm. 27).

[30] Vgl. u. a. die Forschungen von Hans Lemberg, Larry Wolff und Marija Todorova. Für einen Überblick: Benjamin Schenk: Mental Maps. Die Konstruktion von geographischen Räumen in Europa seit der Aufklärung. Literaturbericht, in: Geschichte und Gesellschaft 28 (2002), 493-514.

[31] Paul Schroeder: The Transformation of European Politics 1763-1848, Oxford 1994, hier: VII.

[32] G. de Bertier de Sauvigny: Sainte Alliance et Alliance dans les conceptions de Metternich, in: Revue Historique 223 (1960), 249-274; Hildegard Schaeder: Autokratie und Heilige Allianz, Darmstadt 1963.

[33] Andrei Zorin: "Star of the East": The Holy Alliance and European Mysticism, in: Kritika 2 (2003) 4, 313-342, hier: 314. Ein anderes Beispiel der Erforschung von Kulturtransfers in der osteuropäischen Geschichte liefert: Frank Sysyn: History, Culture and Nation. An Examination of seventeenth-century Ukrainian History Writing, Cambridge (Mass.) 1988.

[34] Wolfram Pyta: Idee und Wirklichkeit der "Heiligen Allianz" ‚ in: Franz-Lothar Kroll (Hg.): Neue Wege der Ideengeschichte. Festschrift für Kurt Kluxen zum 85. Geburtstag, Paderborn u.a. 1996, 315-346.

[35] Martin Schulze Wessel / Jörg Requate: Europäische Öffentlichkeit. Realität und Imagination einer appellativen Instanz, in: dies. (Hg.): Europäische Öffentlichkeit. Transnationale Kommunikation seit dem 18. Jahrhundert, Frankfurt / New York 2002, 11-39.

[36] Christoph Kleßmann: 1953 – Krisenjahr des Kalten Krieges in Europa, Köln 1999; Richard C. Raack: Stalin's Drive to the West 1938-1945. The Origins of the Cold War, Stanford 1995; Karen A. Feste: Expanding the Frontiers. Superpower Intervention in the Cold War, New York 1992; Lawrence Aronsen / Martin Kitchen (Hg.): The Origins of the Cold War in Comparative Perspective. American, British and Canadian Relations with the Soviet Union 1941-48, Basingstoke 1988.

[37] Conze: Abschied von Staat und Politik? (wie Anm. 7).

Empfohlene Zitierweise:

Damien Tricoire : Von der anderen Staatlichkeit: Geschichte der internationalen Politik und Osteuropäische Geschichte , in: zeitenblicke 6 (2007), Nr. 2, [24.12.2007], URL: https://www.zeitenblicke.de/2007/2/tricoire/index_html, URN: urn:nbn:de:0009-9-12373

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