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Abstracts

Stefan Haas: Vom Schreiben in Bildern. Visualität, Narrativität und digitale Medien in den historischen Wissenschaften, in: zeitenblicke 5 (2006), Nr. 3.

Geistes- und Kulturwissenschaften gemeinsam ist ein Selbstbeschreibungssystem, das den fachlichen Fortschritt mittels "Turns" beschreibt. Diese Turns haben nicht nur Auswirkungen auf die Gegenstandskonstitution der Wissenschaften, sondern auch auf Methoden, theoretische Modelle, gesellschaftliches Selbstverständnis und Kommunikationsformen der beteiligten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. Entlang des Visual Turns wird im Folgenden diskutiert, welche Änderungen dies für die Sprache hat, in der Geistes- und Kulturwissenschaften Erkenntnis formulieren und vermitteln. Es wird zu zeigen versucht, dass die Überlegungen und Anstrengungen zur Integration digitaler Bild- und Hypertextmedien nicht nur soziokulturellen Wandlungen der Lebenswelt geschuldet sind, sondern sich als Notwendigkeit aus theoretischen und methodologischen Entwicklungen der Wissenschaften selbst ergeben.

 

Martina Heßler: Von der doppelten Unsichtbarkeit digitaler Bilder, in: zeitenblicke 5 (2006), Nr. 3.

Digitale Bilder zeichnen sich, so der Tenor der medien- und kulturwissenschaftlichen Debatte, durch Immaterialität, Prozesshaftigkeit und den Verlust einer Referenz in der "Wirklichkeit" aus. Sie gelten als Bilder, die auf Algorithmen beruhen, als Bilder "(r)einer Theorie" (Wolfgang Ernst). Der Beitrag geht der Frage nach, inwieweit digitale Wissenschaftsbilder tatsächlich Bilder ohne Referenz sind. Zwar ist ihr Status zweifellos ein besonderer, insofern sie in den Naturwissenschaften häufig auf einer doppelten Unsichtbarkeit beruhen, nämlich der Unsichtbarkeit der gezeigten naturwissenschaftlichen Phänomene sowie der Unsichtbarkeit der Algorithmen. Jedoch wird entgegen einer pauschalisierenden Rede vom Referenzverlust argumentiert, dass digitale Wissenschaftsbilder weder eindeutig indexikalisch noch reine Fiktionen sind. Sie sind vielmehr das, was Latour als "Faktische" bezeichnete: Hybride aus Fakt und Fetisch. Ihr genauer epistemischer Status kann daher nur im Einzelfall entschieden werden.

 

Jakob Krameritsch: Herausforderung Hypertext. Heilserwartungen und Potenziale eines Mediums, in: zeitenblicke 5 (2006), Nr. 3.

Am Feld der diskursiven Inszenierung wurde Hypertext vor allem in den 1990er-Jahren eine große Zukunft für die Geistes- und Kulturwissenschaften voraus gesagt, zumal neue Möglichkeitsbedingungen für die Produktion und Rezeption von (Theorie-)Erzählungen in Griffweite schienen. In der heutigen Praxis der HistorikerInnen hat Hypertext jedoch wenig Fuß gefasst: Mythos und Wunschmaschine Hypertext, die geruhsam ad acta gelegt werden kann? Oder sind auf Erfahrung fußende Potenziale identifizierbar, die zu (nochmaligen) Experimenten aufrufen? Hypertext revisited.

 

Ulrich Riehm: Elektronisches Publizieren revisited! Anmerkungen zur Verbreitung elektronischer Publikationen, zur Konkurrenz gedruckter und elektronischer Medien sowie zu den strukturellen Veränderungen im Publikationswesen, in: zeitenblicke 5 (2006), Nr. 3.

Der folgende Beitrag nimmt einen Zeitraum von rund 20 Jahren der Geschichte des Elektronischen Publizierens in den Blick. Er beschäftigt sich zunächst mit der Frage, wie verbreitet elektronische Publikationen heute sind und stellt fest, dass zwar die gedruckten Publikationen noch deutlich dominieren, aber je nach betrachtetem Publikationssegment elektronische deutlich aufholen, teilweise bereits die gedruckten überflügelt haben. Das wirft die Frage nach der Konkurrenz der unterschiedlichen Publikationsformen auf. Diese wird untersucht anhand dreier Fallbeispiele aus dem Bereich der Nachschlagewerke. Die These von der Koexistenz alter und neuer Medien findet hierbei keine Unterstützung. Schließlich wird, ausgehend von Thesen einer Studie zu den Wirkungen des Elektronischen Publizierens auf das Fachkommunikationswesens aus den späten 1980er Jahren, nach den strukturellen Veränderungen in der Rolle von Autoren und Verlagen gefragt.

 

Stefanie Samida: Prähistorische Archäologie: Von der 'Wissenschaft des Spatens' zur historischen Cyberwissenschaft?, in: zeitenblicke 5 (2006), Nr. 3.

Am Beispiel der Prähistorischen Archäologie – eines genuin geistes- bzw. kulturwissenschaftlichen Faches – soll das Verhältnis von Wissenschaft und Neuen Medien thematisiert werden. Als theoretische Bezugsebene dient dabei das bisher vor allem in der Soziologie erörterte Konzept 'Cyberscience'. Darunter versteht man die zunehmende Verlagerung in der Wissenschaftskommunikation, Wissensproduktion und Wissensdistribution in den Bereich der Neuen Medien; sämtliche akademische Aktivitäten werden zukünftig mit Hilfe des Computers und der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien ausgeführt. Der vorliegende Beitrag möchte zeigen, wie sich der Wandel von der traditionellen Wissenschaft zur Cyberwissenschaft in der Prähistorischen Archäologie vollzieht.

 

Michael Schetsche: Die digitale Wissensrevolution – Netzwerkmedien, kultureller Wandel und die neue soziale Wirklichkeit, in: zeitenblicke 5 (2006), Nr. 3.

Ausgangspunkt des Vortrags ist die aktuell zu beobachtende digitale Wissensrevolution. Es werden sechs exemplarische Beispiele des von der Netzwerktechnologie ausgelösten sozialen und kulturellen Wandels diskutiert: (1) die neue Ordnung des Wissens, (2) die soziale Steuerung durch technische Normen, (3) die automatische Archiv-Funktion des Netzes, (4) die Ergänzung der Tausch- durch die Geschenkökonomie, (5) die Aufhebung der Leitdifferenz zwischen 'öffentlich' und 'privat' sowie (6) die Dialektik von Möglichkeit und Zwang permanenter Kommunikation. Gemeinsam ist ihnen eine sozialethische Ambivalenz, die zwar bereits im technokulturellen Wandel angelegt ist, ihre besondere lebensweltliche Brisanz aber erst durch die Unfähigkeit traditioneller normprozessierender Instanzen zur Anpassung an die neue soziale Wirklichkeit erhält.

 

Irmela Schneider: Konzepte von Autorschaft im Übergang von der 'Gutenberg-' zur 'Turing'-Galaxis, in: zeitenblicke 5 (2006), Nr. 3.

Das Paper skizziert die Formierung und Krise des Konzepts von Autorschaft in der Gutenberg-Galaxis. Die Krise wird mit Foucault in Relation gesetzt zur Krise des modernen Subjekt-Begriffs. Einen wichtigen und nachhaltigen Stabilisator des Autor-Konzepts bildet das Urheberrecht, das in Lockes Begriff des Individuums fundiert ist. Das Urheberrecht definiert demnach das Werk des Autors nicht nur als seine Schöpfung, sondern auch als sein Eigentum, das Identität stiftet und seine soziale Position definiert. Die Krise des Autors setzt spätestens im 19. Jahrhundert ein, gewinnt aber eine neue Dimension mit dem Übergang von der Gutenberg- zur Turing-Galaxis, als das Urheberrecht als Stabilisator des Autor-Konzepts angesichts intertextueller, intermedialer und interaktiver Entwicklungen zunehmend versagt. Im zweiten Teil des Papers werden einige Problemanzeigen formuliert, die nicht nur den Autor literarischer Texte, sondern auch den Autor wissenschaftlicher und publizistischer Texte betreffen. Im Zentrum stehen hier Überlegungen zu Veränderungen des "Reputationscodes" (Luhmann), die sich am Beginn des 21. Jahrhunderts abzeichnen.

 

Thomas Stöber: Der Wandel in der wissenschaftlichen Informationsvermittlung: das Beispiel Google Book Search, in: zeitenblicke 5 (2006), Nr. 3.

Das Aufkommen der digitalen Medien hat zu erheblichen Verschiebungen im etablierten System der wissenschaftlichen Informationsvermittlung geführt: neue Informationsdienstleistungen wie Google Book Search treten in Konkurrenz zu den Angeboten der traditionellen Akteure, der Wissenschaftsverlage und Bibliotheken. Trotz des Anspruchs und des Umfangs dieses Massendigitalisierungsprojekts steht dabei auch Google Book Search nicht für eine "digitale Universalbibliothek", sondern als paradigmatisches Beispiel für die zunehmende Ausdifferenzierung und Partialisierung der Informationslandschaft. Vor dem Hintergrund dieser wachsenden Heterogenität der wissenschaftlichen Informationsvermittlung haben auch die Bibliotheken ihre Rolle neu definiert.

 

Jakob Voß: Was Wikipedia und die Wissenschaft voneinander lernen können, in: zeitenblicke 5 (2006), Nr. 3.

Dieser Beitrag geht darauf ein, in wie weit die Arbeit in der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia als wissenschaftlich bezeichnet werden kann und zeigt auf, was Wikipedia und Wissenschaft voneinander lernen können.

Erstellt von: RedaktionZB
Zuletzt verändert: 2006-12-09 08:54 AM